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Der Salvinia-Effekt

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Der Salvinia-Effekt

Gerät der Schwimmfarn Salvinia unter Wasser, so bleibt er dank einer Luftschicht über den Blättern trocken.

Wilhelm Barthlott dürfte hinreichend bekannt sein: Der Biologe des Nees-Instituts der Universität Bonn gilt als der Entdecker des Lotus-Effektes, der bereits vielfache technische Umsetzungen erfahren hat. Weniger bekannt ist der Salvinia-Effekt, den Barthlott zusammen mit dem Physiker Thomas Schimmel vom Karlsruher KIT und Strömungsmechanikern der Uni Rostock entschlüsselt hat. Ausgangspunkt ist der Schwimmfarn Salvinia, der auch unter Wasser noch 14 Tage überleben kann – so lange, bis das Luftpolster über seinen Blättern aufgebraucht ist. Wie die Lotuspflanze auch, bedient sich der Farn superhydrophoben Bereichen in Form von nano- und mikroskaligen Wachskristallen. Diese befinden sich entlang der elastischen, 300 bis 2.600 Mikrometer kurzen Haare auf der Blattoberfläche – bei Wasserkontakt wird so die Luft dazwischen eingeschlossen.

Normalerweise entschwände die Luft jedoch rasch in Form von Bläschen, wären da nicht die Haarspitzen mit ihrem Schneebesen-Aussehen. Schirmt bereits diese Form das Luftkissen darunter ab, so sorgt ihre hydrophile Ausprägung für die eigentliche Fixierung der Luftschicht. So ziehen die Spitzen das Wasser geradezu an, halten es fest und erzeugen so eine stabile, für Luftblasen unüberwindbare Grenzschicht. Wären die Haare – bis zu 26 finden sich auf einem Quadrat-Millimeter – durchgehend hydrophob, so wäre die Grenzschicht nicht stabil, die Bläschen könnten passieren. Anders als der Lotus-Effekt, der die Oberfläche von Schmutzpartikeln frei hält, wird hier also eine überlebenswichtige Luftschicht erzeugt.

Das inzwischen patentierte Prinzip lässt vor allem Schiffbauer aufhorchen: Schleppversuche an der Uni Rostock zeigten eine enormes Potenzial zur Strömungsoptimierung. Entsprechend beschichtete Schiffsrümpfe weisen um bis zu 30 Prozent geringere Reibungswiderstände auf, was den Treibstoffverbrauch und zugleich die Emissionen um den gleichen Wert senken würden. Als Nebeneffekt wäre die Ansiedlung von bremsenden Pflanzen oder Tieren unterbunden – der Einsatz von Antifouling-Farben somit überflüssig. Mit entsprechenden Beschichtungen versehene Tanks, so Thomas Schimmel, reduzierten den Reinigungsaufwand vor der Neubefüllung mit einem anderen Stoff. Noch aber sucht man derlei praktische Beschichtungen vergebens auf dem Markt – vor allem die mechanische Belastbarkeit der technisch erzeugten Faserstruktur dürfte den Forschern noch einiges an Kopfzerbrechen machen.

Armin Scharf

praxisplus

Nach dem Lotus-Effekt machte sich Wilhelm Barthlott mit Kollegen an die Erforschung des Schwimmfarns Salvinia, dessen Blattstruktur durch die Kombination hydrophober und hydrophiler Bereiche Luft speichern kann. Mit entsprechenden Beschichtungen versehen, wären Schiffsrümpfe sehr viel widerstandsärmer unterwegs.

lotus-salvinia.de

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