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Mineralische Dämmsysteme

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Mineralische Dämmsysteme

Mineralische Dämmsysteme gelten als nicht brennbar, weniger algenanfällig, mechanisch belastbarer und besonders nachhaltig.

Die negativen Medienberichte der letzten Monate über Polystyrol-Fassadendämmungen haben bei vielen Hausbesitzern zu einem Umdenken geführt. Mineralische Dämmsysteme genießen derzeit eine hohe Aufmerksamkeit, gelten sie doch als nicht brennbar, weniger anfällig für Algenbefall, mechanisch belastbarer und besonders nachhaltig. Aktuell bestehen rund 80 Prozent der Wärmedämm-Verbundsysteme aus Polystyrol. Ob, beziehungsweise welche Auswirkungen die negativen Berichterstattungen der letzten Monate in diversen Zeitungen und Fernsehsendern auf diese Zahl haben werden, ist noch nicht abschätzbar. Polystyrol- Dämmungen wurden dort als „Brandfallen“ oder gar als „Brandbeschleuniger“ sowie als ein Müllproblem der Zukunft dargestellt. Dass das Interesse der Bauherren an Alternativen zu einer Polystyrol-Dämmung durch diese Berichterstattung gestiegen ist, gilt jedoch als sicher. „Wir haben aufgrund der Medienberichte der jüngeren Vergangenheit, die WDVS in ein negatives Licht zu rücken versuchten, eine erhöhte Nachfrage nach voll mineralischen und nicht brennbaren Systemen beobachtet,“ bestätigt Matthias Hofmann, Vertriebsleiter bei Ytong Multipor. Egal, ob man als Maler die Meinung der Medien über Polystyrol- Dämmstoffe teilt oder nicht, die Bedenken seiner Kunden sollte man in jedem Fall ernst nehmen. Und das bedeutet auch, dass man dem Kunden Alternativ- Systeme anbieten kann.

18 Familien haben sich in Karlsruhe zusammengeschlossen und als Baugruppe ein Mehrfamilienhaus im Passivhaus-Standard gebaut.


Nicht brennbar

Ein voll mineralisches Wärmedämm-Verbundsystem, das aus formstabilen silikatischen Dämmplatten, einem mineralischen Klebe- und Armierungsmörtel sowie einem mineralischen Oberputz besteht, trägt mit seinen nicht brennbaren Komponenten zum vorbeugenden Brandschutz bei. Giftige Dämpfe oder Rauch entstehen selbst bei höchsten Temperaturen nicht, versichert Xella Deutschland, der Hersteller des mineralischen WDVS Ytong Multipor. Herbert Rupitsch vom Ingenieurbüro HABO in Rosenheim, der sich mit seinem Büro auf baubiologische Beratungen spezialisiert hat, betont: „Mineralische Dämmplatten gehören zur höchsten Brandschutzklasse A 1 und brennen nicht.“ Das war für ihn auch eines von vielen Argumenten, im Zuge der Modernisierung der Klosteranlage St. Gabriel der Schwestern vom Guten Hirten in München-Solln ein voll mineralisches WDVS anzubringen. Dort finden heute vor allem junge Mädchen und Frauen, die durch eine Schwangerschaft in eine soziale Notsituation geraten sind, Hilfe und Unterstützung. Doch auch die Nachhaltigkeit des WDV-Systems trug zu seinem Einsatz im Kloster bei. „Im Hinblick auf die vielen jungen Mädchen und Frauen und die hohe Anzahl von Kindern war den Ordensschwestern der Einsatz eines ökologischen Baustoffs besonders wichtig“, begründet Rupitsch die Dämmstoffwahl.

Die Bauherren des Mehrfamilienhauses „Vielfalt“ in Karlsruhe entschieden sich für ein voll mineralisches WDVS aus 30 Zentimeter dicken Mineraldämmplatten.


Nachhaltig

Auch Manfred Krines, Geschäftsführer der Krines GmbH, die sich auf die Beratung, Begleitung und Realisierung nachhaltiger Bau- und Siedlungskonzepte spezialisiert hat, schätzt die Nachhaltigkeit des voll mineralischen Dämmsystems. Er wurde mit der Bauleitung von einem Teil des Karlsruher Projekts „Mehrgenerationen- Wohnen Quartier am Albgrün“ beauftragt. Mit dieser Siedlung, in der verschiedene Generationen zusammenleben, sollen der Anonymität herkömmlicher Wohnblocks entgegengetreten und dorfähnliche Strukturen gefördert werden. Das von ihm betreute Gebäude der Baugemeinschaft „Vielfalt“ besteht aus einem 17,5 Zentimeter dicken Kalksandstein- Mauerwerk, das eine 30 Zentimeter dicke voll mineralische Dämmung erhielt. „Die Bauherren wollten eine Dämmung, die erdölfrei und auf rein mineralischer Basis hergestellt wird. Also mit Produkten aus Rohstoffen, die in der Natur in großer Menge vorkommen“, erklärt Manfred Krines und betont: „Wir müssen an die Zukunft denken und nachhaltig planen und bauen.“ Krines verweist im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit des voll mineralischen Dämmsystems auf seine lange Haltbarkeit und die hohe Witterungsbeständigkeit. Und sollte das WDVS tatsächlich eines Tages ausgedient haben, ist es vollständig recycelbar.

Um anfallenden Windsogbelastungen optimal standhalten zu können, werden die Dämmplatten geklebt und zusätzlich gedübelt.


Biozidfrei

Ein in den letzten Monaten von den Medien ebenfalls immer wieder in negativen Schlagzeilen aufgegriffenes Problem von Wärmedämm-Verbundsystemen ist das erhöhte Algenrisiko. Auch die Bauherren der Baugemeinschaft „Vielfalt“ aus Karlsruhe hatten Bedenken, wie Manfred Krines berichtet: „Die Bauherren hatten aktuelle Fernseh- und Medienberichte in Erinnerung und stellten natürlich viele Fragen zur Veralgung.“ Natürlich seien wärmegedämmte Bauteile einem erhöhten Algenrisiko ausgesetzt, räumt Krines ein. Da wenig Wärme nach außen dringt, kühlt die Fassadenoberfläche stärker ab und es kommt zur Tauwasserbildung. Die Feuchtebelastung wird dadurch intensiver und länger. Eine Situation, die Algen zu schätzen wissen. Manfred Krines sieht voll mineralische Dämmsysteme, genau wie Herbert Rupitsch, gegenüber kunststoffgebundenen WDVS auch hier klar im Vorteil. „Sie verfügen über einen optimalen Feuchtehaushalt und trocknen nach Feuchtebelastung schnell wieder ab. Daher sind sie am ehesten geeignet, den Algenbewuchs zu verhindern.“ Im Gegensatz zu häufig stark wasserabweisend eingestellten WDVS auf Polystyrolbasis in Verbindung mit Kunstharzputzen und Dispersionsfarben sind voll mineralische Systeme saugfähig. Die Feuchtigkeit aus Schlagregen und Tauwasser wird von dem kapillaraktiven Oberputz aufgesaugt und dort bis zur nächsten regen und taufreien Periode gepuffert. Auf der Oberfläche steht dadurch kein Wasser zur Verfügung, auf dem sich Mikroorganismen ansiedeln könnten. Auf Biozide verzichten die Hersteller voll mineralischer WDVS daher komplett. „Neue Untersuchungen zeigen, dass diese Problemstoffe ausgewaschen werden und über das abfließende Regenwasser in das Grundwasser gelangen können“, gibt Bauingenieur Krines, der auch für Umweltverbände die ökologischen Qualitäten von Bauprodukten prüft, im Zusammenhang mit Bioziden zu bedenken. Die reduzierte Wasseraufnahmefähigkeit des Armierungsmörtels bewirkt gleichzeitig, dass die im Oberputz gepufferte Feuchtigkeit nicht in die Dämmschicht eindringen kann.

An den Gebäudeecken werden die Dämmplatten verzahnt verklebt.


Einfach zu verarbeiten

Die formstabilen Mineraldämmplatten aus Kalk, Sand und Zement sind mit einem Format von 600 x 390 Millimetern handlich und dank ihres geringen Gewichts einfach zu verarbeiten. Reinhard Bose, Bauleiter bei der Firma Gebrüder Ademaj, die die Dämmarbeiten am Kloster St. Gabriel ausführte, fasst zusammen: „Der Dämmstoff ist für uns so angenehm zu verarbeiten, weil er leicht und gut zu schneiden ist. Das alles macht das Handling sehr angenehm.“ Verklebt werden die Platten mit einem speziellen Leichtmörtel. Dieser wird vollflächig mit der Zahntraufel auf die Plattenrückseite aufgetragen. Die Steghöhe, also die Dicke des aufgetragenen Mörtels, beträgt etwa sieben bis acht Millimeter. Kleinere Unebenheiten im Mauerwerk (bis zu fünf Millimetern) können folglich ausgeglichen werden.

Passstücke lassen sich aus den formstabilen silikatischen Dämmplatten relativ einfach exakt zuschneiden.

Die Platten selbst werden fugendicht knirsch aneinander gestoßen und im Verband mit einem Überbindemaß von mindestens 15 Zentimetern verklebt. An den Gebäudeecken werden die Platten verzahnt geklebt. Leichte Höhenversätze der Platten nach der Verklebung können mit einem Schleifbrett egalisiert werden. Passstücke lassen sich relativ einfach exakt zuschneiden. Diese Eigenschaft der Dämmplatten lernte Stefan Meistrowitz, Geschäftsführer der PST GmbH, bei der Dämmung des Hauses „Vielfalt“ in Karlsruhe besonders zu schätzen: „Die leichte Bearbeitbarkeit war hier wegen der vielen Anschlüsse und Details von besonderem Vorteil.“ Um anfallenden Windsogbelastungen standhalten zu können, werden die Dämmplatten zusätzlich zum Verkleben mit Tellerdübeln verdübelt. Dann folgen die Armierung sowie ein mineralischer Oberputz und abschließend ein mineralischer Außenanstrich im gewünschten Farbton. In Karlsruhe beispielsweise entschied man sich für einen kunterbunten Außenanstrich. Dieser greift in seiner bunten Vielfalt den Namen des Mehrgenerationenhauses optisch auf.

Durch den Einsatz eines 16 Zentimeter dicken voll mineralischen WDVS konnte an den Gebäuden des Klosters St. Gabriel in München-Solln der förderungsfähige Neubaustandard realisiert werden. Fotos: Xella Deutschland

Rita Jacobs, Susanne Sachsenmaier-Wahl
Quelle: Malerblatt 06/2013
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