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Denkmalpflege

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Grundlagen der Fachwerksanierung

Die ältesten Fachwerkhäuser sind in Mitteleuropa bereits vor dem 14. Jahrhundert entstanden. Dieser Beitrag beschreibt die unterschiedlichen Herangehensweisen bei der Fachwerksanierung.

Fachwerk: Zeitliche Einordnung, Bauweisen und Konstruktionsgrundlagen

Als Fachwerk bezeichnet man eine Bauweise, bei der die Wände aus einem tragenden Holzgerüst bestehen und die Zwischenräume, die Gefache, mit Lehm oder Steinen ausgefüllt sind. Zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert bildeten sich allmählich drei regional unterschiedliche Fachwerkbauweisen mit charakteristischen Konstruktionsmerkmalen und individuell verschiedenen Schmuckelementen heraus: Das oberdeutsch/alemannische, das mitteldeutsch/fränkische und das niederdeutsche Fachwerk. In dieser Zeit entstanden auch viele überregional bekannte Schmuckfachwerkbauten, wie z.B. die Rathäuser in Esslingen, Michelstadt und Alsfeld.

Ab dem 18. Jahrhundert setzte sich in den Städten zunehmend der Massivbau durch. Das gilt vor allem für große repräsentative Gebäude. Fachwerkgebäude, die auch aus Kostengründen nach wie vor in großer Zahl entstanden, wurden häufig verputzt oder verkleidet. Auf dem Land dagegen war Fachwerk bis ins späte 19. Jahrhundert die vorherrschende Bauweise.

In dieser Zeit wurde auch der Großteil der rund zwei Millionen Fachwerkgebäude in Deutschland errichtet. Eine letzte, wenn auch bescheidene Blüte erlebte der Fachwerkbau in den 1920er- und 1930er-Jahren. In Anknüpfung an den Heimatstil der Kaiserzeit entstanden noch einfache Fachwerkwohnhäuser. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Neubau von Fachwerkhäusern praktisch zum Erliegen. Mit Aufkommen des Denkmalschutzes in den 1970er-Jahren gewann die Fachwerksanierung zunehmend an Bedeutung.

Fachwerksanierung und Denkmalschutz

Viele Fachwerkgebäude stehen unter Denkmalschutz. An eine Fachwerksanierung gekoppelte bauliche Maßnahmen, die das Erscheinungsbild verändern (z.B. neue Dacheindeckung, Fenster, Verputz, Farbanstrich), müssen von der zuständigen „Unteren Denkmalschutzbehörde“ genehmigt werden. Im Vorfeld der Fachwerksanierung ist eine bauphysikalische Substanzbewertung ratsam. Das betrifft den Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz, wovon nachfolgend die beiden erstgenannten Kriterien näher betrachtet werden sollen.

Leinölfarben für den Holzschutz

 


Planung der Fachwerksanierung

Will man Fachwerk sanieren, ist grundsätzlich die Energieeinsparverordnung (EnEV) zu beachten. Bei denkmalgeschützten Objekten kann die Befreiung von den Auflagen der EnEV bei der „Unteren Denkmalschutzbehörde“ beantragt werden. Für alle anderen Gebäude gilt, dass bei baulichen Änderungen, die mehr als zehn Prozent der Fassadenfläche betreffen, die Auflagen der EnEV einzuhalten sind. Das bedeutet, dass nur die Erneuerung des Fassadenanstrichs und geringe Reparaturen an Putz oder Holzwerk ohne Berücksichtigung der EnEV zulässig sind.

Zur Bewertung der Feuchtebelastung von Fachwerkfassaden im Rahmen einer Fachwerksanierung wird auf das WTA-Merkblatt 8-1-03/D verwiesen. Es wird empfohlen, die Wetterseiten von Fachwerkgebäuden bei hoher Schlagregenbelastung zu verkleiden oder bereits vorhandene Verkleidungen zu erhalten. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Sichtfachwerkfassade wegen der Anschlussfugen zwischen Holzwerk und Gefach nicht schlagregendicht ist. Daher darf auch nicht jedes Fachwerk von Verkleidungen befreit werden, selbst wenn der Bauherr das aus optischen Gründen wünscht. Neben dem konstruktiven Feuchteschutz durch Verkleidungen oder Dachüberstände sollte die Wasserführung an der Fassade kritisch geprüft werden: Das Regenwasser muss ungehindert ablaufen können und darf nicht an vorstehenden Putz- oder Holzkanten aufgestaut werden.

Die Praxis zeigt leider häufig das Gegenteil. Als Folge davon werden Putz oder Holzwerk stark durchfeuchtet – mit resultierenden Frost- bzw. Fäulnisschäden. Erschwerend für eine Fachwerksanierung: Bei vielen Fachwerkgebäuden sind die Grundschwellen nur ungenügend gegen aufsteigende Feuchte und Spritzwasser geschützt, weil sie zu tief liegen oder sogar Kontakt mit feuchtem Erdreich haben. Im Idealfall sollte die Grundschwelle auf einem steinernen Sockel in einer Höhe von ca. 50 Zentimetern oberhalb des Terrains liegen. Weil sich Mängel in diesem Fall meist nicht oder nur mit nicht vertretbarem Aufwand beheben lassen, sollte der Handwerker auf jeden Fall auf diese Schwachstelle hinweisen und Bedenken anmelden.


Prüfung der Untergründe im Vorfeld der Fachwerksanierung

Beim Holzwerk werden die Schäden oftmals durch den Altanstrich verdeckt. Daher sollte die Oberfläche durch Abklopfen und Einstechen mit dem Messer geprüft werden. Die größten Schäden weisen meist die Grundschwellen auf, die deshalb besonders sorgfältig überprüft werden müssen. Pilzbefallenes Holz ist an Braunverfärbung und Würfelbruch erkennbar und muss vom Zimmermann entfernt und fachmännisch ergänzt werden.

Vor der Beschichtung ist die Holzfeuchte zu kontrollieren, wobei der Grenzwert von 15 Prozent im Mittel nicht überschritten werden darf. Die Tragfähigkeit alter Holzbeschichtungen kann durch Kratzprobe oder durch Gitterschnitt bewertet werden. Die Art der Altbeschichtung kann durch Abreiben mit Nitroverdünnung näherungsweise geprüft werden. Dabei zeigen Alkydharz- oder Öllacke kaum eine Reaktion, während wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe erkennbar weich werden. Das ist für die Auswahl des Renovieranstrichs wichtig.

Fachwerksanierung


Lehmgefache sind oftmals nur oberflächlich verwittert und im Kern noch fest. Sie lassen sich deswegen meist gut reparieren. Ausfachungen aus Ziegeln oder Bruchsteinen müssen fest im Gefach verankert sein. Die nachträgliche Befestigung ist problematisch, dann müssen die Gefache neu aufgebaut werden. Holz und Gefach müssen bündig aneinanderstoßen, es darf bestenfalls ein feiner Riss oder eine Messerfuge vorhanden sein. Durch klaffende Fugen, die häufig durch Schwinden des Holzes entstanden sind, kann jedoch übermäßig viel Schlagregen eindringen. Derart schadhafte Anschlüsse müssen daher aufgeweitet und nachgeputzt werden. Bei verputzten Gefachen ist die Tragfähigkeit des Putzes und des Altanstrichs zu prüfen. Stark verwitterter, hohl liegender Putz und kreidender Altanstrich sind zu entfernen. Vergleichbar zum Holzwerk wird der Altanstrich durch Abreiben mit Nitroverdünnung auf organische Bindemittel hin untersucht, wodurch sich dispersionshaltige Altanstriche leicht erkennen lassen.

Holzbalken mit tiefgreifender Fäulnis müssen vom Zimmermann fachgerecht ausgetauscht werden. Vom Maler zu bewerkstelligen ist die anstrichtechnische Untergrundvorbereitung. Dazu gehört das Abarbeiten von oberflächlich verwittertem und vergrautem Holz mittels Schleifgerät oder Ziehklinge sowie das Entfernen nicht tragfähiger Altanstriche. Das kann mechanisch durch Abschleifen oder mit Abbeizmitteln erfolgen. Hochalkalische Abbeizer sollten nach Möglichkeit vermieden werden, insbesondere wenn hinterher Leinölfarbe aufgetragen werden soll. Auch durch behutsames Strahlen mit gering abrasivem Granulat oder durch CO2-Strahlen können Altanstriche entfernt werden.


Holz- und Gefachrenovierung

Wasserführende Risse im Holz, die Folgeschäden verursachen können, müssen verschlossen werden. Traditionell erfolgt dies durch Ausspänen mit trockenen, artgleichen Holzleisten. Handelsübliche Fugendichtstoffe oder Acrylspachtel sind dafür nicht geeignet. Speziell für das Verschließen von Holzrissen wurde eine spezielle Holzrisspaste entwickelt. Es handelt sich um eine leinölgebundene und mit natürlichen Füll- und Faserstoffen versetzte Paste, die sich durch eine besonders hohe Flankenhaftung und große Elastizität auszeichnet. Nach der Aushärtung hat das Material holzähnliche Eigenschaften. Es werden jedoch nur die wasserführenden Risse behandelt; eine flächige Verspachtelung der Holzbalken darf nicht erfolgen. Feine, im Holz auslaufende Risse müssen aus technischen Gründen nicht verschlossen werden und können grundiert und mit Farbe ausgestrichen werden.

Holzfachwerk ist eine nicht maßhaltige Konstruktion. Deckende Beschichtungsstoffe müssen die für diesen Untergrund erforderliche Elastizität aufweisen. Bewährt haben sich Leinölfarben und sogenannte Wetterschutzfarben. Leinölfarbe ist geeignet für rohes Holz oder auch zur Überarbeitung von alten, tragfähigen Öl- oder Alkydharzlackfarben, die vorher gut angeschliffen werden müssen. Dagegen eignet sich Wetterschutzfarbe auch für die Überarbeitung von vorhandenen Acrylbeschichtungen. Dickschichtige Altanstriche sollten aus diffusionstechnischen Gründen entfernt werden.


Farben für die Fachwerksanierung

Wird zusätzlich der Gefachputz erneuert, sollten vor dem Neuverputz die Grundierung und der erste Anstrich der Holzbalken aufgetragen werden, damit die später vom Putz verdeckten Holzflanken gegen eindringenden Schlagregen geschützt sind.

Der Anstrichaufbau mit Leinölfarbe beinhaltet eine Grundierung mit Halböl sowie drei deckende Beschichtungen. Rohes Nadelholz wird vorab mit wirkstoffhaltigem Imprägniergrund eingelassen. Bei der Anwendung von Leinölfarben sind im Unterschied zu Wetterschutzfarben naturgemäß längere Trockenzeiten von jeweils einem Tag zwischen den einzelnen Arbeitsgängen einzuhalten. Sollen alte tragfähige Acrylbeschichtungen überarbeitet werden, erfolgt zunächst ein Grundanstrich mit Acryl-Haftprimer und anschließend ein Zwischen- und Schlussanstrich mit Wetterschutzfarbe.


In eher seltenen Fällen wird ein lasierender Anstrich der Holzbalken verlangt. Hierfür eignet sich insbesondere eine nicht filmbildende Lasur auf Basis von Alkydharz.

Neue Ausfachungen aus Mauersteinen müssen mit Dreikant- oder Trapezleisten seitlich im Gefach fixiert werden. Vor der Neuausfachung wird das angrenzende Holz satt mit Halböl eingelassen, damit es gegen Feuchte geschützt ist. Werden Gefache neu aufgebaut, sollten diese nicht bündig mit dem Holzwerk abschließen, sondern etwa 20 Millimeter zurückliegen, damit der neue Gefachputz kantenbündig mit dem Gefach abschließen kann. Die Putzstärke sollte an der Holzflanke mindestens 15 Millimeter betragen. Sollen bereits bestehende Gefache mit kantenbündiger Ausfachung verputzt werden, sollte die Ausfachung im Randbereich abgeschrägt werden. Der Putz kann dann kissenförmig, jedoch kantenbündig aufgebracht werden. Vorstehende Putz- oder Holzkanten sind zu vermeiden. Für den Neuverputz der Gefache eignet sich Kalkmörtel mit geringem hydraulischen Anteil, wie Trass-Kalkputz als Unterputz und Feinputz als Oberputz. Lehmputz ist nicht witterungsbeständig und daher nur als Innenputz geeignet. Alte Lehmgefache sind meist nur oberflächig mürbe und können nach Befeuchtung wieder verdichtet werden, gegebenenfalls wird mit Lehm ergänzt. Beschädigte Lehmstakungen werden auf traditionelle Art repariert. Das reparierte Lehmgefach wird vor dem Verputz gut vorgenässt und mit der Zahnspachtel horizontal abgezogen. In den feuchten Untergrund reibt man dann den Kalkunterputz mit der Bürste ein, bis eine bräunliche Marmorierung sichtbar wird.


Empfehlenswert ist ein zusätzliches Abstippen mit dem Kratzputz-Nagelbrett oder ein horizontales Abziehen mit der Zahnspachtel. Nach Erhärtung kann der Unterputz aus Trass-Kalkputz ca. 1,5 Zentimeter stark aufgetragen und horizontal abgezogen werden. Abschließend wird ein Feinputz aufgetragen und abgerieben. Nach dem Ansteifen des Mörtels wird der Oberputz durch einen dünnen Messerschnitt vom Holz getrennt. An Wetterseiten ist zusätzlich das Anbringen eines Putzträgers anzuraten, der möglichst im Gefach und nicht am Holzwerk befestigt wird. Geeignet sind verzinkte punktverschweißte Drahtgewebe oder Ziegeldraht.

Intakte Gefache mit Altanstrich werden entweder trocken abgebürstet oder von Hand abgewaschen. Druckwasserstrahlen sollte vermieden werden, weil dabei unnötig viel Wasser in die Anschlussfugen eindringt. Saugende, tragfähige, mineralische Altanstriche können im gleichen Farbsystem überstrichen werden. Stark kreidende Altanstriche werden nach der Reinigung mit verdünntem Silikat-Fixativ grundiert. In der Regel sind zwei bis drei Deckanstriche mit Silikat- oder Kalkfarbe auf den Gefachen erforderlich. Danach erfolgt der Deckanstrich des Holzwerks. Zum Abschluss kann der Gefachschmuck in Form von Begleiter und Ritzer ausgeführt werden.



Fachwerksanierung

Fachbegriffe im Fachwerkbau
 

Fachwerksanierung

pilzbefallenes Holz
 

Fachwerksanierung

klaffende Anschllussfugen
 

Bruchsteinsockel mit Kontergefälle
 

Fachwerksanierung

Holzrisspaste zum Schließen von wasserführenden Rissen
 

Fachwerksanierung

neu aufgebautes Gefache
 
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