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Farbgestaltung am PC Teil 12

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Farbgestaltung am PC Teil 12

Teil 12: Digitaler Farbatlas 5.0 – das bewährte Universalwerkzeug, jetzt in neuer fast unschlagbarer Version.

Bereits in den Jahren 2009 und 2010 stellten wir in der Reihe „Farben klicken“ Methoden vor, wie Farbgestaltung mithilfe des PCs funktionieren kann. In loser Reihenfolge werden wir Sie im Rahmen dieser Serie über Neuheiten informieren.

Im Februar 2009 berichteten wir in dieser Reihe über die Vorzüge des „digitalen Farbatlasses’“ als schnelles Nachschlagewerk für zahlreiche Farbkataloge und als nützliches Hilfsmittel für alle farbigen Computeranwendungen.

Der digitale Farbatlas ist das ideale Instrument, wenn es darum geht, Farbtöne aus Farbfächern oder Atlanten zu finden und zu vergleichen und anschließend in einem Grafikprogramm wie z.B. Photoshop am Computer hochpräzise anzuwenden. Nach über zwei Jahren Entwicklungsarbeit ist ab sofort die neue Version 5.0 erhältlich.

Das Rückgrat der Software ist eine einzigartige Datenbank von mittlerweile über 300.000 Messwerten, die sämtlich nach der exakt gleichen Methode und somit hochkonsistent mit dem Photospektrometer in jahrelanger Handarbeit aufgenommen wurden. Die Anzahl der eingemessenen Farbkataloge und Systeme wurde um 50 Prozent auf über 300 erweitert.

Der digitale Farbatlas 5.0 beinhaltet praktisch alle Baufarbkollektionen namhafter Hersteller für innen und außen, internationale Farbstandards und Normen, aber auch Folien, Druckfarben und Künstlerfarben, die alle nach Anwendungsbereichen übersichtlich in Gruppen geordnet sind. Der digitale Farbatlas 5.0 ist von unschätzbarem Nutzen auch für die Druckvorstufe, da die üblichen Korrekturen über ICC-Profile in der Genauigkeit bei Weitem übertroffen werden durch die exakte Vermessung von bis zu 65.000 Feldern des DCC-Book ohne Interpolation.

Harmonierechner, rechts das Fenster für die Feinabstimmung.


Es kursieren im Internet auf den Seiten der Hersteller zahlreiche Farbpaletten im RGB-Format für Grafikanwendungen in sehr unterschiedlicher Qualität, die meisten davon sind kostenlos. Diese haben aber technisch bedingt immer nur für ein bestimmtes Gerät Gültigkeit, nämlich dasjenige, mit dem sie erstellt wurden. Auf einem anderen Gerät, z.B. Ihrem Bildschirm, sind sie wertlos, weil sie verändert wiedergegeben werden. Der digitaler Farbatlas 5.0 dagegen verwendet das L*a*b*-Format, das vollständig geräteunabhängig ist und von jedem Computer exakt weiterverarbeitet wird, besonders dann, wenn es sich um ein kalibriertes und profiliertes System handelt.

Nach Programmstart zeigt sich eine Leiste mit 13 Schaltflächen, die praktischerweise immer im Bildschirmvordergrund bleibt. Diese Oberfläche kann fünf verschiedene Gestalten annehmen, eine davon winzig klein, damit sie nicht stört, eine andere kann als raffinierte Alternative den Standardfarbwähler der Grafikprogramme ersetzen.

Farbfinder

Der Klick auf die Schaltfläche „Farbwerte“ (ganz oben) zeigt Ihnen die ganze Pracht des Farbenbestands in der Datenbank, die Sie auf Wunsch auch einzeln bildschirmfüllend betrachten können. Die Festlegung auf den allgemeinverbindlichen sRGB-Standard in den Benutzereinstellungen des Programms bewirkt, dass die Bildschirmdarstellung den Vergleich mit dem Originalmuster nicht zu scheuen braucht und eine stets gute Übereinstimmung zeigt. Sollte Ihr vorhandener Monitor technisch dazu in der Lage sein, können sie auch den wesentlich größeren Adobe-RGB-Farbraum zugrunde legen. In der Dropdownliste oben wählen Sie die gewünschte Kollektion und es genügt, im Texteingabefeld unten die ersten Buchstaben oder Zahlen des Farbnamens einzugeben und schon haben Sie gefunden, was Sie suchen. Das Dialogfeld zeigt Ihnen nicht nur an, wie die Farbe am Bildschirm aussieht, sondern wie diese in verschiedenen computerrelevanten Systemen codiert ist und mit welchen Werten für den Vierfarbdruck die bestmögliche Wiedergabe für die einschlägigen Papiersorten erzielt wird. Eine Schaltfläche ermöglicht Ihnen, die Farbprobe als kleines Pixelbild in die Windows-Zwischenablage zu kopieren, wahlweise auch mit dem Namen. Diesen Farb-Chip können Sie in jedem beliebigen Programm wie z.B Word, Photoshop (Elements) oder Corel Draw einfügen und damit weiterarbeiten bzw. damit eine Farblegende erstellen. So können Sie auch in Photoshop jederzeit nachvollziehen, welche Farbe Sie einmal ausgewählt haben.

Ergebnis der Vermittlung.


Fündig werden

Im Programmfenster „Nächste Farben“, aus meiner Sicht der praktischste Programmteil, können Sie das Arbeitsprinzip umkehren. Sie entwerfen frei und intuitiv am Computer Ihr Farbdesign, indem Sie z.B. in Photoshop solange am Farbwähler herumtasten und alle Möglichkeiten der Farbmischung zum Beispiel mit transparenten Überlagerungen ausschöpfen, bis Ihnen das Ergebnis zusagt. Dann wollen Sie für die Ausführungsplanung natürlich wissen, mit welchen Farben sich Ihr Entwurf realisieren lässt. Mit der Pipette des digitalen Farbatlasses können Sie Ihre Farben abgreifen und sofort zeigt Ihnen das Programm nicht nur die Messwerte, sondern gleich drei Vorschläge für die passendsten Übereinstimmungen aus einer Farbtonkollektion, die Sie aussuchen. Und ganz neu ist die Möglichkeit, in einer Gruppe von ausgewählten Kollektionen nach der am meisten passenden Übereinstimmung suchen zu lassen. Die Gruppen lassen sich nach persönlicher Anforderung im Farbsystem-Manager auf einfache Weise selbst definieren. Die ΔE Werte zeigen, wie gut die Treffer mit dem Original übereinstimmen oder wie sehr sie abweichen. Sollte sich nichts Passendes finden, können Sie Ihren Entwurf ja immer noch mit den wirklich erhältlichen Farben überarbeiten und nachprüfen, ob sich die beabsichtigte Wirkung trotzdem einstellt. Diese Methode erlaubt das Höchstmaß an Kreativität, erst die Kür, dann die Pflicht. Keine andere Software bietet diese Möglichkeit. Philosophen, Künstler und Wissenschaftler haben sich über die Jahrhunderte bemüht, die farbigen Erscheinungen in eine möglichst anschauliche Ordnung zu bringen. Es galt, einen gesetzmäßigen höheren Zusammenhang darzustellen, aus dem sich Regeln für das Zusammenwirken der Farbtöne herleiten lassen.

Stets richtete sich ein sehnsuchtsvoller Blick auf die Harmonie der musikalischen Töne, denn in deren Ordnung lassen sich die Intervalle aus einem physikalischen und mathematischen Zusammenhang entwickeln. Ob eine Melodie schief klingt oder nicht, ein Instrument verstimmt ist oder nicht, darüber gibt es keinen Zweifel. Jeder Ton lässt immer eine Anzahl weiterer höherer Töne, die sogenannten Obertöne, auf natürliche Weise harmonisch mitklingen, die sich auch mit dem systematischen Aufteilen der Oktave in die bekannten sieben Töne nachbilden lassen. In der Welt der Farbe kennen wir die Obertöne nicht. Es gibt aber ein anderes, vergleichbares Phänomen des Farbensehens, nämlich die Komplementärfarben, die zusammengemischt ein absolut neutrales Grau ergeben und letztlich auch, dass alle sichtbaren Farben nahtlos ineinander übergeführt werden können, sodass sich am Ende ein geschlossener Kreis ergibt. Dies sind also Gesetzmäßigkeiten, auf deren Grundlage seit geraumer Zeit Modelle verschieden aufgeteilter Farbkreise zum Zweck des Darstellens harmonischer Beziehungen erstellt wurden. Vorläufiges Endergebnis ist der Farbraum des Cie L*a*b*, der von vier grundsätzlichen, entgegengesetzten Wahrnehmungsqualitäten, rot– grün und blau–gelb ausgeht. Dieses Farbmodell bildet die Grundlage der modernen Messtechnik und der Computerfarbdarstellung und umfasst alle sichtbaren und theoretisch möglichen Farben. Es zeichnet sich dadurch aus, dass die Abstände der Farbtöne untereinander nach Helligkeit, Farbwert und Sättigung empfindungsgemäß gleiche Abstände besitzen. So kann man, wie es die Musik-Harmonielehre vorgemacht hat, das Regelhafte und daher Schöne auch in der Farbigkeit mit Zahlenwerten errechnen. Der digitale Farbatlas 5.0 macht sich im Programm-Modul „Farbharmonie“ das L*a*b*-System zunutze, um perfekte Farbintervalle zu ermitteln. Er bietet hierzu vier verschiedene Methoden an: Komplementärkontrast, Helligkeitsverlauf, Sättigungsverlauf und als besonders interessante Variante einen exakten Verlauf zwischen zwei frei gewählten Farbtönen, jeweils mit der Möglichkeit, bis zu 20 Zwischenstufen darzustellen. Neu ist die Option, einzelne Zwischentöne individuell nach Basisfarbe, Helligkeit und Sättigung anzupassen.

Exakt komplementär.


Diese Perfektion der gleichmäßigen Farbabstände kann man auf Wunsch auch auf die Erde bringen und sich die Farbtöne auch ausschließlich mit den nächstliegenden lieferbaren Farbtönen eines bestimmten Herstellers darstellen lassen. Das kann je nach Umfang und Ausrichtung einer gewählten Kollektion das Bild drastisch verändern und trennt im Bedarfsfall die Spreu vom Weizen und entscheidet, welche Kollektion sich für die Realisierung eines Entwurfs eignet. Die Abweichungen zum Ideal werden jeweils im üblichen Maß ΔE angegeben.

Wenn Sie schon immer einmal wissen wollten, welche Farbe exakt komplementär zu Brillux Scala 69.18.21 ist, dann erhalten Sie im Programmteil „Harmonie“ blitzschnell die Antwort: nämlich 24.15.21. Es hängt von der Kollektion ab, wie exakt farbmetrisch solche Verhältnisse sind. In diesem Fall weicht das Ergebnis vom Idealwert um ein ΔE von 2,71 ab.

Eine weitere praktische Anwendung im Harmonie-Programmfenster ist es, zu zwei gegebenen Farben, z.B. Fußboden und Türzarge, einen vermittelnden Wandfarbton (Einstellung Stufen: 3) vorschlagen zu lassen. Man muss nur noch die Helligkeit etwas hochschrauben und die Sättigung reduzieren und… – nun, es ist ein Vorschlag, den man annehmen kann, aber nicht muss. Und ob die errechnete Harmonie wirklich treffender und aussagekräftiger ist als die eigene Intuition und der Ausdruckswille, das muss jeder selbst erspüren. Forscher der Farbharmonieregeln werden ihre Freude an diesem Programm haben.

Der Programmteil „Farbbereich“ gibt Ihnen mit seinen intuitiven Schiebereglern die Möglichkeit zu einer intelligenten Datenbankabfrage. Vielleicht suchen Sie gerade zum bereits festgelegten Fassadenfarbton die passende Farbe für den Sockelputz. Ihnen ist klar, dass dieser dunkler und passiver sein soll, alles weitere wollen Sie in der Entwurfszeichnung ausprobieren. Also lautet die Aufgabe: Zeige mir alle Töne, die in einem von mir vorgegebenen Helligkeitsbereich, mit der gewünschten Sättigung von-bis und vielleicht zusätzlich noch ausschließlich im Bunttonbereich von Rot bis Gelb enthalten sind. Die unter diesen Bedingungen reduzierte Auswahl erspart Ihnen viel Sucherei. Mit einem Klick speichern Sie das Suchergebnis samt visueller Referenz in eine PDF-Datei. Von dort geht es mit der Photoshop-Pipette direkt weiter in Ihren Entwurf. Genial!

„Visuelle Farbstimmung“ heißt ein für den digitalen Farbgestalter sicherlich besonders anregender Programmteil: Hier kann man sich kleine Sammlungen von Farbtönen anlegen und ihr Zusammenwirken in verschiedenen Anordnungen als Streifen, Kreise, verschachtelte Quader etc. beobachten. Was geht, was klingt, was beißt sich? So kann man empfindend seine Gestaltungsaufgabe umkreisen und sich der angestrebten Farbstimmung allmählich annähern. Variationen lassen sich bis zur endgültigen Auswahl und Weiterverwendung in Sets abspeichern. Und darüber hinaus können Sie Ihr Ergebnis als PDF exportieren und halten damit nicht nur eine fertig beschriftete Farblegende in Ihren digitalen Händen, sondern Sie können mittels der Pipette Ihres Grafikprogramms die Farbauswahl mit wenigen Klicks auf das Objekt Ihrer Gestaltung, Zeichnung oder Foto, übertragen. Und Sie können sich hierfür aus allen Kollektionen bedienen.

Neu: Barrierefreie Farben für visuelle Kommunikation. Damit sich auch sehschwächeren Menschen notwendige Botschaften erschließen, gibt es seit 2009 die DIN 32975. Die darin geforderten notwendigen Mindestkontraste werden von diesem Programmteil errechnet. Es gibt die Software in drei Versionen: als edler Edelstahl-USB-Stick, mit dem Vorteil, dass das Programm ohne Installation auf jedem PC oder Mac läuft und persönliche Einstellungen und Daten immer dabei sind, als DVD zur Installation für einen Rechner plus Notebook sowie als Downloadversion, preiswerter, aber ohne gedruckten CMYK-Atlas (handinhandbuch). Die Software hilft Ihnen durch Seiten-, Reihen- und Spaltenangabe, das passende Muster im Atlas zu finden. Die Preise sind nach wie vor moderat zwischen 129 € und 198 €. Mit an Bord ist eine Farbenschule mit zahlreichen wertvollen Hinweisen zu Farbthemen und Spielen für das Training von Farbgeschicklichkeit.

Bemusterung mit Pipette und Farb-Chips.

www.dtpstudio.de
Jürgen Opitz
Quelle: Malerblatt 05/2012
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