Startseite » Werkstoffe » Farben » Fassadenfarben »

Gewerbe- und Industriebauten

Fassadenfarben Malerblatt Wissen
Gewerbe- und Industriebauten

Gewerbe- und Industriebauten sollen in erster Linie einem klaren Nutzungskonzept folgen und nur in zweiter Linie schön sein.

Dabei können sie durchaus nach weit mehr als gesichtslosen Kisten aussehen. Betrachtet man manche Gewerbe- oder Industriegebiete entlang der Autobahnen oder in den Randzonen der Ortschaften, dann könnte man denken, dass das Baukastenprinzip gekoppelt mit dem Wunsch nach Farblosigkeit Pate gestanden hat. Zu sehr sehen alle Lagerhallen und Produktionsgebäude, alle Bürogebäude und Kantinen aus, als seien sie nach dem Prinzip „quadratisch, praktisch, gut“ entstanden. Einfache Baukörper, langweilige, meist farblose Fassaden und funktionale Aufbauten prägen das Bild. Dabei muss das nicht so sein. Denn wenn das Unternehmen, das ein neues Lager oder eine neue Produktion benötigt, eine Idee von guter Gestaltung hat, und wenn das Corporate Design dieses Unternehmens nicht beim Briefbogen und den Visitenkarten endet, dann ist es möglich, dass funktionale, interessante und schöne Gebäude entstehen.

Technologiekonzern Trumpf

Ein Beispiel für ein solches Unternehmen ist der Technologiekonzern Trumpf in Ditzingen bei Stuttgart. Dort entschied man sich früh, gemeinsam mit einem Architekturbüro, das die gleichen Grundideen von guten Lösungen hat, einen gemeinsamen Weg zu gehen. So entstand über die Jahre ein Campus auf dem Betriebsgelände von Trumpf, der gleich mehrere Gebäude beinhaltet, die aus der Masse der Gewerbebauten herausstechen. Nähert man sich etwa dem Betriebsgelände, dann fällt einem das erste Gebäude dieser Reihe auf. Wie alle anderen stammt es aus der Feder der Berliner Architekten Barkow Leibinger. Dieses erste Gebäude, die Pforte, ist deshalb so interessant, weil es ein Zeichen setzt. Denn weit kragt das Dach der Hauptpforte über die Zufahrt und den Fußweg aus, der den Weg auf den Campus frei macht. So liegt das Dach lediglich auf dem Glaskörper der Pforte auf und ragt sonst, ohne Stütze und Unterzug, 20 Meter weit über die eigentliche Pforte hinaus. Dabei ist die Dachscheibe auf dem Glaskörper größtenteils in Silber gehalten und deutet damit an, dass eines der Spezialgebiete, auf denen Trumpf als Unternehmen erfolgreich ist, die Be- und Verarbeitung von Blechen und von Metall ist. Das sieht man auch, wenn man unter dem Dach steht und nach oben blickt. Auch hier erkennt man schnell eines der Einsatzgebiete der von Trumpf gefertigten Maschinen: das Laserschneiden. Die gesamte Unterseite des Daches wurde mit Lasern so bearbeitet, dass ein Muster aus vielen, teils unterschiedlichen Dreiecken entsteht.
Doch nicht nur die Pforte ist ein Symbol für die Bereitschaft zu guter Gestaltung auf dem Gelände in Ditzingen. Auch die neue Kantine oder besser, das neue Betriebsrestaurant, zeigt deutlich an, dass man bei Trumpf mehr möchte als nur funktionale Gebäude.
Bei näherer Betrachtung des Baus ist sofort erkennbar, was damit gemeint ist, wenn von einem Betriebsrestaurant die Rede ist und nicht nur von einer Kantine. Denn schon die Hülle mit ihrem großen Dach und der Glasfassade ist eine angenehme Erscheinung auf dem Gelände des Unternehmens. Auch der Blick auf das Dach, eher ungewöhnlich, aufgrund der hohen Umgebungsbebauung aber nicht unüblich, zeigt den Gestaltungswillen an. Hier sieht man große Oberlichter, die wie Laub auf dem Dach liegen und so einerseits einen gestalterischen Sinn erfüllen und andererseits auch eine Funktion, nämlich ausreichend natürliches Licht ins Innere des Gebäudes zu bringen. Innen dominiert deshalb auch die Helligkeit, die durch die großen Glaswände der Fassade und durch die Oberlichter ermöglicht und durch die helle Farbgebung gefördert wird. Denn der gesamte Innenraum, die Stützen, der Boden, die Decke, ja selbst alle Einbauten, sind in hellen Farbtönen gestaltet und zeigen mit einem Wechsel aus Weiß, Betongrau und hellen Holztönen wie wichtig die Wahl der Farbe ist, um einem Raum eine bestimmte Anmutung zu verleihen. Dies zeigt sich vor allem deshalb, weil das Betriebsrestaurant von Trumpf nicht ebenerdig steht, sondern im Boden versenkt wurde, was eigentlich für weniger Helligkeit sorgen würde. Doch in diesem Raum mit seinen reflektierenden Flächen ist dies kein Thema. Übrigens: Die Tatsache, dass das Niveau des bis zu neun Meter hohen Hauptraums deutlich unter der Erdgeschossebene liegt, hat einen Grund. Der Raum ist so auch von den unterirdischen Gängen, die die Gebäude auf dem Gelände verbinden, gut erreichbar und wird zudem aus dieser Perspektive gut inszeniert. Denn betritt man auf der unteren Ebene den Raum, dann ist der erste Blick zur weit spannenden Decke mit dem Wabenmuster ein beeindruckendes Erlebnis.


Marke Marlboro

Doch nicht nur bei Trumpf weiß man um die Wirkung guter Architektur. Auch andere Unternehmen nutzen ein einheitliches oder zumindest gestalterisch hochwertiges Auftreten dazu, sich in den Köpfen der Kunden, Partner und Geldgeber nachhaltig zu verankern. Denn es ist von Vorteil, wenn man als Unternehmen schon am Gebäude erkannt wird und dieses möglichst beim Betrachter eine positive Assoziation auslöst. Dabei kann der Wiedererkennungswert aufgrund einer bestimmten Form oder eines immer wieder kehrenden Farbmusters erfolgen. Gelingt es, eine solche Gestaltung zu etablieren, dann kann man sogar soweit gehen und teilweise den Namen des Unternehmens weg lassen. Ein Beispiel hierfür, das nicht aus der Architektur stammt, die Tatsache aber verdeutlicht, ist die Zigarettenmarke Marlboro. Sieht man das typische Bildzeichen des Unternehmens, ist keine Markenname mehr nötig. Die meisten Menschen wissen sofort, um welche Zigarettenmarke es sich handelt.
Das Farbunternehmen Sto beispielsweise, setzt hier ebenso wie Trumpf auf die Handschrift eines Architekturbüros. Das deutsch-britische Büro WilfordSchupp entwarf deshalb sogar einen Leitfaden für Sto, der Merkmale für eine typische Sto-Architektur beinhaltet. So entstanden etwa die Sto-Fabrik in Weizen oder die Sto-Niederlassung in Hamburg. Sie zeigen vor allem eine Sache: das Bekenntnis zur Farbe. Natürlich, möchte man anfügen, denn schließlich ist dies eines der Unternehmensschwerpunkte. So ist die Fabrik in Weizen zwar auf den ersten Blick ein klassischer Industriebau, der funktionalen Aspekten folgt, doch durch die roten und gelben Farbakzente und die Verwendung von Sto-Produkten wie etwa Verotec-Platten wird das Gebäude zum Bekenntnis des Unternehmens zu seinen Produkten und zu seinen Kunden. Auch das Niederlassungsgebäude mit Lager, Verwaltungs- und Schulungsräumen in Hamburg, gibt dieses Bekenntnis ab und wird vor allem durch das Tonnendach geprägt, das in der Hausfarbe des Unternehmens, also in Gelb gehalten ist. So zeigt sich bei Sto sehr deutlich, dass ein bewusster Umgang mit Gestaltungsrichtlinien Sinn macht. Oder wäre es eine adäquate Architektur für einen Farb- und Dämmstoffhersteller, wenn dieser ein Produktionsgebäude in grauem Sichtbeton hätte?


Unternehmen Vitra

Wie wichtig das Selbstbild eines Unternehmens und das vom Unternehmen verantwortete Betätigungsfeld für die Architektur und die Gestaltung sein kann, zeigt auch das letzte Beispiel. In Weil am Rhein, einem eigentlich unscheinbaren Ort nahe der Schweizer Grenze, hat sich ein Unternehmen angesiedelt, das sein Geld mit hochwertigen Möbeln und Einrichtungsgegenständen verdient: Vitra. Es hat in Weil am Rhein einen ganzen Campus entstehen lassen, der eine Botschaft klar ausdrückt. Diese Botschaft ist das Bekenntnis des Unternehmens zu hochwertigem und gutem Design und zu hochwertiger und guter Architektur. Deshalb findet man auf dem Gelände von Vitra auch Gebäude solch namhafter Architekten wie Frank Gehry, Nicholas Grimshaw, Zaha Hadid, Tadao Ando, Alvaro Siza, Herzog & de Meuron und SANAA.
Sie alle haben eine Sache gemeinsam, dass das Unternehmen, das von Design-Produkten lebt, auch bereit ist, in Design, also hochwertige Gestaltung zu investieren. Ob dies beim Vitra Design Museum aus der Feder von Frank Gehry der Fall ist, das mit seinen ungewöhnliche Formen und Materialien schon 1989 für Aufsehen sorgte oder beim Feuerwehrhaus von Zaha Hadid, das bis dahin für unbaubar geltende Maßstäbe brach, immer setzt Vitra auf das Konzept einer herausragenden Gestaltung statt auf reine Funktionsbauten. Gerade am Beispiel des Museums sieht man dabei, dass auch der Einsatz verschiedener Handwerker und deren Fachgebiete sinnvoll ist. So verleihen die komplexen Krümmungen dem Bau ebenso ein besonderes Auftreten wie die Mischung aus einer weißen Putzfassade und den mit Blech verkleideten Elementen. Was all diese Beispiele zeigen, das ist auf jeden Fall die Chance, die in einer mutigen und bewussten Gestaltung von Industrie- und Gewerbebauten steckt. Nur so kann man sich aus dem Grau der Gewerbegebiete abheben und als Unternehmen, als großer Konzern ebenso wie als Handwerker, ein eigenes Profil entwickeln – auch und gerade beim gestalterischen Auftritt.
Die Konsequenz, die sich daraus ergibt, kann sein, dass auch Maler und Stuckateure auf ihre Kompetenzen und ihre Stärken hinweisen. Und, indem sie noch häufiger klare Stellungnahmen an den Fassaden ihrer Geschäftshäuser, bei den Neu- und Umbauten oder einfach nur in den Kundenräumen schaffen. Denn ungewöhnliche Formen aus Gips, besonders sorgfältig verarbeitete Putze, hochwertig gedämmte Geschäftsräume oder einfach nur durchdachte und geschmackvolle Farbgestaltungen können ein Zeichen für aktuelle und potenzielle Kunden sein.
Ein Zeichen, das sagt: Hier arbeiten Profis, die wissen, was sie wollen und die sich mit ihrer Arbeit identifizieren. In der Sprache der Manager nennt man so etwas, das eigene Profil schärfen und davon reden.

Marc Nagel
Quelle: Malerblatt 08/2009


Das Betriebsrestaurant des Technologieunternehmens Trumpf in Ditzingen zeigt deutlich, dass auch ein Funktionsraum wie eine Kantine nicht farblos und nur funktional sein muss.

Von außen erkennt man nicht sofort, dass es sich bei diesem Gebäude „nur“ um eine Kantine handelt. Das Bekenntnis zu guter Architektur bei Trumpf ist klar erkennbar.

Das Feuerwehrhaus auf dem Betriebsgelände von Vitra in Weil am Rhein von Zaha Hadid zeigt Mut zu ungewöhnlichen Lösungen und spektakulärer Gestaltung.

Schon 1989 setzte Vitra mit seinem Museumsbau aus der Feder des heute weltberühmten Architekten Frank Gehry auf eine klare Aussage: Hier wird nicht nur hochwertiges Design in Form von Möbeln produziert, hier wird auch hochwertige Gestaltung gelebt.

Das Betriebsgelände von Sto in Weizen. Hier erkennt man an jedem der einzelnen Gebäude die Bereitschaft, mit der Architektur auch etwas auszusagen. Auffällig dabei, die immer wiederkehrende Hausfarbe Gelb.

Eine typische, weil farbenfrohe Gestaltung eines Sto-Gebäudes. Es wird klar gezeigt, wo die eigenen Kompetenzen liegen.

So funktioniert ein gutes Corporate Design: Ein klares Bildzeichen, das keiner zusätzlichen Erklärung bedarf. Jeder, der die Marke kennt, weiß sofort, um welche Zigaretten es sich handelt, ohne den Namen zu sehen. Fotos: Barkow Leibinger Architekten, Christian Richters, Zaha Hadid, Thomas Dix, Vitra, Frank Gehry, Sto, Marc Nagel

Aktuelle Ausgabe
Titelbild Malerblatt 3
Ausgabe
3.2024
ABO
Malerblatt Wissenstipp

Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Malerblatt-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Malerblatt-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de