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Dr. Eike Messow, Sto

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Dr. Eike Messow, Sto

Wie steht Dr. Eike Messow, Leiter für Nachhaltigkeit bei Sto, zu nachwachsenden Rohstoffen und der Rolle des Handwerks.

Seit vier Jahren ist Dr. Eike Messow bei Sto als Leiter des Themas Nachhaltigkeit aktiv – auch bei der DGNB-Zertifizierung zweier neuer Nullenergie-Firmengebäude. Wir sprachen mit Eike Messow über nachwachsende Rohstoffe, Elektrofahrzeuge und die Rolle des Handwerks in Sachen Nachhaltigkeit.

Herr Messow, Nachhaltigkeit ist ein sehr beanspruchter Begriff. Welche Bedeutung hat er für Sto?
Inhaltlich sagt der Begriff zunächst, dass man ein bestehendes System nur so beanspruchen darf, dass seine Funktion aufrecht erhalten bleibt. Ursprünglich stammt Nachhaltigkeit aus der Forstwirtschaft, wo das Prinzip schon lange praktiziert wird. Im Zusammenhang mit einem Unternehmen würde ich aber lieber von einer nachhaltigen Entwicklung sprechen, denn es handelt sich ja nicht um einen statischen Zustand, sondern um einen ständigen Entwicklungsprozess. Die Kunst liegt darin, ein Unternehmen so auszurichten, dass ökonomischer Erfolg mit dem Erhalt unserer Ökosysteme und gesellschaftlichem Wohlergehen zusammengeht. Diesen Ansatz verfolgt Sto übrigens nicht erst seit heute. Seit 1991 bereits ist Sto auf dem Weg, der Slogan „Bewusst bauen“ steht dafür, Entscheidungen bewusst zu treffen und nachvollziehbar zu machen.
Warum ist die Nachhaltigkeit so wichtig?
Es gibt viele gute Gründe für die nachhaltige Entwicklung. Es geht dabei um Klimaschutz, Umweltschutz, Gesundheit, Rohstoffe, Armutsbekämpfung – all das sind Megathemen mit globaler volkswirtschaftlicher und zunehmend betriebswirtschaftlicher Bedeutung.
Gehen wir auf die Gebäudeebene zurück – was zeichnet ein nachhaltiges Gebäude wie Ihre aktuellen Neubauten konkret aus?
Das Energiekonzept mit höchster Effizienz und Nutzung regenerativer Energiequellen ist ein wesentliches Merkmal, auch das Raumklima, die Barrierefreiheit, die Langlebigkeit und Umnutzbarkeit spielen bei der Bewertung der Nachhaltigkeit dieser Gebäude eine wichtige Rolle. Jedes Gebäude muss dafür individuell im Zusammenhang betrachtet werden. Es geht darum, aus individueller Sicht die besten Lösungen zu finden – zusätzlich zu den bestehenden Normen und Richtlinien. Letztendlich werden dabei immer wieder Kompromisse entstehen. So sind rein ökologisch gesehen hochwertige Putze und alternative Dämmstoffe interessant, aber ökonomisch oft kaum realisierbar.
Sie haben die beiden neuen Firmengebäude von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, der DGNB, zertifizieren lassen. Warum?
Erstens wollten wir durch ein anerkanntes System die besonderen Qualitäten nachgewiesen haben, als Signal nach innen, und außen. Zweitens ist Sto seit langem selbst Mitglied bei der DGNB, da war es selbstverständlich, die Bauten entsprechend zu konzipieren. Und das war gewiss nicht einfach, aber spannend, weil wir so den Prozess selbst mit erlebten, inklusive Leidensdruck und Optimierungsschleifen.
Sie sind Nachhaltigkeitsleiter bei Sto – was umfasst Ihr Job alles?
Sto hat sich entschieden, die Fragen der Nachhaltigkeit nicht unkoordiniert den einzelnen Abteilungen zu überlassen, sondern eine zentrale Anlaufstelle dafür zu schaffen, die einen breiten Blick für das Thema hat. Ich bin zwar bei der Technik angesiedelt, befasse mich aber mit vielen Themen, nicht nur auf der Produktebene. Als ich 2012 hier startete, habe ich mir zunächst einen Überblick verschafft, in welchen Feldern Handlungsbedarf besteht und welche Prioritäten sinnvoll sind. In der Praxis habe ich mit ganz vielen Kollegen aus verschiedensten Abteilungen zu tun, etwa mit unseren Experten für Schadstoffe, wenn es um spezielle Kundenfragen geht. Ich gehe aber auch übergeordnete Unternehmensthemen an. Beispielsweise neue Optionen für unseren Fuhrpark, um klimafreundlicher mobil zu sein oder die Umsetzung gesetzlicher Anforderungen im Hinblick auf Energieeffizienz. Hier durchlaufen wir gerade einen Audit gemäß ISO 50001, bei dem alle Energie-Kennwerte erfasst und Optimierungspotenzial identifiziert wird. Eigentlich fordert der Gesetzgeber lediglich ein Audit im Vierjahres-Zyklus, wir haben uns aber freiwillig auf einen jährlichen Rhythmus festgelegt. Das hat für uns den Vorteil, stets an der Energieeffizienz zu arbeiten und Potenziale schnell ausschöpfen zu können.
Ich nehme an, Sie betrachten nicht nur die Produktion.
Richtig, der Energieeinsatz unserer Produktion ist nicht sehr hoch, bei der Herstellung der Rohstoffe sieht die Situation anders aus. Also betrachten wir auch diesen Aspekt auf Lieferantenseite. Das gilt auch für unseren Fuhrpark, für den wir neben der Vollkostenanalyse auch eine CO2- Analyse erstellt haben. Wir haben zwar einige Elektrofahrzeuge mit Range Extender im allgemeinen Pool, aber sonst mussten wir erkennen, dass die meisten Fahrprofile einen reinen Elektroantrieb bislang ausschließen. Vor allem die Reichweite ist nach wie vor zu gering. Aber wir beobachten die Entwicklungen genau. Und bei den schweren Lkw, die von unseren Logistikpartnern betrieben werden, können wir auf konventionelle Antriebe wohl noch lange nicht verzichten. Aber wir schauen, dass nur Topfahrzeuge unterwegs sind, die den aktuellsten Abgasnormen entsprechen.
Zurück zur Produktseite. Wie steht Sto zum Einsatz nachwachsender Rohstoffe?
Wir möchten die Anteile auf jeden Fall erhöhen, aber das ist nicht einfach, weil wir auch die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte einbeziehen müssen. Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen erweisen sich bei genauer Betrachtung oft als problematisch, weil sie technische und damit qualitative Verschlechterungen mit sich bringen – oder weil sie die Konkurrenz zwischen Tank und Teller anheizen. Es ist nicht leicht, erdölbasierte Materialien identisch zu ersetzen – und wenn, hätte es nur marginale Auswirkungen. Lediglich sieben bis zehn Prozent der globalen Erdölmenge wird von der chemischen Industrie gebraucht, minimale 0,1 Prozent gar gehen in die Herstellung von Dämmstoffen. Über 90 Prozent landen in der Verbrennung, aus der sich Mobilität und Energiegewinnung speist. Hier sind weitaus größere Einspareffekte zu erreichen.
Wie können Handwerker einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten?
Das beginnt bei Fragen der heute sehr sensiblen Kunden nach Inhaltsstoffen. Hier die wichtigsten Fakten zu kennen oder zumindest zu wissen, wo man diese findet, ist sehr wichtig. Der große Treiber ist der Innenraum, gesunde Räume sind ein Megatrend neben Klimaschutz und Energieeffizienz, denn Luftqualität und Behaglichkeit beeinflussen unmittelbar unser Wohlbefinden. Kompetenz ist nach wie vor ein wesentlicher Differenzierungsfaktor. Und wer mit dem Lastenrad oder dem Elektrofahrzeug zum Kunden fährt, kommt sofort ins Gespräch, kann sich klar positionieren. Es geht letztlich um die ganze Betriebsorganisation. Speziell für kleine und mittlere Unternehmen hat beispielsweise die baden-württembergische Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit praxisnahe Leitfäden entwickelt, die sich gut für das Durchleuchten des Betriebes eignen.
Als Bauherr beauftragt Sto meist regionale Handwerker.
Stimmt. Das ist ökologisch und volkswirtschaftlich sinnvoll, weil es die Wertschöpfung vor Ort erhält. Auf der anderen Seite sind wir alle Weltbürger, daher sollte uns der Arbeitsplatz in weiterer Entfernung oder gar Fernost auch wichtig sein. Das ist in gewisser Weise ein Dilemma – auch weil wir ja selbst global auftreten, viele unserer Spezialprodukte jedoch zentral herstellen. Grundsätzlich ist es richtig, regionale Beziehungen zu pflegen.
Das Interview führte Armin Scharf
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