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Bleiweißhaltige Beschichtungen

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Bleiweißhaltige Beschichtungen

In älteren Gebäuden trifft man immer wieder auf bleiweißhaltige Beschichtungen auf Holzbauteilen.

Bei der Renovierung dieser Anstriche sollten ausschließlich geeignete Verfahren eingesetzt werden, da das Schwermetall eine Gefahr für die Gesundheit darstellt. Generell sind bleiweißhaltige Beschichtungen bei Bauteilen, die vor 1960 erstellt wurden, zu erwarten. In den neuen Bundesländern muss sogar bis zum Erstellungsjahr 1990 mit solchen Beschichtungen gerechnet werden. Auf der Baustelle auf eine bleiweißhaltige Beschichtung zu treffen ist also bei weitem keine Seltenheit, sondern relativ wahrscheinlich. Die meisten dieser bleihaltigen Beschichtungen sind zwar mittlerweile ein- oder mehrmals überstrichen worden, doch macht dies im Falle einer Renovierung keinen großen Unterschied. Beim Schleifen alter Holzbauteile können die bleihaltigen Schichten nämlich relativ schnell freigelegt werden und die gesundheitsgefährdenden Stäube gelangen in die Raumluft.

Wo ein Anschliff der Altbeschichtung nicht ausreicht, ist Abbeizen eine Lösung.


Verfahrensbeschreibung der BG

Da die Unkenntnis im Umgang mit bleihaltigen Beschichtungen sehr groß zu sein scheint, hat die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) Ende 2009 eine Verfahrensbeschreibung für das Anschleifen bleiweißhaltiger Beschichtungen auf Holz erarbeitet (diese kann auf der Webseite www.gisbau.de unter „Service, Expositionsbeschreibungen“ heruntergeladen werden). Das Anschleifen von Hand und ohne Absaugung ist darin ausdrücklich untersagt. Stattdessen sollen für den Anschliff der Altbeschichtungen ausgewählte Schleifmaschinen in Kombination mit einem Entstauber verwendet werden. Getestet und als geeignet beurteilt wurden von der BG Bau bisher Rotationsschleifer, Schwingschleifer und Dreiecksschleifer der Elektrogerätehersteller Festool und Metabo, jeweils unter Verwendung eines Entstaubers der Staubklasse M nach DIN EN 60335-2-69. Beim Anschleifen loser, stark abgewitterter Farbschichten (z.B. im Außenbereich von Fenstern) ist außerdem ein geeigneter Atemschutz (Halbmaske mit P2-Filter oder gebläseunterstützte Halbmaske mit P2-Filter) zu tragen.
Da jedoch nur ein Teil der Bleibelastung der Beschäftigten durch das Einatmen der Stäube verursacht wird, gibt die BG auch Hinweise für geeignete Hygienemaßnahmen. So ist das Essen, Trinken und Rauchen im Arbeitsbereich untersagt. Vor allen Arbeitspausen, insbesondere, wenn geraucht oder gegessen wird, müssen die Hände gewaschen werden. Waschmöglichkeiten und Einweghandtücher müssen hierfür bereitgehalten werden.

Bei der Sanierung alter Fenster ist Vorsicht geboten: häufig enthalten alte Fensterbeschichtungen Blei, das bei unsachgemäßem Umgang die Gesundheit gefährden kann.


Abbeizen als Alternative

Beinahe täglich in Berührung mit bleihaltigen Anstrichen kommt der Denkmalpfleger und Tischlermeister Hans Ritt, der auch Sachverständiger für historische Fenster ist. Er ist der Meinung, dass ein bloßes Anschleifen bei einer Grundsanierung von Fenstern häufig nicht ausreicht, um die Vorgaben des BFS-Merkblatts Nr. 18 technisch ausreichend zu erfüllen. Die oben genannte Verfahrensbeschreibung der BG Bau gilt aber ausschließlich für das Anschleifen, nicht aber für das ganzflächige Abschleifen der bleihaltigen Beschichtungen. Er hat die Erfahrung gemacht, dass Fenster und Türen mit bleihaltigen Beschichtungen deshalb häufig ausgebaut und zur Restaurierung in eine Werkstatt mit moderner Staubabsaugung und entsprechenden Staubfiltern transportiert werden. Doch das kostet viel Zeit und Geld. Die traurige Konsequenz: in vielen Fällen werden ausgebaute alte Fenster und Türen kurzerhand entsorgt und durch neue ersetzt – historische Baukultur geht dadurch für immer verloren.
Damit wollte sich Hans Ritt nicht zufrieden geben und entwickelte sein eigenes Verfahren: Das „RISAN-Verfahren“ ist eine modifizierte Abbeizmethode für schadstoffbelastete Anstriche. Das Besondere daran: nach dem Abbeizvorgang mit entsprechender Nachreinigung, wie etwa dem so genannten Sprüh-Saug-Verfahren, und ausreichender Durchtrocknung erfolgt bereits vor einem etwaigen Zwischenschliff eine Maskierung mit einem Anstrich, die als optische Schleifhilfe dient. Ein potenzielles Durchschleifen auf eine eventuell noch vorhandene bleihaltige Altbeschichtung wird damit weitestgehend unterbunden. Eine mögliche Gefahrstoffexposition wird auf ein Minimum reduziert. Bei jüngsten Messungen durch die Holz BG auf einer Baustelle konnte nachgewiesen werden, dass die Messergebnisse bezüglich des verwendetetn RISAN-Abbeizers weit unter den jeweiligen Luftgrenzwerten bzw. die Werte sogar unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze lagen.
Das Gewerbeaufsichtsamt in München hat das RISAN-Verfahren bezüglich der Staub- und Bleifreisetzung positiv beurteilt und für den Einsatz mit der entsprechenden objektbezogenen Gefährdungsbeurteilung freigegeben. Bei fachgerechter Anwendung des Verfahrens seien ferner die Vorgaben des BFS-Merkblatts Nr. 18 technisch ausreichend erfüllt, betont Hans Ritt.

Für den Anschliff bleihaltiger Altbeschichtungen sollten nur ausgewählte Schleifmaschinen in Kombination mit einer Absaugung eingesetzt werden. Fotos: Festool (1), Hans Ritt (2)

Susanne Sachsenmaier-Wahl
Quelle: Malerblatt 06/2010

 

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