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Kloster Waldsassen

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Kloster Waldsassen

Seit über 300 Jahren war die weitläufige barocke Klosteranlage nicht mehr baulich modernisiert worden.

1995, beim Amtsantritt der heutigen Äbtissin, klafften breite Risse in den Fassaden, mürber Putz blätterte überall, die Sockelbereiche wiesen bis auf zwei Meter Höhe eine großflächige Salzbelastung auf und der Ostflügel des Klosters musste sogar wegen Einsturzgefahr geräumt werden. 35 Millionen Euro sollte es kosten, die um zwei Innenhöfe gruppierten Konventgebäude mit der prachtvollen Stiftsbibliothek, die Klosterkirche, die Aula, den Pfortentrakt und die kompletten Fassaden denkmalgerecht zu sanieren. Parallel stellten sich die Zisterzienserinnen auch dem geistlichen und wirtschaftlichen Aufbau des Konvents: Ein Gästehaus wurde in den letzten Resten mittelalterlicher Bausubstanz errichtet, das als Herzstück des neuen Kultur- und Begegnungszentrums dient und das sich – wie schon die vom Kloster getragene Mädchen-Realschule mit knapp 450 Schülerinnen – zu einer lebendigen Schnittstelle mit der Welt entwickeln soll. Die Zisterzienserinnen schafften es nicht nur, die komplette Finanzierung der Bauaufgabe mit zehn verschiedenen Zuschussgebern sicherzustellen – sie nahmen es auch auf sich, das gesamte Klosterleben auf der Großbaustelle aufrechtzuerhalten und sogar zu erweitern.


Detektivarbeit an der Fassade

Das Gesicht des barocken Ensembles, die Gebäudehüllen, wurde im vierten und letzten Bauabschnitt von März bis Oktober 2010 saniert. Voraus ging eine akribische Planung, wie die 9.000 Quadratmeter Fassadenfläche mit ihrer reichen Gliederung aus Pilastern, Gesimsfriesen und Gurtgesimsen sowie die Rahmungen und Füllungsfelder der Fensterachsen möglichst behutsam und denkmalgerecht wiederhergestellt werden konnten.

Brückner & Brückner Architekten aus Tirschenreuth, die sich beim sensiblen Umgang mit historischer Bausubstanz einen Namen gemacht haben, arbeiteten hier eng mit dem Projektsteuerungsbüro Schmid und Kollegen, Regensburg, das die komplizierte, eng gesteckte Finanzierung der Baukosten im Rahmen hielt und garantierte, und auch mit Restaurator Thomas Prock aus Regenstauf und dem ausführenden Unternehmen, Nüthen Restaurierungen aus Erfurt, zusammen. So wurde im Vorfeld genau und bestandsorientiert festgelegt, wo Oberflächen erhalten und konserviert werden konnten, wo Putze komplett abgeschlagen und Hohlstellen hinterfüllt oder sogar Sicht- und Mauerwerkssteine ausgetauscht werden mussten.
Genauso präzise wie bei der Sanierungskartierung gingen die Planer, Restauratoren und Spezialhandwerker auch bei der Auswahl der Materialien vor. Für jede der vielen konservatorischen, restauratorischen und Neufassungsmaßnahmen wurden die leistungsfähigsten Produkte gewählt – immer abgestimmt mit der Denkmalpflege und der Bauherrin.

Denkmalgerecht und innovativ

Bei der abschließenden Farbfassung von rund 6.000 Quadratmetern der Klosterfassaden erwies sich ein Silicon-System als besonders geeignet, den gewünschten Brückenschlag zwischen historischer Verpflichtung und nachhaltiger Zukunftsorientierung zu schaffen. Das moderne Fassadensystem ist optimal eingestellt auf organische und auch mineralische Bestandsuntergründe, wie sie im Kloster Waldsassen vorzufinden waren. Gegen die Feuchteproblematik, die die Gebäude fast ihre Substanz gekostet hätte, bietet das Silicon-System Schutz. Nach außen ist es hoch wasserabweisend.

Gleichzeitig gewährleistet die sehr gute Diffusionsfähigkeit des Beschichtungsaufbaus, dass Mauerwerksfeuchtigkeit von innen nach außen „abatmen“ kann. Eine weitere gute Eigenschaft sorgt dafür, dass sich die Konventualinnen und ihre Besucher sehr lange an strahlenden Fassaden erfreuen werden können: Staub- und Schmutzpartikel haften nur leicht an der Silicon-Beschichtung und werden vom nächsten Regen einfach abgespült.


Funktional und ästhetisch

Jede Fassadenbeschichtung ist nur so gut wie ihr Aufbau – und wie bei der gesamten Generalsanierung gingen die Verantwortlichen in Waldsassen auch hier sehr sorgfältig vor und nutzten die Leistungsfähigkeit der Systemkomponenten. Der Restaurator wählte die denkmalgerechte Farbigkeit nach Befund gemeinsam mit der Denkmalschutzbehörde aus und ließ Musterflächen anlegen. Zunächst wurde der Putz mit einem Silicon-Hydrogrund vorbereitet. Diese Grundierung dringt tief ein, hydrophobiert die Tragschicht, verfestigt sie und gleicht gleichzeitig Saugfähigkeitsunterschiede aus.
Mit einem Silicon-Streichfüller zogen die Maler der Firma Nüthen Restaurierungen, die ausschließlich in der Bau- und Kunstdenkmalpflege tätig sind, einen Grundanstrich in zwei Lagen auf. Sie beschichteten damit die Fassadenflächen einschließlich der ornamentierten Stuckierungen, Brüstungsfelder und Kassettenflächen, Fensterfaschen, Pilaster und Sockel. Eine lasierende, optimal eingestellte Beschichtung mit Silicon-Fassadenfarbe bildete den Deckanstrich.

In Kalklüster-Weiß wurden die zurücktretenden Fassadenflächen gestrichen. Pilaster und Gesimse wurden mit einer hellgrauen Farbfassung betont. Kapitelle, Sockel und Fensterfaschen erhielten einen dunkelgrauen Lasuranstrich, ebenso wie die Rauputzflächen der Brüstungsspiegel des Apotheker-, Bibliotheks- und Pfortenflügels. Komplettiert wird der barocktypische Farbkanon durch ein Altrosa, mit dem die Brüstungsspiegel des Süd- und Ostflügels gestaltet sind.

Alle Farbtöne wurden nuancengenau über das Brillux-Farbsystem in der Niederlassung Hof abgetönt – und die fast 250 Gebinde des Silicon-System von dort „just in time“ zur Baustelle geliefert. Durch die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten konnte so – trotz der schwierigen Witterungsverhältnisse im Frühling und Sommer 2010 – der Zeitplan eingehalten werden.

Offen in die Zukunft

Wer jetzt als Gast das Klostergelände betritt, die schmucken Gebäude und die lebendige Atmosphäre genießt, wird kaum glauben können, dass das Stift Waldsassen im Jahr 1995 fast vor dem Aus stand – in baulicher, wirtschaftlicher und personeller Hinsicht. Die wechselvolle Geschichte des Klosters, die mit seiner Gründung im 12. Jahrhundert begann, hat durch die Vision, den Elan und das Durchhaltevermögen der Zisterzienserinnen und ihrer Äbtissin eine vielversprechende Wende genommen – und das auch hinter den prachtvollen Fassaden.

Marco Bock, Brillux

 

 

 


Ein Kloster im Aufbruch
Die Klosternalge hat eine Fassadenfläche von 9.000 Quadratmetern.|

Ein Kloster im Aufbruch
Die Bausubstanz wies schwerwiegende Schäden auf.|

Ein Kloster im Aufbruch
Putz und Farbe wurden abgenommen, bevor die Beschichtung neu aufgebaut wurde.|

Ein Kloster im Aufbruch
Am Südflügerl sprand der Verlust der Brüstungs- und Füllungsfelder ins Auge.|
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