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Regulierender Putz

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Regulierender Putz

Die natürliche Sorptionsfähigkeit ausgewählter Baustoffe lässt sich nutzen, um Luftfeuchtigkeit zeitweise zu puffern.

Die natürliche Sorptionsfähigkeit ausgewählter Baustoffe, wie z.B. spezieller Putze oder Farben, lässt sich gezielt nutzen, um aufkommende Luftfeuchtigkeit in Innenräumen zeitweise zu puffern und somit die Gefahr der Schimmelpilzbildung zu reduzieren. Die gestiegenen Anforderungen an die Luftdichtigkeit von Gebäudehüllen lassen sich durch die daraus resultierende Energieeinsparung und Minimierung der CO2-Emission begründen. Gleichermaßen findet in den betroffenen Gebäuden kaum noch der natürliche Luftaustausch, die sogenannte Fugenlüftung, statt. Der unkontrollierte Luftwechsel zwischen innen und außen wird auf das Minimum reduziert, sodass zusätzliche Maßnahmen in Form von Fensterlüftung oder Lüftungsanlagen erforderlich werden, um die Raumluftfeuchtigkeit auf einem unkritischen Wert zu halten. Wer das nicht beherzigt, sieht sich möglicherweise schon bald mit unwillkommenen „Mitbewohnern” mit Namen wie Aspergillus und Cladosporium konfrontiert. Das sind Schimmelpilze, die sich ab einer anhaltenden relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 80 Prozent äußerst wohl fühlen.


Luftfeuchtigkeit beachten

Wer jetzt beim Blick auf einen im Raum befindlichen Hygrometer den Wert von 60 Prozent ablesen kann, sollte sich nicht zu sicher fühlen, denn entscheidend ist nicht die relative Luftfeuchtigkeit im Rauminneren und nicht an einer warmen Innenwand, sondern unmittelbar an Innenflächen von Außenwänden. Je nach Dämmwert der Gebäudehülle und dem Heizverhalten der Raumnutzer kühlen bei kalten Außentemperaturen genau diese Bereiche mehr oder weniger stark ab.

Sinkt die Oberflächentemperatur dauerhaft auf unter 14 Grad Celsius, wird es selbst dann kritisch, wenn die relative Luftfeuchtigkeit im Rauminneren 60 Prozent bei 20 Grad Celsius beträgt. Bei diesen Bedingungen liegt der absolute Wassergehalt der Raumluft bei 10,4 g Wasser pro m³ Luft. Dieser Wert ist in allen Bereichen des Raumes identisch. Nicht jedoch die relative Luftfeuchtigkeit. Sie gibt für die aktuelle Temperatur das Verhältnis des momentanen Wasserdampfgehalts zum maximal möglichen Wasserdampfgehalt an. Das heißt, die relative Luftfeuchtigkeit kann, je nach Temperatur, bei identischem Wasserdampfgehalt pro m³ Luft unterschiedliche Werte aufweisen. Wenn wir die relative Luftfeuchtigkeit an unserer 14 Grad Celsius kühlen Oberfläche messen würden, käme ein Wert von 86 Prozent raus. Ideale Voraussetzungen für Schimmelbefall.

An dieser Stelle muss man kein Bauphysiker sein um zu erkennen, welche Maßnahmen hilfreich sein könnten, um die erwähnte Gefahr der Schimmelpilzbildung abzuwägen. Erstrebenswert ist zunächst die Erhöhung der Oberflächentemperatur, was bekanntlich durch das Anbringen eines ausreichend dimensionierten Wärmedämm-Verbundsystems bestens funktioniert. Auch eine Innendämmung kann in vielen Fällen eine wirkungsvolle Alternative sein.

In dieser Grafik ist das Sorptionsverhalten eines besonders sorptionsfähigen Feinputzes im Vergleich zu einer klassischen Dispersionsspachtelmasse dargestellt. Bereits in der ersten Stunde war der Feinputz in der Lage fast doppelt so viel Feuchtigkeit zu puffern. Nach den ersten 60 Minuten ist bei dem Versuch die Luftfeuchtigkeit plötzlich gesenkt worden (Simulation der Lüftung). Das lässt sich anhand der Kurven nachvollziehen. Durch Desorption entweichen die eingelagerten Wasserpartikel wieder in die Raumluft.


Kombinationen möglich

Doch was passiert mit Gebäuden, bei denen die genannten Maßnahmen nicht realisiert werden können? In solchen Fällen kann häufig die Kombination aus der Herstellung sorptionsfähiger Oberflächen und einer regelmäßigen Lüftung Abhilfe schaffen. Sorption ist ein Gleichgewichtsprozess zwischen Aufnahme (Adsorption) und Abgabe (Desorption) eines Stoffes. Genauer gesagt geht es um die Pufferng bzw. Anlagerung von Wasser in angrenzenden Materialien. Dabei lässt sich die natürliche Eigenschaft der Feuchteaufnahme verschiedener Baustoffe und Einrichtungsgegenstände zunutze machen. Denn jeder poröse Stoff ist in der Lage, Wasserdampf aus der Raumluft aufzunehmen und wieder abzugeben. Unter den Baustoffen weisen Lehmputze, aber auch Kalk- sowie Kalk-Gipsputze besonders hohe Sorptionswerte auf.

Ist der Anteil von diesen Sorptionsflächen in einem Raum ausreichend vorhanden, kann aufkommende Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf gepuffer werden. Bedingt dadurch erhöht sich die relative Luftfeuchtigkeit nicht ganz so dramatisch und kann für einen begrenzten Zeitraum auf einem unkritischen Wert gehalten werden. Die sogenannten Feuchtespitzen werden ausgeglichen. Natürlich sind die Sorptionskapazitäten nicht unbegrenzt, ab einem bestimmten Punkt stellt sich bei jedem Stoff die Sättigung ein. Aus diesem Grund können selbst sorptionsfähigste Baustoffe die notwendige Lüftung nicht ersetzen. Die Zeitspanne zwischen Entstehung der Luftfeuchtigkeit und dem Lüftungsvorgang kann jedoch ausgedehnt werden. Am Beispiel eines Schlafzimmers lässt sich dieses Phänomen gut veranschaulichen. Wenn in der Nacht, z.B. durch Atmen, die Luftfeuchtigkeit steigt, wird ein Teil derselben von sorptionsfähigen Stoffen aufgenommen und gepuffer. Beim morgendlichen Lüften sinkt die Luftfeuchtigkeit und die Stoffe geben ihre gespeicherte Feuchte allmählich wieder an die Raumluft ab. In der kommenden Nacht bieten die Materialien erneut Potenzial für die Feuchtepufferng.

Prinzip der Feuchtepufferung: Wassermoleküle aus der Raumluft kommen mit umliegenden Grenzflächen in Berührung (1). Sorptionsfähige Stoffe lagern die einzelnen Wasserpartikel an ihren Porenwänden an und sorgen für einen Feuchteausgleich. Bedingt dadurch wird der Raumluft ein Teil des Wasserdampfes entzogen (2). Sobald die Luftfeuchtigkeit im Raum wieder absinkt, wie beispielsweise nach einem Lüftungsvorgang, werden die eingelagerten Wasserpartikel wieder an die Raumluft abgegeben (3). Abbildungen: Caparol Farben Lacke Bautenschutz


Diffusion ermöglichen

Doch wie verhalten sich Putze und Baustoffe hinsichtlich ihrer Sorptionsfähigkeit, wenn sie mehrfach überstrichen werden? Ausschlaggebend dafür sind die Art und Zusammensetzung des Anstrichstoffes. Matte Dispersionsfarben beispielsweise bestehen meistens zu mehr als 85 Prozent aus mineralischen Bestandteilen (gemessen am Festkörperanteil) und gelten mit einem sd-Wert von kleiner 0,05 m als höchst diffusionsfähig. Der Wasserdampf wird durch die Beschichtung zwar ein wenig gebremst, kann aber trotzdem problemlos bis in die sorptionsfähige Putzschicht vordringen. Mehr Vorteile bieten hier mineralische Anstrichstoffe wie Kalkfarben oder auch Dispersions-Silikatfarben, deren sd-Werte meistens unter 0,02 m liegen. Die erwähnten Farben sind nicht nur besonders diffusionsfähig, sondern stellen auch selbst eine dünne Sorptionsschicht dar. Anders sieht das bei Lacken und glänzenden, hochgebundenen Dispersionsfarben, die umgangssprachlich auch als Latexfarben bezeichnet werden, aus. Der hohe Bindemittelanteil dieser Beschichtungsstoffe sorgt für ein deutlich dichteres Gefüge und bildet eine Art Barriere für den Wasserdampf. Ähnlich verhält es sich mit dichten Wandbelägen wie Vinyl- oder Metalltapeten.

Entscheidend für die Wasserdampf-Adsorption und -Desorption sind meist die äußersten Substratschichten, also die raumluftangrenzende Fläche des Untergrundes. Das Ganze spielt sich je nach Baustoff zum Großteil in den äußersten drei bis fünf Millimetern ab. So lässt sich eine Sorptionsschicht auch nachträglich oder im Zuge einer Renovierung ohne besonderen Aufwand herstellen. Die Baustoffindustrie bietet für diesen Zweck spezielle kalk- oder silikatbasierende Spachtelmassen und Putze an, die auch für die Überarbeitung von bestehenden Anstrichen geeignet sind. Jeder poröse Stoff ist in der Lage Wasserdampf aus der Raumluft aufzunehmen und wieder abzugeben.

Rudolf Kolb, Caparol
Quelle: Malerblatt 06/2013
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