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Deutscher Fassadenpreis

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Deutscher Fassadenpreis

Zum 20. Mal wird der Deutsche Fassadenpreis von Brillux ausgelobt. Das Malerblatt interviewte dazu Frank Dusny.

Herr Dusny, der von Brillux ausgelobte Deutsche Fassadenpreis feiert dieses Jahr seinen zwanzigsten Geburtstag und ist somit längst zu einer Institution geworden.Was macht dieses Erfolgsmodell aus? Der Deutsche Fassadenpreis hat eine hohe Akzeptanz bei Handwerkern und Architekten, weil eine unabhängige Jury über die Preisträger entscheidet. Die prämierten Objekte sind wegweisend und waren oft Vorreiter für verschiedene Trends.

Betrachtet man die preisgekrönten Arbeiten bei anderen Fassadenpreisen, dann fällt auf, dass die immer „das Nette, das Adrette, das frisch Gestrichene“ als Botschaft haben. Das ist doch auch nicht zu verachten, oder? Es sind beim Deutschen Fassadenpreis aber vor allem die nicht alltäglichen, die nicht stromlinienförmigen Objekte, die für Aufsehen sorgten und zu Diskussionen unter den Fachleuten aus Handwerk und Architektur führten. Wenn wir uns ansehen, was in den letzten Jahren prämiert worden ist und wie viele Objekte danach mit europäischen Architekturpreisen ausgezeichnet wurden, dann glauben wir, dass gerade die umstrittenen Preisträger notwendig sind, um zu Diskussi-onen anzuregen, um sich intensiv mit Fassaden auseinanderzusetzen. Und um gleichzeitig etwas für das Image des Handwerks zu tun und die Möglichkeiten zu zeigen, was vom Handwerk gemeinsam mit Architekten und Planern umgesetzt werden kann. Und das halte ich für ganz wichtige Punkte.


Diskussionen anregen, das hört sich rundum positiv an. Ein bisschen provozieren will ich Sie aber dennoch: Bei einem sehr umstrittenen Preisträger, der von der Architektin „MyGRÜN“ genannt wurde, gingen die Wogen hoch, ob bei Verbänden oder bei Unternehmern. Der Jury wurde damals spöttisch unterstellt, sie hätte einen Schaden an der Netzhaut. Flattern da nicht die Nerven? Wie gingen Sie damit um? Im ersten Moment war diese Jury-Entscheidung auch für mich mehr als überraschend. Wir setzten uns dann aber intensiv mit dem gewürdigten Objekt auseinander und konnten uns der Jury-Entscheidung anschließen. Man musste sich alle damals geehrten Objekte anschauen und zu dem mit Farbe äußerst zurückhaltenden „MyGRÜN“ wurde noch eine knallrote Fassade prämiert. Die Jury-Botschaft war: Schaut her, wie breit das Spektrum dessen ist, was mit Farbe alles gemacht und welche Wirkung mit Hilfe von Farbe erzielt werden kann.

Einen ähnlich lauten Aufschrei gab es ja dann noch einmal, Stichwort „dunkelbraun“. Ja, das war 2006 oder 2007 und wurde später unter „Schokohaus“ bekannt. Wenn man sich dann 2008 die Farbentwicklung anschaut, wie Braun wieder zum Trend wurde, und bei unserem Preisträger verteufelte man es noch. Das Malerblatt hatte damals diese Jury-Entscheidung in einem Cartoon ja auch auf die Schippe genommen. Aber unterm Strich war so ein Preisträger das Beste, was uns passieren konnte. Es hilft uns nicht, wenn wir nur im herkömmlichen Sinn „schöne Fassaden“ prämieren. Wir müssen Zeichen setzen. Und unsere Aufgabe ist es unter anderem, solche Entscheidungen zu verteidigen und zu erläutern. Es muss noch einmal gesagt werden, dass die Jury völlig unabhängig ist, dass da niemand versucht, Einfluss zu nehmen mit Blick auf den Umsatz oder auf die Kunden.

Aber solche unbequemen Jury-Entscheidungen kosten doch Nerven? Bei aller kritischen Betrachtung von einigen ausgezeichneten Objekten steckt in jeder Diskussion immer auch etwas Positives. Das heißt, die Menschen beschäftigen sich damit, setzen sich mit den Preisen auseinander und tragen auch zur Weiterentwicklung dieser ganzen Geschichte bei. Und das bringt letztlich auch mehr Akzeptanz und eine größere Wertigkeit für den Deutschen Fassadenpreis.


Haben davon auch Ihre Kunden und das ganze Malerhandwerk etwas?
Ja natürlich! Wenn man sich über die zuerst umstrittenen Preisträger unterhält, darüber diskutiert, dann trägt das einfach auch dazu bei, den Handwerkern und auch den Architekten Mut zu machen, offensiver mit Fassaden und Farbgestaltungen umzugehen und gleichzeitig die damit verbundene handwerkliche Leistung, also die Ausführung, in den Fokus zu stellen. Das Ganze in dieser Kombination, die Zusammenarbeit von Handwerkern, von Architekten und Planern, das ist, glaub’ ich, das Erfolgsgeheimnis des Deutschen Fassadenpreises.

Will er sich gerade damit auch von dem halben Dutzend anderer Fassadenpreise abheben? Ja, das ist seine Stärke, genau diese Kombination aus diesen drei Komponenten. Ich habe auf der einen Seite die Fassade, also die architektonische Ausführung. Dann habe ich die Farbe als ganz, ganz wichtiges Segment und dazu als Drittes die handwerkliche Ausführung. Das Zusammenspiel dieser Faktoren ist genau das, was die Ergebnisse ausmacht bei unserem Wettbewerb. Außerdem redet der Deutsche Fassadenpreis auch über die Farbigkeit an der Fassade, was bei manch anderem Preis eben nicht so ist. Aber gerade die Farbe, der wichtigste Aspekt einer Fassade in der städtebaulichen Betrachtung, wird in dem von Brillux geschaffenen Preis explizit gewürdigt.


Gehen wir einmal in die Historie und zurück zu den Anfängen. Wer hatte denn den ersten Gedanken, die erste Idee für den Preis auf den Tisch gelegt? Die Grundidee entstand 1989 bei uns im Hause um die ganzen Aktivitäten rund um den Fassadenclub damals, der ja heute der Brillux KundenClub ist. Und der Ansatz, den wir immer auch mit anderen Marketing-Maßnahmen verfolgten, war der, gemeinsam mit dem Handwerk etwas für das Image des Maler- und Stuckateurhandwerks tun zu können. Für uns war maßgebend, dass man die Leistung am besten über das fertige Ergebnis darstellen kann, in diesem Fall eben über die Fassade. Daraus wurde dann der Fassadenpreis, mit dem wir 1991 starteten.

Und wie wurde damals dieser neu geschaffene Wettbewerb in der Praxis bekannt gemacht? Die erste Runde wurde schwerpunktmäßig über die Außendienstmitarbeiter kommuniziert. Damals konnte noch keiner wirklich sagen, ob das angenommen wird, wie sich das entwickelt. Und es dachte auch noch keiner daran, dass ein solcher Preis zur „Dauereinrichtung“ werden könnte, die nach 20 Jahren einen so hohen Stellenwert und eine solche Akzeptanz hat.

Mussten die Betriebe zur ersten Teilnahme motiviert werden? Teilweise ja. Unsere Außendienstmitarbeiter sprachen mit einzelnen Betrieben und überlegten gemeinsam mit ihnen, welche Objekte in Frage kommen. Das ist der Vorteil unseres Direktvertriebs, weil wir eben immer mit Kunden und Partnern sprechen können. Mancher Hersteller, der über den Händler geht, weiß dann gar nicht, wo die Farben letztlich landen. Das alles hat uns natürlich den Start vereinfacht.

Wie viele Einreichungen gab es in der ersten Runde und wie war die weitere Entwicklung? Gab es Schwankungen? Wir hatten gleich am Anfang 54 Einreichungen. Nein, Schwankungen gab es nicht, die Kurve ist ständig nach oben gegangen und wir sind heute in einem Bereich von 400 Objekten, die der Jury in jedem Jahr vorliegen.


Wer saß in der Ur-Jury? Spontan fallen mir Klaus Halmburger von der Mappe, Peter Hartmann vom Maler- und Lackierermeister, Armin Scharf vom Malerblatt und Heinz W. Krewinkel von GLAS ein. Das waren die Hauptstreiter der ersten Jury.

Die Jury ist ja seither deutlich größer geworden. Stimmt. Das hat damit zu tun, dass wir 1991 im Rahmen des Fassadenclubs starteten und die Teilnehmer zuerst auf das Handwerk beschränkt hatten. Wir öffneten uns dann aber 1998, das heißt, dass wir dann auch die Architekten und Planer dazu nahmen. Dadurch erweiterte sich auch die Jury entsprechend und der Deutsche Fassadenpreis wurde auch über die Architekturmedien kommuniziert.

Hat sich das auf die Menge und auf die Qualität der Einreichungen ausgewirkt? Es kamen von Anfang an zusätzlich ein paar außergewöhnliche Objekte. Aber es hat schon zwei, drei Jahre gedauert, bis sich der Deutsche Fassadenpreis in seiner neuen Form positioniert hat. Die Gruppen, also Handwerker, Architekten und Auftraggeber, mussten erst zusammenkommen. Das brauchte Zeit, doch mittlerweile ist der Deutsche Fassadenpreis sehr gut akzeptiert. Inzwischen reichen immer mehr Handwerker und Architekten ihre gemeinsam gestalteten Arbeiten ein.


Das waren rückblickend die positiven und auch die negativen Erfahrungen? Das Positivste insgesamt ist die Entwicklung, die der Deutsche Fassadenpreis genommen hat, sowie die Akzeptanz und der Stellenwert, die er heute im Markt hat. Das hat sicherlich zum Teil auch mit der Jury zu tun, die immer neutral und unabhängig auftrat. Negative Erfahrungen machten wir nie. Zwar gab es eine Reihe von kritischen Diskussionen, gerade auch im Zusammenhang mit den erwähnten Objekten, die einen Preis bekamen. Aber auch diese Diskussionen bewirkten letztlich nur Positives, zum einen, dass man sich noch intensiver mit dem Thema Fassade, Fassadengestaltung und Ausführung von Fassaden beschäftigte und zum andern, dass das auch zur Weiterentwicklung des Fassadenpreises beitrug. Und überhaupt ist jede kritische Diskussion besser als gar keine Diskussion.

War Ihnen bewusst, dass einzelne Objekte solche Wellen auslösen und solche Streitgespräche bringen würden? Selbstverständlich! Das gehört einfach auch zu einem Fassadenpreis, dass man dort nicht nur „normale“ Fassaden auszeichnet, sondern durchaus auch mal extreme Vorreiterfassaden prämiert. Dadurch war es erst möglich, provokant den Handwerkern und Architekten aufzuzeigen: Es geht eben auch anders. Die Ergebnisse sprechen auch für den Mut und für dieses Vorausschauende der Jury. Wichtig war uns, dass man mit dem Deutschen Fassadenpreis wirklich Trends aufnimmt. Entwicklungen leben auch vom Ausprobieren, wie es wirkt und ankommt.

Wo soll der Weg des Deutschen Fassadenpreises hingehen? Wie sieht Ihr Ausblick aus? Wir werden auf jeden Fall diesen seit 20 Jahren erfolgreich beschrittenen Weg fortsetzen und versuchen, den Stellenwert noch weiter auszubauen und damit auch das Image des Maler- und Stuckateurhandwerks weiter zu stärken. Und um unsere Verantwortung für die Baukultur weiterhin zu signalisieren. Es ist ja auch Lebensraum, der da gestaltet wird, es sind soziale Werte.

Ulrich Schweizer

 

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