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Farbgestaltung von Kliniken

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Farbgestaltung von Kliniken

Wirkt die Farbe eines Raumes auf die Menschen darin? Kann sie gar einen Einfluss auf den Genesungsprozess nehmen?

Fragen, mit denen sich schon viele Gestalter beschäftigt haben. Geht man zunächst physikalisch-psychologisch an dieses Thema, dann kann man zusammenfassen, dass der Mensch Farben nur wahrnehmen kann, wenn er Licht zur Verfügung hat. Ohne Licht, also in völliger Dunkelheit, gibt es keine Farben. Dabei ist Licht nicht gleich Licht. Unterschiedliche Wellenlängen erzeugen unterschiedliche Farben, was bei einem einfachen Versuch mit einem Prisma deutlich wird. Hält man dieses in einen Lichtstrahl, so werden Farben und damit die einzelnen Lichtwellen sichtbar.
Doch wenn man von Wellenlängen spricht, dann physikalisch auch von Energie. Wie Mikro- oder Radiowellen um uns sind, so sind auch Lichtwellen vorhanden und üben einen Einfluss auf uns aus. Ein einfaches Beispiel: Mit der Farbe Grau verbindet man eine triste Stimmung und Blau, Weiß und Gelb erzeugen positive Gefühle.
Dass einzelne Lichtstimmungen eine direkte Auswirkung auf den Menschen haben, ist auch der Medizin bekannt. So werden depressive Patienten erfolgreich mit Licht behandelt, das die Eigenschaften eines sonnigen Tages hat. Die positive Wirkung wird dabei erzielt, weil das Licht im Körper die Produktion von Glückshormonen wie etwa dem Serotonin unterstützt.


Einfluss auf kranke Menschen

Und welchen Einfluss haben diese Aussagen auf die Gestaltung von Räumen für die Behandlung von kranken Menschen? Einen wesentlichen, denn das Wissen und die aus indischer, chinesischer und anthroposophischer Lehre gewonnenen Erkenntnisse fließen heute in die Planung mit ein.
Bei der HWP Planungsgesellschaft aus Stuttgart, die sich auf den Bau von Gebäuden im Gesundheitssektor spezialisiert hat, kümmern sich Innenarchitekten um das große Feld der Licht- und Farbstimmungen. Ein Trend ist dabei eindeutig: Die Zeiten trister, weißer, klinisch wirkender oder dunkler Räume im Gesundheitssektor sind vorbei. Licht und damit Helligkeit spielen eine ebenso wichtige Rolle wie der Einsatz von Farben. Und gerade die Farbgestaltung wird nicht oberflächlich behandelt. So achten die Innenarchitekten bei HWP neben der Wirkung von Farben auch auf deren kulturelle Bedeutung. Die Farbe Grün etwa ist in islamischen Ländern religiös konnotiert, was in christlichen Ländern nicht der Fall ist.
Als international tätiges Unternehmen plant und baut HWP Kliniken und Gesundheitszentren in Asien, im Mittleren Osten oder Europa. Gerade entstehen ein Gesundheitszentrum in Wuhan, China sowie eine Klinik und Forschungseinrichtungen für die Universität von Qassim, Saudi-Arabien.


Gezielter Farbeinsatz

Beiden Entwürfen gemeinsam ist der gezielte Einsatz der Farben, der auch deren Wirkung über die kulturellen Grenzen hinweg berücksichtigt. Empfehlungen werden mit einbezogen: Wände hinter den Patientenbetten sowie in Untersuchungsräumen sollen danach beispielsweise farblich neutral sein. Dies hat einen einfachen Grund. Die Arbeit der Ärzte wird erleichtert, da diese in ihrer Anamnese auch eine Blickkontrolle der Haut vornehmen. Befindet sich der Patient in einem Raum mit roten Wänden, kann dessen Haut beispielsweise gerötet wirken, ohne dies zu sein. Farblich neutral zu halten sind außerdem alle Wände, die eine Reflexion in einem Spiegel erzeugen. Gerade im Bad oder im Ankleidebereich keine zu vernachlässigende Komponente, da Patienten bei grauen, blauen oder grünen Wänden den Eindruck erhalten könnten, eine schlechte Gesichts- und Hautfarbe zu haben. Dies führt zu einer unnötigen Beunruhigung, die den Behandlungs- und Genesungsprozess beeinflussen kann.
Neben diesen Punkten wird aber auch auf die direkte, positive Wirkung von Farben gesetzt. So ist es zwar wissenschaftlich nicht bis ins Detail erwiesen, dass bestimmte Farben einen signifikanten Zusammenhang mit dem Heilungsprozess bestimmter Krankheiten haben, doch alleine der Aspekt der positiven psychischen Wirkung ist nicht zu vernachlässigen. Farblich gestaltete Wände oder Decken in Wartebereichen, in Untersuchungszimmern oder in Patientenzimmern bieten eine willkommene Abwechslung für das Auge und lenken den Patienten ab. Wo früher weiße Wände dominierten sind deshalb heute Farbakzente und durchgängige Farbkonzepte an der Tagesordnung. Zudem werden Farben eine positive Wirkung auf den Gemütszustand nachgesagt: rote, orange und gelbe Farbtöne wirken aktivierend, grüne und blaue Farben haben eher eine beruhigende und regenerative Wirkung auf den Körper. Erklärt wird dies auch mit der Farbwahrnehmung im Wechsel der Tageszeiten, bei der Gelb, Orange und Rot für den Tag und Grün sowie vor allem Blau für die Nacht stehen.


Farbe als Wegweiser

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, der für den durchdachten Farbeinsatz spricht. Verwirrte Patienten, ältere Menschen mit eingeschränkter Orientierung und selbst Angehörige finden sich in den teilweise sehr großen und komplexen Anlagen von Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen nicht so leicht zurecht. Hier hilft es, wenn Farben die Orientierung erleichtern und wie Leitlinien durch das Gebäude führen. So wird empfohlen, dass Erschließungsbereiche auch farblich als solche erkennbar sind und eine andere Gestaltung erhalten als Aufenthaltsbereiche. Zudem helfen unterschiedliche Farben dabei, die eigene Station, das Zimmer oder den Untersuchungsbereich zu finden. Damit dient die Farbe als Wegweiser.

Der richtige und durchdachte Einsatz von Farben für den Gesundheitssektor ist keine unnötige Spielerei der Gestalter, sondern ein wichtiger Faktor bei der Planung. Denn wenn Farben eine positive Wirkung auf die Genesung haben, dann lohnt sich der Einsatz von Gestaltern und Handwerkern, eine angenehme Atmosphäre für die Patienten zu schaffen.

Marc Nagel
Quelle: Malerblatt 12/2010


Farbgestaltung in Kliniken
Ein Patientenzimmer im Krankenhaus der Universität Al Rajhi in Saudi-Arabien. Sanfte Farben erzeugen eine warme Stimmung.Fotos: HWP Planungsgesellschaft mbH, Stuttgart

Farbgestaltung in Kliniken
Ein typisches Kinderkranken- zimmer des Lehrkranken- hauses in Tongji: Bunte Vorhänge und eine freundliche Atmosphäre sollen gerade den Kindern die Angst vor dem Krankenhaus nehmen.

Farbgestaltung in Kliniken
Helligkeit und eine sanfte Färbung, die in blaue und grüne Farbtöne geht, prägen das Patienten- zimmer des Lehrkranken- hauses in Tongji.

Farbgestaltung in Kliniken
Empfangsbereich der BDH-Klinik in Greifswald. Farblich abgesetzt vom öffentlichen Eingangsbereich ist der Service-Bereich des Empfangs.

Farbgestaltung in Kliniken
Wartezone der BDH-Klinik: Auch hier wurde der Sitzbereich vom Flur abgesetzt. So bildet die unterschiedliche Farbgestaltung eine eigene Zone.

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