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Haihaut-Struktur

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Haihaut-Struktur

Beschichtungen schützen nicht nur, sie optimieren auch Eigenschaften von Objekten, beispielsweise den Strömungswiderstand.

Das Fraunhofer-Institut IFAM entwickelt eine Beschichtung, die sich die Struktur der Haifischhaut zum Vorbild nimmt. Immer wieder liefert die Natur Optimierungsansätze für die technische Welt, so auch für die Reduzierung des Strömungswiderstandes bewegter Objekte. Die Abteilungen Lacktechnik und Klebtechnische Fertigung des Fraunhofer-Institutes IFAM in Bremen haben eine Beschichtung entwickelt, die die Reibung eines durch Luft oder Wasser bewegten Schiffes oder Flugzeuges um etwa zwei Prozent reduziert – unter wirtschaftlichen Aspekten ein interessanter Wert. Als Grundlage dient den Forschern die feine Riblet-Struktur der Haihaut. Denn der schnelle Raubfisch besitzt keine absolut glatte Haut, sondern eine ganz spezifische Schuppenstruktur, die bremsende Turbulenzen verringert.


Struktur per Matrize

Das IFAM-Team transferierte diese Eigenschaft auf einen Lack, der belastbar genug ist, um als Flugzeuglackierung zu dienen. Das setzt eine Temperaturstabilität zwischen –55 und +70 Grad Celcius voraus, eine hohe Resistenz gegen die starke UV-Strahlung während des Fluges sowie eine äußerst starke mechanische Belastbarkeit.
Die Lösung besteht aus einem zweikomponentigen Bindemittel auf PUR-Basis, kombiniert mit einem hohen Anteil nanoskaliger Partikel. Diese sorgen für die notwendige Härte des Lackes einschließlich mechanischer Festigkeit und sind optisch transparent. Das Bindemittel bringt jene Elastizität, die notwendig ist, um die extremen Temperaturschwankungen rissfrei aufzunehmen. Der 2-K-Lack ist seidig matt und übernimmt die Funktion eines Clear-coats, die Härtung erfolgt im Dual- Cure-Verfahren, zunächst wird mit UV-Licht vorgehärtet, anschließend läuft die normale 2-K-Vernetzung weiter.
Für die Applikation des Lackes und die Strukturierung hat man ein spezielles Rollenwerkzeug entwickelt, mit dem sich auch dreidimensional gekrümmte Flächen beschichten lassen. Innerhalb des Werkzeuges gelangt zunächst der flüssige Lack in einer dünnen, gleichmäßigen Schicht auf die Matrize aus Siliconfolie und von dort auf den Untergrund. Gleichzeitig wird unter UV-Licht die Struktur gehärtet, die Matrize löst sich dann von der durchhärtenden Beschichtung. Diesen Prozess so zu gestalten, dass er praxistauglich ist und im Produktionsmaßstab genutzt werden kann, war die eigentliche Herausforderung für das IFAM-Team.


Schiffe und Autos

Derzeit, so Dr. Volkmar Stenzel, werde das Material für die Anwendung in der Luft- sowie auch Schifffahrt erprobt. Hochgerechnet könnte ein großes Containerschiff jährlich rund 2.000 Tonnen Treibstoff einsparen – vom CO2-Ausstoß ganz abgesehen. Was das Thema Anti-Fouling betrifft, also den bremsenden Bewuchs des Unterwasserschiffes, so sucht man nach neuen Lösungen. Yvonne Wilke, im Team für die Lacktechnik zuständig: „Eine Möglichkeit besteht darin, den Lack so aufzubauen, dass die Fouling-Organismen keinen festen Halt finden und bei höherer Geschwindigkeit einfach abgespült werden. Der zweite Ansatz zielt darauf, ein Anti-Fouling zu integrieren, das unbedenklich für die Natur ist.“
Derweil scheint die Beschichtung für Straßenfahrzeuge weniger sinnvoll. „Der Anteil der Luftreibung am Gesamt-Fahrwiderstand ist zu gering“, so Dr. Stenzel. Allenfalls könnte man bei Formel-1-Boliden einen messbaren Effekt erwarten. Weitaus mehr Nutzen brächte die Beschichtung wohl für Windenergieanlagen, denn auch hier wirkt sich der Luftwiderstand der Rotorblätter negativ auf den Wirkungsgrad aus.
Für die Gesamtentwicklung erhielt das IFAM-Team aus Yvonne Wilke, Manfred Peschka und Dr. Volkmar Stenzel übrigens den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2010.

Quelle: Malerblatt 10/2010
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