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Aufdopplung WDV-Systems

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Aufdopplung WDV-Systems

Wie kann man eine in die Jahre gekommene Wohnsiedlung für Mieter attraktiver machen? Eine Wohnsiedlung in Mülheim-Heißen.

Lebensformen und Lebensstile, aber auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahrzehnten weitreichend verändert, während die Grundstrukturen der Vor- und Nachkriegs-Siedlungen im Wesentlichen gleich geblieben sind. Hier sind Anpassungsprozesse erforderlich, die über eine normale Instandhaltung hinausgehen und die gestiegenen Qualitätsanforderungen berücksichtigen. Die Mülheimer Wohnungsbau eG entwickelte für ein Wohngebiet in Mülheim-Heißen ein Sanierungskonzept, das sowohl auf „innere“ als auch auf „äußere“ Werte setzt.

Modernisieren

Die Geschichte des Stadtquartiers Mülheim-Heißen, Fichtestraße u.a., beginnt in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit der Errichtung eines in sich geschlossenen Siedlungsbereichs. Nach dem Krieg entstanden im Umkreis des Kernbezirks verschiedene zeittypische Neubaugebiete mit zwei-, drei- und viergeschossigen, homogenen Gebäuden, umgeben von großzügigen Grünflächen.
Im Rahmen einer Fassadensanierung wurde Annette Kamieth-Flöer von FarbOffice im Jahr 2003 damit beauftragt, ein Farbkonzept für die Kernsiedlung mit 96 WE zu entwickeln. Nach der erfolgreichen Umsetzung – die mit dem Fassadenpreis 2005 der Stadt Mülheim bedacht wurde – folgte der Auftrag zur Farbgestaltung des sich anschließenden gesamten Wohngebietes mit 274 WE.
Weil Modernisierungsmaßnahmen heute in der Regel auch eine energetische Optimierung umfassen, beschloss der Bauherr im Zuge der Neugestaltung der Fassade die Aufdoppelung des bestehenden WDV-Systems zur wärmetechnischen Verbesserung der Gebäudehülle sowie die Dämmung der obersten Geschossdecke, der Kellergeschossdecke und den Einbau neuer Fenster und Türen. Das Planziel „Neue Farbe plus neue Dämmung“ wurde in zwei Bauabschnitten von 2006 bis 2008 ausgeführt.
Der Farbentwurf ist geprägt durch eher zurückhaltende Farbigkeit und sich wiederholende Gestaltungselemente, die als optische Klammer wirken.
Die Putzfassaden der Siedlungsbauten sind unterschiedlich strukturiert: flächige Gliederung durch Ablesbarkeit der Treppenhäuser, plastische Gliederung durch Loggien. Die farbige Beschichtung lässt Pseudoklinkerflächen verschwinden und betont die Vor- und Rücksprünge der Fassadenstruktur.
Neu gestaltete Brüstungsgeländer an den Loggien mit verschiedenfarbigen, horizontalen Farbstreifen beleben und individualisieren die Fassaden. „Ich habe mich bei der Farbgebung vom Farbenspiel der 60er-Jahre inspirieren lassen“, beschreibt Annette Kamieth-Flöer. „Dass die den Wohnungen zugeordneten Brüstungen farblich individuell gestaltet wurden, ist von den Mietern sehr positiv aufgenommen worden.“
Weitere Details, wie die Neugestaltung der Hauseingänge mit Einfassungen aus Naturstein und die farbliche Anpassung der Treppenhausfenster an die Türanlagen, werten den Gesamteindruck zusätzlich auf. Beim Putz- und Farbaufbau entschieden sich die Verantwortlichen aufgrund ihrer positiven Erfahrungen und der gewünschten Nachhaltigkeit der Maßnahme für eine Ausführung mit mineralischen Produkten. „Silikatfarben sind für mich, vor allem was Leuchtkraft, Haltbarkeit und Ökologie anbelangt, immer erste Wahl“, erklärt die Farbgestalterin.


Aufdoppeln

Weil der Zustand des alten WDV-Systems bis auf einige mechanische Beschädigungen in Ordnung war, entschied man sich für eine Aufdoppelung mit konventionellen Dämmplatten.
Auf die bestehende Wärmedämmung aus 50 Millimeter starken Polystyrol-Hartschaumplatten WLG 035 mit Kunstharzputz als Oberputz wurden 100 Millimeter starke Polystyrol-Hartschaumplatten WLG 040 mit Pulverkleber vollflächig verklebt und armiert. Zusätzlich zur Verklebung war eine Verdübelung mit bauaufsichtlich zugelassenen Dübeln notwendig. Zur Sicherstellung eines ausreichenden Brandschutzes musste bei der Gesamtdämmdicke von 150 Millimeter ein umlaufender Brandriegel aus Mineral- wolle-Lamelle eingebaut werden. Auf die Dämmplatten wurde ein mineralischer Oberputz aufgebracht, danach folgte ein zweifacher Anstrich mit einer Kieselsol-Silikatfarbe.
Für die Aufdoppelung des WDV-Systems musste eine Zustimmung im Einzelfall bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde, in diesem Fall das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, beantragt werden. Grundlage des Antrages war die vorhandene bauaufsichtliche Zulassung des neu aufzubringenden WDV-Systems sowie die gutachterliche Stellungnahme eines unabhängigen Ingenieurbüros.
Durch die Erhaltung und Integration der Alt-Dämmung in ein neues System wurden der Ressourcenverbrauch gesenkt, Sanierungskosten gespart und zudem die Nerven der Hausbewohner geschont, weil keine Abrissarbeiten anfielen.
Zwar kann eine Aufdoppelung die konventionell erstellten Gebäude nicht in Passivhäuser verwandeln, doch weil das Gros der Transmissionsverluste über die Fassadenfläche erfolgt, reduziert sich der Wärmebedarf durch die neue Dämmung und die ausgetauschten Fenster spürbar.
Unter Berücksichtigung steigender Energiekosten führt dies zu einer finanziellen Entlastung der Mieter und, im Zusammenspiel mit der optischen Aufwertung durch die Fassadengestaltung, zu einer deutlichen Steigerung der Wohnqualität.

Quelle: Malerblatt 06/2009


Einige Fassaden sind reinweiß beschichtet, was die dezente Farbigkeit anderer Elemente stärker wirken lässt. Die Farbabstufungen liegen im sandfarbenen Natursteinbereich.

Alle Giebelwände wurden in demselben Grauton ausgeführt, was ihnen optisch mehr Gewicht gibt und die Gebäude verbindet.

Nachhaltige Materialität: Silikatfarben, Edelstahl, Aluminiumbrüstungen und Naturstein. Fotos: Keimfarben

Die Gebäudetypen unterscheiden sich farblich leicht voneinander.

 

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