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Stimmige Farbgestaltung

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Stimmige Farbgestaltung

„Convenience” wird mit Bequemlichkeit übersetzt. Farbe, Materialien und Licht sollen in Beziehung zueinander stehen.

Convenience wohin man auch schaut – beispielsweise beim Essen. Da werden Nahrungsmittel so verändert und mit Zusatzstoffen angereichert, dass man vor allen Dingen schnell seinen Hunger stillen kann, also mit minimalem Aufwand einfach und bequem zum Essen kommt. Kann so gesunde Ernährung, Essenskultur und Qualität aussehen?

Und wie ist das jetzt mit der Kleidung, die wir tragen, dem Stuhl, auf dem wir sitzen, dem Schrank, dem Sofa, dem Bodenbelag, der Farbe an der Wand? Ist das auch so wie beim Essen? Wie viele Hersteller gibt es, die Kleidung, Möbel, Farben oder Bodenbeläge noch mit weitgehend naturbelassenen Materialien produzieren, und nicht mit billigen Ersatzstoffen und vielen überflüssigen Kunststoffen? Und wir nehmen das in Kauf, weil es viel einfacher und bequemer ist? Alles gut? Alles bequem, alles Convenience. Wir Menschen haben unsere Sinne über Tausende von Jahren in direkter Interaktion in und mit der Natur entwickelt. Das bedeutet, schon von Anfang an sind wir auf die Natur eingestellt. Das Sonnenlicht beispielsweise steuert unseren Hormonhaushalt und unseren Biorhythmus.

Harmonie und Vielschichtigkeit

Brauchen wir deshalb den Blick in die Natur, hilft deshalb die Sicht aus dem Fenster ins Grüne, dass wir uns wohler fühlen? Studien belegen, dass sogar der Patient im Krankenhaus schneller gesund wird, wenn er durch sein Fenster Bäume, Wiesen, Natur sehen kann. Die Natur wirkt immer harmonisch, Farben, Materialien, Oberflächen und Licht stehen miteinander in Beziehung. Um diese Fülle und Vielschichtigkeit erfahren, erkennen, lesen zu können, hat sich der Mensch multisensorisch entwickelt und braucht daher die umfassende Stimulation seiner Sinne für sein Wohlbefinden – allein schon der Blick in die Natur durch ein Fenster stimuliert alle unsere Sinne.

Mit der Farbe Rot soll häufig eine Assoziation zur Natur im Raum erzeugt werden.

Eindimensionale Stimulation

Betrachten wir dagegen unsere Wohnräume. Sehr beliebt sind beispielsweise diese einfarbigen, mohnrot gestrichenen Wände. Warum ausgerechnet mohnrot? Die rote Wand analog zur Mohnblüte in der Natur? Kann diese Assoziation zur Natur im Raum so erzeugt werden? Die Farbigkeit der Mohnblüte auf der Wiese steht immer im Kontext zu ihrer sie umgebenden Landschaft, sie ist eingebunden, verstärkt durch die komplementäre Ausmischung aller Farbtöne. Im Gegensatz dazu, die beliebte mohnrote Wand. Das Rot, eindimensional, monochrom, platziert meist an willkürlicher Stelle – isoliert im Raum.

Und was passiert, wenn unsere multisensorische Aufnahmefähigkeit nur eindimensional stimuliert wird? Beziehungslosigkeit in Farbgebung, Architektur und Gestaltung – Christian Rittelmeyer hat diese Thematik und ihre Auswirkung auf den Menschen über mehrere Jahre untersucht. Dabei fand er heraus, dass es Räume und Gebäude gibt, die uns innerlich bewegen, und solche, die uns erstarren lassen. Diese Erstarrung ist messbar: Die Pupillen verengen sich, der Herzschlag wird beschleunigt. Wir versuchen uns vor dem Anblick zu schützen und empfinden gleichzeitig Stress, ob wir wollen oder nicht.

Ausbalanciertes Sinnesmilieu

Räume, die uns innerlich bewegen, besitzen dagegen ein ausbalanciertes Sinnesmilieu. Farbe, Material, Oberfläche und Licht treten in einen Dialog, ähnlich wie in der Natur, das eine macht das andere sichtbar. Räume, die uns innerlich bewegen, begegnen uns in unserem täglichen Umfeld eher selten. Hauptsache: pflegeleichte, benutzerfreundliche Materialien. Dazu schnell noch ein bisschen Farbe an die Wand. Das führt uns mit Sicherheit in die sinnliche Verarmung, ganz sicher in die Erstarrung. Abgesehen von den Problemen aus medizinischer und baubiologischer Sicht, die durch den allumfassenden Einsatz von Kunststoffen, Holzersatzstoffen und Metallen entstehen können.

Alles Convenience? Wenn es denn sein muss – so wenig wie möglich – wie bei unserem Essen. Ansonsten hilft in jedem Fall und immer der Blick in die Natur – um zu lernen, um unsere Sinne zu schärfen für Räume, in denen Farben, Materialien, Oberflächen und Licht zueinander in Beziehung stehen. Für Räume, die uns innerlich bewegen, damit uns – wie der Blick nach außen ins Grüne – auch der Blick nach innen in unsere Lebens- und Arbeitsräume guttut.

 

Claudia Bau
Quelle: Malerblatt 02/2014
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