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Farbige Flugzeuge

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Farbige Flugzeuge

Rosa, hellgrün, gelb, mit opulenten Wellen oder großen Flächen schickt Dieter Wolff Privatjets und Cargoflugzeuge in die Luft.

Der Straßburger Dieter Wolff ist ein international gefragter Gestalter. Ein Flugzeug, so sagen manche, ist nichts anderes als eine Röhre mit zwei Tragflächen und Antrieben daran. Tatsächlich hat sich in den letzten Jahrzehnten die Form des Flugzeuges immer mehr einem aerodynamischen Optimum angenähert, das die genannte Vereinfachung nahelegt. Als Folge verarmt der Himmel – nicht an der Zahl der Jets, die nimmt ja stetig zu, sondern an deren Typen- und Gestaltungsvielfalt. Einst durchdröhnten so schnittige Gebilde wie die „Caravelle”, die „Comet” oder die legendäre „Super Constellation” die Luft – inzwischen lassen sich die Typen der beiden übrig gebliebenen Großhersteller Airbus und Boeing kaum noch auseinanderhalten. Und daran wird sich trotz A380 oder visionären Nurflügel-Projekten in absehbarer Zeit kaum etwas ändern.

Farbe bringt neue Vielfalt

Das hindert Didier Wolff aber keineswegs daran, bereits heute aktiv zu sein – und die monotone Welt der Jets zu bereichern. Allerdings nicht in 3-D, sondern „nur” in 2-D, durch fantasievolle Farb- und Grafikentwürfe, die weit über das hinausgehen, was man sonst gewohnt ist. Bei der Betrachtung seiner Entwürfe zeigt sich aber rasch, dass auch aus den flachen Gestaltungselementen des grafischen Werkzeugkastens die Dreidimensionalität plötzlich ganz anders aussehen kann. Man kann eben auch bei Flugzeugen für oder gegen das Volumen arbeiten – so ähnlich wie an der Fassade. 2008 begann Wolff, sich dem Flugzeug zuzuwenden, nachdem sich der Absolvent der „École supérieure des arts décoratifs de Strasbourg” zunächst der Fotografie, der Plakat- und Surfboard-Gestaltung widmete. Natürlich hat diese Wende eine Vorgeschichte: Ein paar Jahre zuvor erwarb er den Pilotenschein für einmotorige Flugzeuge und kam so zur Fliegerszene. Warum also nicht das eine mit dem anderen verbinden, dachte sich der Elsässer wohl und gründete das Happy Design Studio, das alsbald zu einem Netzwerk von Mitarbeitern mit unterschiedlichsten Fähigkeiten heranwuchs. Denn die Aufträge kamen schnell herein, Wolff baute offenbar gekonnt den Kontakt zu solventen Eigentümern von Business Jets auf, auch in die Golfstaaten. Die waren es offenbar leid, mit langweilig weiß lackierten Privatjets um den Globus zu reisen – 2009 präsentierte Wolff seine Ideen erstmals auf der Dubai Airshow und konnte die ersten Kontakte knüpfen.

Rosa- und Violett-Nuancen tauchen in der Welt der Privat-Jets so gut wie nie auf – dieser Entwurf für eine Gulfstream 550 bringt eine feminine Anmutung in die sonst maskuline Flugzeugwelt.


Auf den Wellen der Zeit

Der erste ausgeführte Entwurf freilich zierte weder ein sehr großes noch jetgetriebenes Flugzeug, war aber dennoch prominent. Es handelte sich dabei um das einmotorige Turboprop-Flugzeug „TBM 850″ des französischen Herstellers Daher Socata. Die Sonderedition zum 100. Geburtstag des Unternehmens erhielt eine rote Untersicht, eine gleichfalls rote Linie entlang des Rumpfes und passende Flächenspitzen. Die eigentliche Grafik aber läuft wie eine Welle über die Flächen, um dann schwungvoll zum Leitwerk zu laufen. „Wellen der Zeit” nennt Wolff diesen Entwurf, der unter 40 Einsendungen ausgesucht wurde.

Heute ist Didier Wolff in größerem Maßstab unterwegs – oder auch schneller, je nachdem. Für das traditionelle Luftwaffentreffen „Tiger Meet” durfte er 2011 eine französische „Mirage 2000″ mit einem schwarz-gelben Livree ausstatten. Der nächste Überschalljet wartete schon: Eine französische „Rafale”, die auf der Paris Air Show eine atemberaubende Solo-Vorführung flog. Auf dem schwarz-grau lackierten Jet kündeten große Ziffern von den 30.000 Flugstunden, die das Muster bereits in der Luft war.

Sonderlackierung des Kampfflugzeuges „Rafele” der französischen Luftwaffe anlässlich der 30.000 Flugstunde dieses Musters. Foto: Katsuhiko Tokunaga


Neue Elemente

Neben zahlreichen Business Jets sei auf zwei Großformate verwiesen: Auf die Transportflugzeuge von Maximus Air Cargo aus Abu Dhabi. Zunächst gestaltete Wolff den Rumpf des voluminösen Airbus A300-600 – allerdings auf seine Weise. „Bei Airlines können die ursprünglich fixierten Designs oft sehr schwierig auf die Anatomie ganz anderer Flugzeuge angepasst werden”, so Wolff. Bei Maximus Air sollte dies nicht passieren, denn der Betreiber hat neben dem Fracht-Airbus auch eine Antonov 124 in der Flotte – ein muskulöser Hochdecker mit niedrigem, breiten Fahrwerk und großer Heckklappe. Hier einfach Linien, Logos und Wortmarken zu transferieren, würde kein stimmiges Markenbild ergeben, beschreibt Wolff seinen Ansatz.

Also reduziert er Textelemente auf ein Minimum und nutzt Schraffuren, große und kleine Farbflächen, dafür kaum Linien, die den Rumpfverlauf unterstreichen. „Die Lackierung ist inspiriert von den berühmten Space Shuttles und ihren schwarzen Keramikfliesen an der Rumpfunterseite. Die schwarze Frontform dient als Startpunkt, die Stärke und zugleich Eleganz signalisiert.” Die mächtige Antonov zeigt die gleichen Gestaltungselemente und Farben, aber in anderer Dimension oder an anderen Positionen – und dennoch sind beide Typen unverkennbar für die gleiche Airline unterwegs.

Didier Wolff (rechts) zusammen mit Olivier Dassault vor einer „Falcon 7X” des französischen Herstellers Dassault. Foto: Sébastien Ognier


Dreidimensional denken

Genau hier stößt man auf ein Problem, das man zwar als Fahrzeuglackierer, weniger aber als Fassadengestalter kennt. Ein Flugzeug ist ein dreidimensionaler Körper, das heißt, die Gestaltung muss aus jedem Betrachtungswinkel stimmen. Verläufe, Linien, Flächen dürfen nicht dort enden, wo Seiten- oder Draufsichten ihre Grenzen haben. Allenfalls erste Ideenskizzen lassen sich so entwickeln, ansonsten „arbeiten wir immer mit 3-D-Verfahren, nur so können wir kontrollieren, wie das Design auf dem Rumpf funktioniert”. Und das beschränkt sich nicht nur auf die visuelle Seite: „Es geht auch um die technischen Einschränkungen oder die der Luftfahrtbehörden, die wir schon früh berücksichtigen müssen. Dazu sind 3-D-Verfahren unerlässlich”.

Vollständig überlagert Didier Wolff diesen „Dauphin”-Helikopter mit einem Muster und löst so die Form zum Heck hin zunehmend auf.


Beim Lackieren dabei

Ein Entwurf kann noch so fulminant sein, die Umsetzung ist entscheidend. Daher verbringen Didier Wolff und sein Team oft viele Tage bei den Lackierspezialisten vor Ort – schließlich sind die mitunter komplexen Motive nicht einfach zu übertragen. „Unsere Entwürfe sind eben weit entfernt von gewöhnlichen Streifenlackierungen auf weißen Rümpfen”.

Die Lackierhallen übrigens, können rund um den Globus stehen – dort, wo das Flugzeug gerade einen ausführlichen Check absolviert. Denn nur dann lässt sich die zeitaufwendige Neubeschichtung einplanen. Alle sechs bis acht Jahre steht eine Neulackierung an – oder aber bei einem Eigentümerwechsel. Dann geht es um die rasche Lackierung, letztlich bedeutet auch für einen Privatjet Standzeit vor allem Kosten. „Zwei bis sechs Wochen für die Lackierung sollte man schon einkalkulieren, je nach der Komplexität des Entwurfes.” Übrigens ist auch dies mit der Grund, warum die Gestaltung meist nur den Rumpf umfasst. „Wir beziehen die Tragflächen zwar ein, aber meist sind sie weiß lackiert, ansonsten würde die Liegezeit zu lang werden.”

Für die Lackierung greift man auf spezielle Flugzeuglacke zurück, bestehend aus Primer, Base- und Clear Coat, die heute kaum noch Einschränkungen bezüglich der Farbigkeit abverlangen. Allerdings gilt das nicht so ganz für Effektlacke: „Wir wünschten, mehr davon nutzen zu können, aber aus Wartungs- und Reparaturgründen sind wir hier sehr limitiert.”

Je nach Flugzeuggröße und Entwurf läuft die Umsetzung über mehrere Wochen. Lackiert wird das komplette Flugzeug von speziell zertifizierten Wartungsbetrieben im Hangar.


Gestaltung über mehrere Stufen

Rund 50 Prozent der Aufträge betreffen Business Jets, meist von Privateigentümern, der Rest teilt sich in militärische Kunden und Airlines auf. Meist kommen die Kunden mit einer vagen Idee zu Happy Design, etwa Farben oder einem Foto; „aber sie haben natürlich kein Konzept dabei”, sagt Wolff. Die Gestaltung läuft über mehrere Stufen, von den Ideenskizzen über erste Entwürfe zur Abstimmung, dann folgt die Detaillierung dreier Varianten, die Kundenentscheidung und dann die Ausarbeitung in einer Art Blaupause, die alle Positionen der Farbflächen für die Umsetzung vermerkt.

Wobei der Entwurf nur ein Teil des Leistungsspektrums darstellt – Happy Design sucht die Lackierhallen und -teams aus, holt Kostenangebote ein, bucht die Hallenzeiten, überwacht die Lackierung, sorgt für die Zertifizierung und dokumentiert das Ergebnis für den Kunden – gerne auch in Form von Luft-Luft-Videos.

Die Röhre ist immer gleich – wo bleibt da die Herausforderung? „Hinter jedem Flugzeug steht eine Person oder eine Gruppe mit eigenen Ansprüchen und Visionen, genau das macht die Arbeit so faszinierend”, schwärmt Wolff. „Davon mache ich es abhängig, welchen Auftrag ich annehme”, der Flugzeugtyp scheint da nebensächlich. Und doch: Ein Jagdflugzeug würde ihn schon mal wieder reizen.

Die massige Erscheinung der Antonov 124 löst Wolff mit einzelnen Farbflächen auf.

Für die Lackierung greift man auf spezielle Flugzeuglacke zurück. Zwei bis sechs Wochen für die Lackierung sollte man schon einkalkulieren. Die Entwürfe sind weit entfernt von gewöhnlichen Streifenlackierungen auf weißen Rümpfen. Alle sechs bis acht Jahre steht eine Neulackierung an – oder aber bei einem Eigentümerwechsel.

Armin Scharf
Fotos: Katsuhiko Tokunaga, Sébastien Ognier
Quelle: Malerblatt 11/2013
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