Die Internationale Bauaustellung in Hamburg endete im November 2013 – aber die Bauten bleiben auch danach noch sehenswert.
Photosynthesengrün
Algenfassaden sind gewiss nicht neu – doch wie sie beim Projekt „BIQ“ genutzt werden, schon. Das Gebäude ist an der Südwest- und Südost-Seite mit gläsernen Elementen verkleidet, in denen Grünalgen durch die Sonne genährt und mit Luft versorgt, heranwachsen. Irgendwann werden sie herausgesaugt, getrocknet und als Biomasse zur Wärmeproduktion genutzt. Feine Sache, aber anlagentechnisch aufwendig. Der Rest des Hauses zeigt sich mit grasgrüner Putzfassade, das zurückgesetzte Dachgeschoss erfreut das Auge mit einem Blattornament in zwei Grüntönen. Störend hingegen die umlaufenden, rot-weißen Bänder, die vermutlich an eine Baustelle erinnern sollen. Nur: Warum?
Standort: Am Inselpark 17, Hamburg-Wilhelmsburg
Architektur: Splitterwerk, Graz
Bauherr: Otto Wulff Bauunternehmung, Hamburg mit SSC, Hamburg
Preisgünstig
Ausreichender Wohnraum für Menschen mit unterem Einkommen wird in den Metropolen zur Mangelware – hier setzt das Konzept von „Grundbau und Siedler“ an, ein Mehrfamilienhaus, das von den Bewohnern selbst ausgebaut wird.
In der ersten Baustufe entsteht das Bauskelett samt der Grundinstallation, danach startet die Eigenleistung. 15 Prozent weniger soll das Haus danach kosten, so die Architekten. Die dabei entstehende Individualität der Wohnungen überträgt sich auch nach außen, wo ein Patchwork aus Farben die Vorlieben der Bewohner widergibt.
Standort: Am Inselpark 11, Hamburg-Wilhelmsburg
Architekten: BEL Sozietät für Architektur, Köln
Bauherr: Projektgesellschaft Grundbau und Siedler, Hamburg
Betonmasse
Viele Jahrzehnte stand der 1943 als Flakbunker errichtete Betonklotz mitten im Reiherviertel von Wilhelmsburg. Im Inneren 1947 gesprengt, widersetzte sich das Monstrum jeglicher Veränderung. Erst 2011 schien eine Lösung gefunden zu sein, aus dem 42 Meter hohen Kubus wurde durch Umbau und Sanierung der Energiebunker. Jetzt produzieren eine riesige Solarthermie und ein mit Biomasse betriebenes Blockheizkraftwerk Wärme für das angrenzende Viertel. Mitten im Bunker steht ein zwei Millionen Liter fassender Warmwasserspeicher, Photovoltaik-Module ergänzen die Energieproduktion.
Über die krude und kriegsverletzte Betonhülle legte man bei der Sanierung einen Spritzbetonüberzug, eine Art Zivilisationsfirnis, der die Rauheit mildert, aber nicht behübscht. Wer genau hinsieht, entdeckt die „naturbelassenen“ Fenster mit der originalen Oberfläche. Spuren im Inneren – Risse, freiliegende Bewehrungen, geborstene Geländer und Anweisungen – machen die Vergangenheit präsent.
Standort: Neuhöfer Straße 7, Hamburg-Wilhelmsburg
Architekten: HHS Planer + Architekten, Kassel
Bauherr: IBA Hamburg
Fotos: Armin Scharf Quelle: Malerblatt 11/2013