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Schwarze Fassaden

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Schwarze Fassaden

Kaum eine Farbe ist so magisch wie Schwarz. Und natürlich ist Schwarz auch auf der Fassade angekommen.

Was ist dran am Schwarz? Warum fahren wir gerne schwarze Autos, auch wenn niemand im ebenfalls schwarzen Leichenwagen unterwegs sein will. Warum tragen wir schwarze Anzüge, selbst wenn es erfreuliche Geschäftsabschlüsse zu rühmen gibt? Warum müssen professionelle Objektive und Kameras schwarz sein? Und wieso bitteschön steht dort drüben ein schwarzes Gebäude?
Schwarz war in unserem Kulturkreis schon immer eine ambivalente, mehrdeutige Farbe. Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn der Umgang mit dem fast alles auftreffende Licht absorbierenden Farbwert derzeit lockerer ist. Das gilt auch für die Architektur, die momentan an vielen Orten tief schwarze Blüten treibt. Warum das so ist? Nun, der technische Fortschritt macht eben so manches möglich. UV-stabilere Pigmente und Bindemittel, Wärmedämm-Verbundsysteme, die unempfindlicher gegen thermische Spannungen sind, erlauben Hellbezugswerte inzwischen unter 15. Das erklärt zwar noch wenig, aber offenbar trifft es den Zeitgeist vieler Planer, die endlich ihre persönlichen Farbpräferenzen – schwarzer Rolli und schwarzer Wagen aus skandinavischer Produktion, schwarze Brille – hinaustragen können in eine Welt, die viel zu deftig-bunt erscheint. Aber: Schwarz ist dann keine Farbe der Zurückhaltung mehr, sondern wird zur Akzentfarbe. Und damit wird Schwarz zur neuen Buntfarbe, auch wenn sie den Nimbus der Nichtfarbe in sich trägt. Schwarze Gebäude erregen Aufsehen, weil sie sich in keiner Weise an die Umgebung anlehnen, sich von ihr distanzieren und absondern. Damit sind schwarze Bauten so etwas wie gestrandete Außerirdische. Nur: Sie sind gekommen, um zu bleiben.


Schwierige Farbe

Zugeben, ein schwarzer Kubus erregt Aufsehen. Das ist durchaus angebracht, wenn ihm eine besondere Funktion zukommt. Etwa eine kulturelle Rolle, ein Museum beispielsweise. Einen Kindergarten, wie vor einiger Zeit in Wien geschehen, schwarz zu fassen, ist mindestens unsensibel und akademisch-überheblich. Schwarz passt auch nur zu einer strengen, reduzierten Architektursprache. Ein Einfamilienhaus mit bravem Satteldach und Carport in Schwarz? Undenkbar, das passt beim besten Willen nicht zusammen.
Entgegen der landläufigen Meinung ist Schwarz eine absolut schwierige Architekturfarbe. Es reicht nicht aus, dass die visuelle Sonderstellung von Schwarz eine bauliche Entsprechung erfährt – auch die Volumen, Flächengrößen und der Glanzgrad bedürfen der sensiblen Handhabung. Schwarz malen hört sich simpel an, ist es aber keinesfalls.
Und wie steht es um die Nachhaltigkeit der „Schwarzbauten“? In Kalifornien beschichtet man derzeit mit öffentlichem Segen die dort unbegrünten Flachdächer weiß, um die Klimaanlagen zu entlasten. Das ist einfache Physik, Weiß reflektiert nicht nur sichtbares Licht, sondern auch die infrarote Wärmestrahlung. Schwarz nicht. Also heizen sich die Fassaden enorm auf, was spätestens in der Folge des Klimawandels an Brisanz gewinnt. Denn hier zulande rechnet man mit heißeren Sommern und stärkerer IR-Strahlung, auch im Winter übrigens. Ist die Wärmedämmung des Gebäudes diesen thermischen Anforderungen langfristig nicht gewachsen, sind Bausubstanz und Innenklima in Gefahr. Und kommt mehr Wärmeenergie innen an, muss klimatisiert werden – und das ist energetisch wohl kaum sinnvoll.

Uwe Koos, Sto AG
Quelle: Malerblatt 05/2010
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