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Warum dämmen?

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Warum dämmen?

Dämmen macht Sinn, keine Frage. Fraglich ist dagegen, ob immer das am besten geeignete Dämmsystem gewählt wird.

Die Deutschen, das Volk der Dichter und Dämmer. Manche Bezeichnungen kommen nicht von ungefähr und so passt auch diese Beschreibung zu uns Deutschen wie manch anderes Vorurteil. Das Spannende an diesem Thema ist im Moment jedoch nicht so sehr die Tatsache, dass wir als Volk sehr eifrig dabei sind, unseren Hausbestand nach und nach für die Energiewende und damit für die Energieeinsparung fit zu machen. Das Spannende ist vielmehr, dass sich im Moment zwei Lager zu bilden scheinen. Die einen wollen alles dämmen, was nicht schon gedämmtist und die anderen machen sich Sorgen um das Aussehen und die Qualitäten von Fassaden und Straßenzügen. Denn immer mehr Gebäude verlieren ihre gestalterische Qualität oder die Besitzer müssen zumindest eine Verschlechterung in Kauf nehmen. Der Grund ist, dass immer dickere Dämmschichten das Erscheinungsbild verändern. Da werden Fensteröffnungen zu tiefen Fassadeneinschnitten und sehen mehr aus wie Schießscharten denn wie Lichtöffnungen. Da werden Dachüberstände nicht berücksichtigt und ein Gebäude verliert so eine gewisse Harmonie und Proportionalität. Und da nimmt man Wohnhäusern ihren Sockel, der das Haus strukturiert hat und ihm ein in sich passendes Ganzes verlieh. Doch das muss nicht sein.

Mit der Gießkanne

Viel zu häufig wird nämlich – und das ist einer der Gründe für den Frust am Dichten und Dämmen – einfach mit der Gießkanne gearbeitet. Man löst das Problem zu hoher Wärmeverluste mit dem Einsatz eines handelsübli-chen Wärmedämm-Verbundsystems (WDVS) und sieht darin die einzig richtige Lösung. Natürlich ist es wichtig, vor allem aufgrund des hohen Anteils der Heizenergie am Gesamtenergie- bedarf, dass wir etwas ändern. Doch neben einem klassischen WDVS gibt es andere Lösungen und auch nicht jedes WDVS ist gleich wie das andere. Es gibt gute und weniger gute, effiziente und verschwenderische Dämmsysteme von Herstellern.

Als Alternative können beispielsweise die nach wie vor als kritisch betrachteten VIP zur Verfügung stehen. Die Vakuumisolationspaneele (VIP) sind dünne Platten, die eine fünf bis zehn Mal höhere Dämmwirkung als herkömmliche Dämmplatten der selben Stärke haben. Dadurch können sehr gute Wärmedämmeigenschaften mit wesentlich geringeren Dicken erreicht werden. 0,007 W/mK Wärmeleitfähigkeit bei wenigen Zentimetern Dicke sind keine Seltenheit. Einziger Nachteil: Die VIP sind in der Ver- und Bearbeitung sehr empfindlich, da sie nicht einfach zugeschnitten werden können und auch ihre hervorragenden Eigenschaften bei mechanischer Verletzung der Vakuumhülle verlieren. Da beim Verlust des Vakuums jedoch immer noch eine Wärmeleitfähigkeit von 0,018 bis 0,020 W/mK besteht, sind diese Dämmplatten eine Überlegung wert.

Als weitere Alternative, gerade dann, wenn die Fassade erhalten werden soll, stehen Innendämmungen zur Verfügung. Bei ihnen hat die Entwicklung in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gebracht und Tauwasserbildung sowie Schimmelbefall aufgrund von Wärmebrücken sind zurückgegangen. Auch die Dämmung mit einer Kerndämmung kann eine Alternative sein, vor allem, wenn man mit Sichtbeton oder einer Vorsatzmauer arbeiten möchte. Vorgebrachte Gegenargumente, die Dämmeigenschaften wären eingeschränkt gelten nicht, da aufgrund des dreifachen Aufbaus der Außenwand auch die Dämmeigenschaften des Mauermaterials zum Tragen kommen.

Individuell reagieren

Welche Lösung letztlich die richtige ist, das sollte jeder Handwerker und jeder Planer individuell abschätzen. Jedes Haus ist anders, jede Fassade, jedes Dach und jeder Keller benötigen eine gesonderte Betrachtung und eine jeweils auf die Situation abgestimmte Lösung. Dabei kann eine Antwort im einen Fall die passende Lösung sein, im anderen jedoch nicht den besten Weg darstellen. Aus diesem Grund bedarf es auch einer ausreichenden und gründlichen Analyse des Bestandes und einer darauf basierenden Einschätzung. Dieser Punkt ist davon unabhängig, ob ein Gebäude nun mit VIP, Innendämmung oder einer klassischen WDVS-Lösung gedämmtwerden soll. Besonders wichtig ist dieser Punkt jedoch, wenn man ein bereits gedämmts Gebäude für die gestiegenen Anforderungen von KfW und EnEV fit machen möchte.

Soll ein Haus mit einer vier bis sechs Zentimeter dicken, herkömmlichen Dämmschicht verbessert werden, dann gilt es zunächst, zu klären, worauf man aufbauen kann. Hierzu ist es wichtig, dass neben der Untersuchung der Oberfläche auf Schäden und Verschmutzungen auch geklärt wird, auf welches System man trifft. Das Öffnen der Fassade ist hierzu unumgänglich und erfordert ein fachmännisches Vorgehen. Es gilt abzuklären, welcher Dämmstoff verwendet wurde, wie die Klebestellen beschaffen sind und ob eine Verdübelung stattgefunden hat. Wie sieht der Untergrund und wie der Unterputz aus, kann man darauf aufbauen? Oder ist es ratsamer, statt einer Aufdopplung das alte WDVS zu entfernen und ein neues Wärmedämm-Verbundsystem aus Dämmstoff, Armierung und Schlussbeschichtung einzusetzen?

Entscheidet man sich jedoch für eine Aufdopplung eines bestehenden WDVS, dann muss auch fachmännisch und sauber gearbeitet werden. Ausreichend Klebeflächen, eine Verdübelung bis ins Trägermaterial und ein sorgsamer Umgang mit Fenster-, Tür-, Dach- oder Geländeanschlüssen sollten gegeben sein. Ganz abgesehen natürlich von der Tatsache, dass alle Komponenten und Hilfsmittel eines Wärmedämm-Verbundsystems von einem Hersteller stammen sollten, um hier Probleme zu vermeiden.

Sorgfalt als Chance

Wie es nicht geht, das sieht man immer wieder bei manchen schwarzen Schafen der Branche oder Hausbesitzern, die solch ein heikles Thema in Eigenleistung machen. Hier passieren nach wie vor große Fehler, die dann zu immensen Problemen führen. So werden etwa Dämmplatten bis an die Dachkante geführt und nach Aufbringen des Putzes steht die Fassade über das Dach über und ist vollkommen der Witterung ausgesetzt. Oder es werden Dämmplatten so verlegt, dass Fugen zwischen den Platten entstehen, die dann entweder gar nicht oder notdürftig mit Bauschaum geschlossen werden. Dass hier Wärmebrücken mit Folgen entstehen, die im schlimmsten Fall mit Schimmel im Innenraum enden, muss man nicht erwähnen. Aber auch die Verwendung von PU-Montageschaum bei der Verarbeitung, statt von speziellen WDVS-Schäumen, zählt ebenso zu den immer wieder auftauchenden Fehlern, wie die Verwendung von falschen Klebern für die jeweiligen Dämmmaterialien.

Um dies zu vermeiden, sollten Fachkräfte eingesetzt werden und jeder Betrieb mit hoher Sorgfalt arbeiten. Denn gerade der fachmännisch sorgfältige Umgang mit dem Thema Dämmen ist nicht etwa ein lästiger Bereich, sondern eine große Chance und Herausforderung für Handwerker und Planer. Ein zufriedener Kunde, der das Gefühl hatte, er wurde von einem Profi beraten, ist der beste Werbeträger. Und ein Handwerker oder Planer, der sagen kann, einen zufriedenen Kunden hinterlassen zu haben und zudem noch etwas für die Umwelt getan zu haben, kann auf sich und seine Arbeit stolz sein.

Marc Nagel
Fotos: Knauf, Maxit, Sto AG

WDVS
Auch Fassaden, von denen man es nicht vermutet, können mit einem WDVS gedämmt sein.

Sanierung
Als Abfall Sondermüll – als Untergrund Teil der Dämmung: Sanierungsbedürftige Holzwolle-Leichtbauplatten.

Design
Fassaden können bei fachmännischer Planung und Umsetzung auch ihr eigentliches Bild behalten – totz WDVS.
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