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Gerüstbau, Teil 6

Werkzeuge & Maschinen
Gerüstbau, Teil 6

Bei der Gerüstmontage steht neben einer sachgemäßen Errichtung des Gerüsts vor allem die Sicherung gegen Absturz im Fokus.

Die gesetzlichen EU-Richtlinien zur Verbesserung der Arbeitssicherheitsind Auslöser für zahlreiche Verordnungen in den europäischen Mitgliedstaaten. Auch die 2002 in Kraft getretene Betriebssicherheitsverordnung und der gerüstspezifische Teil 1 der Technischen Regel 2121 für Betriebssicherheit konkretisieren auf nationaler Ebene das Europäische Arbeitsschutzgesetz. Nach diesem ist „Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.” Nach der allgemein anerkannten Betrachtungsweise von Risiken sind Absturzgefahren dabei an ihrer Ursache zu bekämpfen.

Einerseits sorgen diese Gesetze für mehr Rechtssicherheit, bedeuten für den Gerüstersteller aber auch ein höheres Maß an Verantwortung. Werden für die jeweiligen Montagesituationen oder Tätigkeiten auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung Schutzmaßnahmen erforderlich, so kommen für den Aufbau von Arbeits- und Schutzgerüsten technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen infrage. Mögliche technische Maßnahmen zur Gefahrenabwehr können beispielsweise eine Absturzsicherung oder die Verwendung einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) sein. Hier gilt der Grundsatz: kollektiver Gefahrenschutz hat Vorrang vor dem individuellen Gefahrenschutz.

Welche Maßnahme letztendlich gewählt wird, entscheidet und verantwortet der Gerüstersteller beziehungsweise die von ihm befähigte Person. Hierbei sind in einer Risikobeurteilung die geeigneten Maßnahmen unter Berücksichtigung der Umstände zu wählen. Dazu zählen nach TRBS 1111 Betriebserfahrung und eigene Einschätzung, Betriebsanleitungen, Vorschriften und Regelwerke der Unfallversicherungsträger, Expertenmeinungen, Messergebnisse oder auch Ergonomie.

Absturzsicherung

Die Absturzsicherung ist grundsätzlich als Seitenschutz nach DIN EN 12811–1:2004–03 oder als Schutzwand nach DIN 4420–1:2004–03 auszuführen. Eine Absturzsicherung durch Seitenschutz oder Schutzwand ist dann nicht erforderlich, wenn die Arbeits- und Zugangsbereiche höchstens 30 Zentimeter von anderen tragfähigen und ausreichend großen Flächen entfernt liegen. Für die Montage von längenorientierten Arbeits- und Schutzgerüsten ist als Absturzsicherung in der jeweils obersten Gerüstlage ein Geländerholm nach Abschnitt 5.5.2 der DIN EN 12811–1 oder ein temporäres Montage-Sicherungs-Geländer (MSG) zu montieren.

Für den individuellen Gefahrenschutz sind spezielle Auffanggurte erhältlich.


Individueller Gefahrenschutz

Beim individuellen Gefahrenschutz sind Beschäftigte mit persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) zu sichern. Die Standardausführung besteht aus einem Auffanggurt nach EN 361 und einem flexiblen Verbindungsmittel mit integriertem Bandfalldämpfer und Rohrhaken. Alle Einzelkomponenten der Schutzausrüstung müssen EG-Bau- muster geprüft sein und die CE-Kennzeichnung tragen. Mindestens alle zwölf Monate ist die PSAgA von einer sachkundigen Person oder vom Hersteller zu überprüfen.

Geeignete Anschlagpunkte für die PSAgA sind den jeweiligen Aufbau- und Verwendungsanleitungen zu entnehmen. Anschlagpunkte werden durch gerüstspezifische Fallversuche ermittelt und gelten nur für dieses Gerüstsystem. Die Verwendung der PSAgA setzt eine besondere Gefährdungsbeurteilung voraus und bedingt eine gesonderte Unterweisung der Beschäftigten in der Benutzung der PSAgA, welche auch die Durchführung der erforderlichen Rettungsmaßnahmen beinhaltet. Bei der Nutzung müssen ebenso die Aufbau- und Verwendungsanleitungen der PSA-Hersteller beachtet werden, insbesondere bei der Verwendung von Auffanggurten mit Gurtbandverlängerung.

Auf die Verwendung von PSAgA oder MSG darf im Einzelfall verzichtet werden, wenn aufgrund der baulichen und gerüstspezifischen Gegebenheiten oder des vorgesehenen Arbeitsablaufes MSG und PSAgA keinen ausreichenden Schutz bieten beziehungsweise nicht eingesetzt werden können. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Arbeiten von fachlich qualifizierten und körperlich geeigneten Personen ausgeführt werden, der Arbeitgeber für diesen Fall eine besondere Unterweisung durchgeführt hat und die Absturzkante für die Personen deutlich erkennbar ist. Egal welche Schutzmaßnahme zum Einsatz kommt, sollten die regelmäßige Sicherheitsunterweisung der Mitarbeiter, das Anfertigen schriftlicher Gefahrenbeurteilungen und die Festlegung von daraus abgeleiteten Maßnahmen in jedem Betrieb zum täglichen Routineablauf gehören.

Das Montage-Sicherungsgeländer sorgt für erhöhte Sicherheit auf der obersten Gerüstlage.

Nutzung von Gerüsten

Nicht nur bei der Montage, auch bei der Nutzung von Gerüsten liegt der Fokus auf dem Punkt „Arbeits- und Betriebssicherheit”. Neben unbeschädigten Bauteilen sind dabei die Punkte Aufstiege, Beläge, Seitenschutz und Wandabstand zu beachten. Arbeitsplätze auf Gerüsten dürfen nur über sichere Zugänge betreten werden. Im Allgemeinen kommen heute integrierte Leiternaufstiege oder vorgesetzte Podesttreppen zum Einsatz.

Die Entscheidung, ob ein Treppenturm bereitzustellen ist, obliegt dem Bauherrn beziehungsweise dem Auftraggeber. In der TRBS 2121 Teil 1 als Konkretisierung der Betriebssicherheitsverordnung wird zur Vermeidung der Absturzgefahr Hilfestellung bezüglich Zugängen zu Arbeitsplätzen auf Gerüsten gegeben. Gerade bei umfangreichen Arbeiten oder bei Transport großer Materialmengen über den Zugang und einer Aufstiegshöhe im Gerüst von mehr als zehn Metern empfiehlt die TRBS als Aufstieg Treppen, Transportbühnen oder Aufzüge anstelle von Leitern. Hierbei handelt es sich laut der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) um eine Leistung, die separat auszuschreiben und abzurechnen ist.

Für sicheres Arbeiten ist es des Weiteren wichtig, dass jede benutzte Gerüstlage voll ausgelegt ist. Die Belagsteile sind so dicht aneinander zu verlegen, dass sie weder wippen noch ausweichen können, gerade bei Konsollagen, der obersten Lage oder im Eckbereich. Die DIN EN 12811 schreibt außerdem in jeder begehbaren Lage einen Seitenschutz vor. Der Seitenschutz wird dreiteilig – bestehend aus einem Geländerholm in einem Meter Höhe, einem Zwischenholm in 50 Zentimeter Höhe und einem 15 Zentimeter hohen Bordbrett – ausgebildet. In Abhängigkeit vom Abstand des Gerüstbodens von der Gebäudewand kann außerdem ein Seitenschutz an der Innenseite des Gerüstes erforderlich sein. Die DIN 4420 fordert seit jeher einen maximalen Wandabstand von 30 Zentimeter. Mit Einführung der Betriebssicherheitsverordnung wurde über die TRBS 2121-1 ebenfalls ein Wandabstand von 30 Zentimeter für Gerüste festgehalten.

Franz-Martin Dölker Schulungsleiter Wilhelm Layher
Fotos: Layher
Quelle: Malerblatt 1/2014
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