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Fassadengestaltung (4)

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Fassadengestaltung (4)

Teil 4: Bei jeder Farbgestaltung einer Fassade muss sich der Planer mit dem Umfeld befassen.

Zwei zentrale Fragestellungen befassen sich mit dem sogenannten Umfeld des zu bearbeitenden Objektes: Ist die von mir zu gestaltende Fassade eingebunden in einen historischen Straßenzug oder ein modernes Neubaugebiet? Soll mein zu gestaltendes Objekt eine besondere städtebauliche Situation hervorheben und kennzeichnen oder sich zurücknehmen und unauffällig wirken oder hat – im besonderen Fall – das Gebäude als Industrieobjekt ein Alleinstellungsmerkmal?

Bei jedem Planungsobjekt muss sich der Gestalter immer mit dem vorgege- benen Umfeld auseinandersetzen. Ein Reihenhaus unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten als ein freistehendes Ein- oder Mehrfamilienhaus. Ein Bürogebäude setzt andere Maßstäbe als ein Industriekomplex oder ein zu Wohnzwecken dienendes Objekt. Einen besonderen Stellenwert haben bei solchen Überlegungen immer der Denkmalschutz und die Gestaltungssatzungen von Kerngebieten historisch gewachsener Städte. Liegt mein Objekt im Bereich einer städtebaulich als Sonderbereich ausgewiesenen Zone, so sind bestimmte gesetzliche Auflagen zu berücksichtigen. Der Gemeinderat einer Stadt kann Gestaltungssatzungen erlassen, die neben formalen Aussagen auch die Themen Farbigkeit, Materialwahl, Architekturdetails und Werbeanlagen mit beinhalten. Genau diese Bereiche berühren in der Regel auch das Maler- und Lackiererhandwerk. Werbungen dürfen zum Beispiel in einigen Städten nur indirekt beleuchtet werden und Beschriftungen nicht als Leuchtreklame, sondern lediglich als Bemalungen auf die Fassade gebracht werden.

Zentrale Fragestellung: Wie passe ich mein Farbkonzept in das umgebende Umfeld ein?

Auch werden in diesen Satzungen oft Farbtöne nur im Lokalkolorit, der in der Umgebung des Ortes vorkommenden Farbigkeit vorgeschrieben. Dies bedeutet manchmal eine Einschränkung der Farb- und Materialwahl. Besonders bei denkmalgeschützten Objekten ist unbedingt auf die Rücksprache mit den zuständigen Behörden, dem Stadtplanungsamt und der jeweiligen Denkmalschutzbehörde zu achten. Unter dem Begriff „Gestaltungssatzung“ zeigt uns das Internet eine Reihe von bebilderten Beispielen.

Prägendes Umfeld

Das klassische Schwarzwaldhaus ist geprägt durch ein riesiges Dach, das friesische Bauernhaus ist mit Klinkern verkleidet und hat ein mit Reet gedecktes Dach und das Bürgerhaus in einer schwäbischen Kleinstadt ist verputzt, hat eine Biberschwanzdeckung und Klappläden. Jedes Umfeld, jede Landschaft prägt auch ihre ortstypische Bauweise und Architektur. Geschichtlich gesehen, hat man früher beim Bauen immer die Materialien verwendet, die in der Umgebung vorkamen. Auch beim Anstrich hat man auf in der Gegend vorkommende Kalk- oder Ockergruben zugegriffen, um die Häuser damit zu weißeln oder zu gestalten. Kalk hatte zusätzlich immer eine desinfizierende Funktion und die Intervalle, ein Haus in Farbe zu tünchen, waren wesentlich kürzer als heute. Auf der griechischen Insel Santorin werden auch heute noch die Häuser jährlich frisch gekalkt – heute jedoch mehr aus denkmalpflegerischen und touristischen Gründen. Auch in Stuttgarter Treppenhäusern wurde das frische Weißeln der Treppe in Einzelfällen noch bis in die 80er-/90er- Jahre hinein praktiziert. Neuerdings ist es kein Problem, Marmor oder andere Natursteine aus dem fernen Osten oder Südamerika zu importieren und damit Häuser in Niederbayern, auf der Schwäbischen Alb oder der Lüneburger Heide zu verkleiden. Hier stellt sich die Frage, ob das unbedingt sein muss und wie das vorhandene Umfeld diese Eingriffe verträgt.

Für dieses ockerfarbene Fachwerk wurde der Farbton aus dem gegebenen Umfeld abgeleitet.

Die Nutzung

Welche Bewohner werden das Objekt in der Zukunft nutzen? Befinden wir uns in einem Gebiet, in welchem sich vornehmlich junge Familien mit Kindern angesiedelt haben, oder in einem „stylischen“ Yuppie-Areal? Oder liegt eine gemischte Wohnform von Kleinbetrieben mit Geschäften und alten und jungen Mitbewohnern vor? Bei jedem Projekt stellt sich dem Bearbeiter eines Objektes immer die Frage nach dem Nutzer und auch nach dessen „Lieblingsfarben“. Bei den Beratungsgesprächen zur Objektgestaltung muss der Gestalter eine besondere Sensibilität mitbringen, denn nicht jede Lieblingsfarbe fügt sich in eine gegebene Situation ein. Mit 48 Prozent sprechen sich die Deutschen für die Farbe Blau als Lieblingsfarbe aus. Eignet sich Blau aber auch, um unsere Fassaden damit zu gestalten? Fundierte Kenntnisse über die Wirkung von Farbe im Raum und im Umfeld können uns bei der Begründung eines Farbkonzeptes sehr gut helfen. Sind die vorgetragenen Argumente stichhaltig, lässt sich der Bauherr auch gerne von der Richtigkeit der Farbwahl überzeugen.

Ortsübliches Fachwerk, eingebunden in die historische Farbgebung von Bad Staffelstein.

In einer Umfrage des Verbandes der Deutschen Farben- und Lackindustrie im Jahr 2012/13 wählten etwa 30 Prozent der Hauseigentümer die Farbe „Weiß“, 20 Prozent die Farbe Gelb, 15 Prozent die Farbe Beige und ca. 12 Prozent die Farbe Rot als die Farbe, in welchem sie ihr Haus am liebsten streichen würden. Die Farbtöne Blau, Grün, Orange, Braun und Grau lagen dagegen in einem Bereich zwischen drei Prozent bis fünf Prozent. Aus dieser Statistik ist eine besondere Vorliebe für warme, erdfarbige Farbtöne abzulesen, welche auch in unserer bauhistorischen Tradition immer wieder für Fassadenanstriche gewählt wurden. Wir sehen, dass wir uns auf einfache Statistiken und Umfragen nach der sogenannten Lieblingsfarbe nicht immer verlassen können.

Dieser ehemalige Plattenbau in Dresden erhielt durch die Farbgebung ein Alleinstellungsmerkmal.

In anderen Fällen kann es auch wichtig sein, bestimmte Erscheinungsbilder wie z.B. ein Corporate Identity oder ein Corporate Design einer Firma, mit in die Konzeption einzubeziehen. Haben wir ein Alleinstellungsmerkmal in einem Industriegebiet, ist das in der Regel kein Problem, in Innenstadtlagen kann es bedingt durch vorgegebene, örtliche Gestaltungssatzung aber zu einem Problem werden. Und schließlich spielt immer wieder das Geld eine nicht unwichtige Rolle. Nicht immer ist der günstigste Anbieter auch der beste – eine gute Qualität, sowohl im Material wie in der Ausführung, hat immer ihren Preis. Leider ist das Bewusstsein hierfür aber bei vielen Kunden nicht vorhanden. Hier ist es von Nöten, Überzeugungsarbeit durch eventuelle Referenzen zu leisten. Natürlich habe auch ich als Gestalter bestimmte Farbvorlieben oder auch Abneigungen gegenüber bestimmten Materialien und Farbtönen, vielleicht habe ich auch schon einen eigenen, ablesbaren Stil geprägt, – auch das lässt sich dem Kunden gegenüber durch das Aufzeigen verschiedener Referenzobjekte sicher gut deutlich machen.

Prof. Matthias Gröne, HS Esslingen

Quelle: Malerblatt 2/2015

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