Startseite » Gestaltung » Inspiration »

Villa Patumbah, Zürich

Inspiration Malerblatt Wissen
Villa Patumbah, Zürich

Die Villa Patumbah in Zürich zählt zu den prachtvollsten historischen Villenbauten in der Schweiz – nun wurde sie renoviert.

Zwei Jahre nach Baubeginn konnte Karl Fürchtegott Grob 1885 den Hausschlüssel in Empfang nehmen. Grob, durch eine Tabakplantage im überseeischen Sumatra zu viel Geld gekommen, dürfte äußerst erfreut gewesen sein: Die nach seinen Vorgaben errichtete Villa mit großzügiger Parkanlage vereinte ganz im Sinne des damals populären Historismus Stilelemente der Gotik, Renaissance und des Rokokos zu einem äußerst repräsentativen Ganzen.

Aus dem Vollen geschöpft

Dabei ging der Bauherr auch neue und ungewöhnliche Wege. Für die möglichst detailgetreue Nachbildung der Fassade eines Renaissancepalastes mit ihren Säulen, Nischen und Verzierungen ließ er aus Italien Carrara-Marmor und Veroneser Kalkstein liefern – für die Region recht untypische Materialien. Neuland betrat er auch mit der Anwendung einer neuen Technik, die hier erstmals in der Schweiz erprobt wurde: die Fassadengestaltung mit Keimschen Mineralfarben. Sie erlaubte es dem Besitzer, auch unter den in der Nordschweiz vorherrschenden klimatischen Bedingungen farbige Malereien im Außenbereich anbringen zu lassen. Dazu gehörten sowohl dekorative Elemente wie Vögel, Schmetterlinge oder Blüten als auch Illusionsmalereien, die eine in Marmor ausgeführte Fassade vortäuschten.

Im Inneren der Villa setzte sich das lustvolle Zitieren aus dem kunsthistorischen Schatzkästlein vergangener Epochen und Kulturen fort. Salon und Herrenzimmer im Stil der Renaissance mit bemalten, kassettierten Decken beanspruchten wie selbstverständlich neben gotisch ausgestatteten Räumen oder dem Damenzimmer im Rokoko-Stil ihren Platz. Recht ungewöhnlich für Zürcher Verhältnisse und vielleicht ein Verweis auf eine gewisse Exzentrik des Bauherrn ist die im Zentrum der beiden oberen Geschosse liegende Halle, die Grob sich als hinduistischen Tempel gestalten ließ. Sie wird von einer farbigen Glaskuppel mit aufgemalten Glücksdrachen überwölbt, während fernöstliche Schnitzereien und Malereien die umlaufende Galerie schmücken.

In einem Zimmer im Gartengeschoss kam eine Stuckdecke mit aufgemalten Spielkarten, einem Brettspiel und vielen, heute vergessenen Spielgeräten zum Vorschein.


Schwierige Sanierung

Eigentümerwechsel, Vernachlässigung und Verfall setzten der Villa im Laufe ihrer mittlerweile über hundertjährigen Geschichte arg zu. Malereien verschwanden unter mehreren Schichten von Übertünchungen, Stuckverzierungen litten unter Schmutzablagerungen, aufgrund ungünstiger klimatischer Verhältnisse machten sich Feuchteschäden breit und an der Fassade bröckelten die ornamentalen Verzierungen. Eine 1995 gegründete „Stiftung zur Erhaltung des Patumbah-Parks” hatte sich lange Jahre bemüht, einen Weg zur Erhaltung des gesamten Ensembles von Villa und Park zu finden. 2006 richtete sie den Fokus auf die Restaurierung von Wohngebäude und angrenzendem Kutscherhaus und nannte sich in „Stiftung Patumbah” um. 2010 begann man mit ersten Renovierungs- und Befundarbeiten. Ein Jahr später waren an fast jeder Wand und Decke unter dem Anstrich farbige Malereien zutage getreten – Motive aus der Tier- und Pflanzenwelt, aus der Mythologie oder auch Grotesken. Eine Herkulesaufgabe für eine Restaurierung unter denkmalpflegerischen Aspekten. Das vorhandene Budget reichte zunächst nicht aus, um alle Wand- und Deckenmalereien zu restaurieren. Weitere Stiftungen und private Sponsoren brachten zusätzliche Gelder auf, trotzdem konnte bis zuletzt nicht alles in gewünschtem Umfang wiederhergestellt werden.

Aus dem Verborgenen geholt

Dennoch: Seit dem Abschluss der Renovierung im Mai 2013 erstaunt die Villa wieder mit ihrer Üppigkeit. Als Mieter ist der Schweizer Heimatschutz mit einem Zentrum für Baukultur eingezogen und hat im Erdgeschoss eine Dauerausstellung eröffnet. Auch die Räume im zweiten Obergeschoss können im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Die opulente Ausschmückung der Villa vermittelt heute einen lebendigen Eindruck vom Geschmack des Bauherrn und seiner Zeit. Leider konnte er seinen Prachtbau nicht lange genießen: Im siebten Jahr nach dem Einzug der Familie starb er an einer Tropenkrankheit.

Die Instandsetzung der Stuckverzierungen und Malereien war eine große Herausforderung.

Villa und Park

Die Villa Patumbah ist öffentlich zugänglich (Mi, Fr, Sa von 14–17 Uhr, Do und So von 12–17 Uhr), Führungen durch die Villa und Baukultur-Ausstellung werden jeden Donnerstag und jeden letzten Sonntag im Monat angeboten.

Villa Patumbah und Park
Zollikerstraße 128
8008 Zürich
Schweiz

 

Armin Scharf
Fotos: Stiftung Patumbah
Quelle: Malerblatt 12/2013
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Malerblatt 3
Ausgabe
3.2024
ABO
Malerblatt Wissenstipp

Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Malerblatt-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Malerblatt-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de