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Fachwerk erhalten

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Fachwerk erhalten

Fachwerkgebäude sind Kleinode, die es zu erhalten gilt. Ihre Sanierung setzt jedoch eine Menge Fachwissen voraus.

Welche Anstrichstoffe eignen sich für Ständerwerk und Gefache? Durch Freilegen von Sichtfachwerk, veränderte Wohn- und Lebensgewohnheiten und höhere Anforderungen an den Wärmeschutz haben sich die bauphysikalischen Anforderungen an Fachwerkgebäude und deren Baumaterialien verändert. Leider wurden in der Vergangenheit Schäden am Holzständerwerk oft zu dichten Beschichtungen zugeschrieben und damit dem Maler der „schwarze Peter“ zugeschoben. Heute weiß man, dass die Beschichtung nur ein Teilaspekt eines komplexen bauphysikalischen Geschehens darstellt und nicht losgelöst von Schlagregenbelastung, Saugfähigkeit der Gefache, Trocknungsverhalten und Wärmedämmung betrachtet werden darf. Die WTA (Wissenschaftliche Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V) hat die Fachwerksanierung umfassend behandelt und gibt einschlägige Empfehlungen zur Planung und Ausführung.
Für die praktische Ausführung sind insbesondere die Ausbildung der Fuge zwischen Gefach und Holz und die Beschichtung auf der Ausfachung und auf dem Holz sowie der Umgang mit Altbeschichtungen wichtig. Maßnahmen der Energieeinsparverordnung und ein evtl. vorhandenes Innendämmsystem spielen für den Maler informativ eine wichtige Rolle. Er benötigt diese Informationen, um den Feuchtehaushalt innerhalb der Konstruktion abschätzen zu können und daraus Schlüsse für eine erforderliche Wasserdampfdiffusion in den Beschichtungen abzuleiten. Mit beschichtungstechnischen Maßnahmen und Berücksichtigung der sd-Werte der Beschichtungen können gravierende bauliche Mängel nicht kaschiert werden. Dies gilt insbesondere, wenn im Zuge der Fachwerksichtigkeit der bauliche Schutz, etwa eine Verkleidung, entfernt wird oder überputzte Balken freigelegt werden.


Der Feuchtehaushalt

Freigelegtes Fachwerk wird an der Wetterseite permanent durchfeuchtet. Wasser dringt in die Holzkonstruktion und in die Hohlräume ein. Sammelt es sich in den Zapfenlöchern, entstehen Fäulnisschäden in der Balkenmitte. Fäulnisschäden findet man dann bis ca. 40 Zentimeter links und rechts von den Zapfenlöchern. Hat sich erst Holzhumus gebildet, so wird die Feuchtigkeit noch verstärkt zurückgehalten und es setzt eine Holzzerstörung in kurzer Zeit ein, auch bei resistenten Hölzern wie Eiche. Die Ursache ist der geringe kapillare Wassertransport quer zur Holzfaser. In Holzfaserrichtung erfolgt die Feuchtigkeitsverteilung über den kapillaren Transport des Wassers. Die Trocknung erfolgt nur über die Diffusion des Wasserdampfes. Da die Wasserdampfdurchlässigkeit z.B. von Eiche sehr gering ist, dauert es extrem lange, bis eingedrungenes flüssiges Wasser verdunstet ist. Ein Eichenfass, in dem Whiskey oder Wein gelagert wird, ist das beste Beispiel. Die Flüssigkeit bleibt über lange Zeit eingesperrt, ohne dass sie verloren geht. Es gibt also einen Zusammenhang zwischen der Wasserdampfdiffusion und verschiedener Holzarten und Beschichtungen.
Eine Fachwerksichtigkeit der Außenfassade hat sich nur unter bestimmten Klimabedingungen bewährt. Durch schräges Anbohren von Zapfenlöchern kann eine Entwässerung vorgenommen werden, so dass keine stehende Feuchte in den gefährdeten Bereichen entstehen kann. Bei Fassaden in geschützten Lagen sind keine besonderen Einschränkungen bei der Schlagregenbelastung gegeben. Sichtfachwerk ist in der Regel nur bei der Schlagregenbeanspruchungsgruppe 1 140 l pro m² und Jahr ist für die Fassade ein Witterungsschutz erforderlich z.B. durch Bekleidung, Verputz oder durch Regendächer.
Die Oberflächeneigenschaften der Gefache haben einen großen Einfluss auf den Wasserhaushalt. Bei stark saugenden Sichtbacksteinen wird nur eine vordere Durchfeuchtung stattfinden. Der Bereich zwischen Ausfachung und Holz bleibt weitgehend trocken. Bei normal saugendem Putz, z.B. Kalkputz, dringt die Feuchtigkeit verstärkt im unteren Bereich in den Wandaufbau ein. Bei hydrophobierten Oberflächen, z.B. wasserabweisendem Kalkzementputz, läuft der Niederschlag an den Wandflächen hinunter und dringt verstärkt in die Fuge zwischen horizontalem Holzriegel und Gefach ein. Die Folge ist eine sehr starke Auffeuchtung der Gefachausfüllung (vgl. Skizze). Ab 30 Prozent Holzfeuchte können holzzerstörende Pilze wachsen.

Eine Versiegelung der Fuge zwischen Gefach und Holz kann einen Feuchteeintrag nicht verhindern. Sie behindert hingegen die Austrocknung und ist deshalb ungeeignet. Bewährt hat sich ein Kellerschnitt zwischen Holz und Putz.Quelle: Künzel H.: Der Feuchtehaushalt von Holz-Fachwerkwänden. Bauforschung für die Praxis, Band 23. IRB- Verlag, Stuttgart, 1996.


Beschichtungen auf Putz

Nur eine ausreichend kapillaraktive, saugfähige Gefachoberfläche verhindert eine starke Auffeuchtung der Gefachfüllung. Deshalb sind hier an das Austrocknungsmaterial, den Putz und die Beschichtung der Gefache Anforderungen zu stellen. Die Anforderung an die Beschichtung der Gefache erfüllen zurzeit nur Silikatfarben, Dispersionssilikatfarben, Kalkfarben und so genannte Silfarben. Letztere sind hoch gefüllte Dispersionsfarben mit entsprechendem Feuchteverhalten. Reinacrylatfarben, Silikonharzfarben und hydrophobiert ausgerüstete Dispersionssilikatfarben sind abhängig von der tatsächlichen Schlagregenbelastung geeignet. Letztere haben zwar eine ausreichende Wasserdampfdurchlässigkeit, zeigen aber eine gewisse Wasserabweisung, was unter Umständen zu einer Auffeuchtung des Gefaches führen kann. Für die Beschichtung auf Gefachputzen ist das Verhältnis zwischen Wasserdampfdiffussionsstromdichte (V- respektive sd-Wert) und der Durchlässigkeit für Wasser (W) entscheidend. Das bedeutet, dass Beschichtungen mit einem niedrigen w-Wert einen entsprechend hohen V-Wert haben müssen. Geeignet sind Beschichtungen mit einem V-Wert > 150 g/(m² *d) respektive mit einem sd-Wert < 0,14 m und einem w-Wert von 0,3 –1,0 kg/m² * h0,5. Eine starke Hydrophobie der Beschichtung, wie etwa der Lotuseffekt, ist zu vermeiden, da die Gefahr der Auffeuchtung über erhöhten Wasseranfall in den Fugen zwischen Gefach und Holz besteht. Gemäß den aktuellen Regelwerken (DIN EN 1062) können ggf. Beschichtungssysteme von den o.g. theoretisch richtigen und praktisch bewährten Grenzwerten abweichen. Im Zweifelsfall sind daher stets die Angaben des Materialherstellers bzw. die Herstellerrichtlinien zur Anwendung der Beschichtung auf Ausfachungen/Gefachputzen zu berücksichtigen. Die erforderliche Durchlässigkeit für Wasser ist in Abhängigkeit von der Regenbeanspruchung der Fassade (Schlagregen) bzw. der Saugfähigkeit des zu beschichtenden Untergrundes zu wählen. Bei reduzierter Schlagregenbeanspruchung bzw. Saugfähigkeit des Untergrundes kann eine höhere W-Klasse, umgekehrt muss eine niedrigere W-Klasse mit der angegebenen Begrenzung, gewählt werden. Die Eignung der Beschichtung gilt nur im Zusammenhang mit den vorgenannten W- und sd-Werten.

Fachwerkhäuser sind ein Blickfang im Stadtbild. Damit sie möglichst lange erhalten bleiben können, muss die Sanierung fachgerecht erfolgen.


Beschichtungen auf Holz

Anforderungen an den chemischen Holzschutz für das Fachwerk Tragwerk sind in der Holzschutznorm DIN 68 800–3 festgelegt. Dieser Normteil ist baurechtlich für tragende Bauteile eingeführt. Bei einer Renovierung ist üblicherweise eine Grundierung mit einem Bläueschutzgrund ausreichend. Anders sieht es aus, wenn ein chemischer Holzschutz nach DIN 68 800 Teil 3 ausgeschrieben worden ist. Wenn für die tragenden Bauteile kein Holz der Resistenzklasse 1 oder 2 verwendet wird, ist ein chemischer Holzschutz mit beim Deutschen Institut für Bautechnik zugelassenen Mitteln erforderlich. Diese DIBt-Holzschutzmittel sind vorbeugend wirksam gegen holzzerstörende Insekten und Pilze (Iv,P). Holzschutzgrundierungen, Bläueschutzgrundierungen und RAL-Holzschutzmittel erfüllen nicht die Anforderungen des DIBt. Die vorgeschriebenen Einbringmengen müssen in jedem Fall erreicht werden, sonst ist kein ausreichender Schutz gegeben. Auftretende Risse müssen später nachbehandelt werden. Ein Verzicht auf Holzschutzmittel ist nur möglich, wenn durch bauliche Holzschutzmaßnahmen und/oder Verwendung von resistenten Holzarten ein Bauschaden vermieden wird. Diese chemischen Schutzmaßnahmen sind in der Regel bei neuen Tragwerken vorgeschrieben, wenn der bauliche Holzschutz (Konstruktion und resistentes Kernholz) nicht ausreicht. Die Anforderungen an den Holzschutz für Fachwerk Tragwerk im Altbau müssen folgende Punkte beachten:

  • Fachwerkhölzer mit aktivem Insektenbefall sind einer Bekämpfung durch Heißluft oder chemische Holzschutzmittel (DIBt-Zulassung) zu unterziehen.
  • Bei Hausschwammbefall ist ein Holzaustausch mit vorbeugendem chemischen Holzschutz (DIBt) und einer Mauerwerksbehandlung erforderlich. Chemische Holzschutzmittel, die im Streichverfahren Fluten oder Tauchen aufgebracht werden, ergeben nur einen Randschutz. Die für Fachwerk typische Kernfäule kann dadurch nicht verhindert werden. Nur kesseldruckimprägnierte, gut imprägnierbare Hölzer haben einen Vollschutz.
  • Die Auswahl und der Einsatz der Holzschutzmittel ist sorgfältig vorzunehmen und nur dort, wo unbedingt notwendig, auszuführen. Im Innenbereich ist nach Möglichkeit kein Holzschutzmittel einzusetzen.
  • Anstrichtechnische Behandlung von Sichtfachwerk außen benötigt keinen chemischen Holzschutz. Bläueschutz als Grundierung reicht aus.

Um Spannungen in den Gefachen bei einer Neuausfachung zu vermeiden, ist eine Ausfachung von oben nach unten vorzunehmen. Durch das Gewicht des Gefaches kann sich das Holz setzen. Zwangsspannungen mit Rissbildung in den Gefachen werden vermieden. Fotos: Dyrup (Gori)


Anforderungen an die Beschichtung

Die feuchtetechnischen Anforderungen an die Beschichtung von Holz sind wie folgt festgelegt:
Anstrichschichten auf Fachwerkhölzer sollen den empirischen Sd-Wert von 0,5m nicht wesentlich überschreiten, um sicherzustellen, dass über die Konstruktion eingedrungenes Wasser weitgehend ungehindert verdunsten kann. Verbleibende Altanstriche sind zu berücksichtigen. Anders herum führen höhere sd-Werte nicht automatisch zu Holzschäden. Vielmehr fallen bei der Schädigung in der Regel mehrere negative Faktoren zusammen. Wegen der großen Saugfähigkeit und/oder Rauheit von Fachwerkhölzern ist es in der Praxis bei deckenden Beschichtungen schwer möglich, Schichtdicken unter 100 µm zu erreichen. Daher sollen für die Oberflächenbehandlung nur solche Systeme gewählt werden, die entweder den Auftrag sehr geringer Schichtdicken erlauben oder entsprechend niedrige Diffusionwiderstandswerte aufweisen. Spezielle Anstrichstoffe für Fachwerke haben µ-Werte (Wasserdampfdiffusionszahl) von 2000 – 3000. Je höher die von einem Anstrichsystem aufgenommene Wassermenge ist, desto schneller verläuft auch die Wasserabgabe. Oft sind solche Systeme stärkeren mechanischen Spannungen ausgesetzt und tendieren eher zu Oberflächenrissen. Eine geringere und während der Haltung gleichbleibende niedrige Wasseraufnahme und Wasserabgabe ist somit eine Voraussetzung für eine gute Witterungsstabilität. Die Wasseraufnahme soll den Wert Wt= 0,1kg/m² * h0,5 nicht überschreiten. Nach aktuellen Regelwerken (DIN EU 1062) können Beschichtungssysteme von den theoretisch richtigen und praktisch bewährten Grenzwerten abweichen. Deshalb sollten die Angaben des Beschichtungsstoffherstellers und dessen Herstellerrichtlinien zur Anwendung der Beschichtung auf Fachwerkhölzern berücksichtigt werden.

Dr. Josef Theo Hein, Dyrup (Gori)
Quelle: Malerblatt 08/2010

 

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