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Vorstellungsgespräch führen

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Vorstellungsgespräch führen

Mit professionellen Vorstellungsgesprächen präsentieren Sie sich bei Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber.

Das halbe Jahr im Ausland nach der bestandenen Meisterprüfung war eine tolle Erfahrung für den engagierten Malermeister Bernd Laininger. Über das Internet konnte er aus vielen Angeboten auswählen, fünf Termine hatte er vereinbart, auf die er alle bestens vorbereitet war. Heute fand der erste Termin mit Teamleiter Konzmann in dem Malerbetrieb statt, dessen Internetauftritt und Beschreibungen ihn neugierig gemacht hatte. „Kommen Sie zu uns“ und „Sie sind uns wichtig“ so die Überschriften auf der Homepage.

Hatte man seinen Termin vergessen, der Vorgesetzte kam 20 Minuten zu spät, der Besprechungsraum war nicht frei, so fand das Gespräch in einer kleinen Kammer im Büro statt, in dem unzählige Akten herumlagen. Sich mehrmals entschuldigend, suchte Herr Konzmann die Bewerbung von Bernd Laininger aus einem Stapel Papiere heraus, musste erst mal lesen, wer er sei. Das ging ja gut los. Die fachlichen Erläuterungen zur freien Position stellten Bernd zufrieden. Doch seine gezielten Fragen zu Aufstiegschancen und Vertragskonditionen konnte Konzmann nur unzureichend und ausweichend beantworten. Seine Worte „Wir wollen erst mal schauen, wer sich alles so bewirbt, wir wissen noch gar nicht, wie wir das dann im Team aufteilen, vielleicht übergeben wir auch einige Arbeiten einem Subunternehmer …“ stellten dem so prächtig präsentierten Unternehmen kein gutes Zeugnis aus. Malermeister Laininger schloss für sich daraus „wichtig scheinen Mitarbeiter und professionelle Personalauswahl hier nicht zu sein, gut dass ich noch vier andere Termine habe“.

Gute Vorbereitung

So darf es nicht laufen, denn auch Sie als Inhaber oder Führungskraft erwarten von Ihren Bewerbern und Bewerberinnen, dass diese pünktlich und gut vorbereitet sind, dass die zukünftigen Mitarbeiter genau wissen, was sie wollen. In Zeiten des Fachkräftemangels und des vielzitierten „War for Talents“ sollte ein Malerbetrieb sich seiner Rolle und den Anforderungen des Marktes und der Bewerber bewusst sein.

Das Vorstellungsgespräch als Teil des professionellen Auftritts auf dem Personalmarkt und in Konkurrenz mit anderen Arbeitgebern (z.B. der angrenzenden Gewerke) sind gute Strategien und angemessene Verhaltensweisen wichtig. Ein Vorstellungsgespräch dient dem Betrieb zum Kennenlernen der in Frage kommenden Bewerber (persönliche und fachliche Qualifikation), um sich ein persönliches Urteil zu bilden
einen Überblick über das Angebot der Bewerber zu erhalten – den Besten auswählen zu können schriftliche und mündliche Aussagen zu vergleichen, Fragen zu Lücken und Widersprüchen abzuklären zur Präsentation als attraktiver Arbeitgeber.

Ein Vorstellungsgespräch ermöglicht dem Bewerber bzw. der Bewerberin persönliche Fragen zur Arbeitsstelle, zu Aufgaben und in Bezug auf das Unternehmen zu klären die Frage für sich überprüfen, ob er/sie zum Unternehmen oder für die ausgeschriebene Position passt sich auf dem Arbeitsmarkt den Überblick zu verschaffen – das attraktivste Angebot auswählen zu können sich als kompetente/r, motivierte/r Mitarbeiter/in zu präsentieren.

Erfolg sichern

Eine gute Vorbereitung sichert den Erfolg der Auswahlgespräche:

  • Bereiten Sie sich für jedes Gespräch vor, indem Sie die Bewerbungsunterlagen genau lesen. Notieren Sie Anmerkungen und Fragen (Lücken, Ungenauigkeiten, Widersprüche) auf einem Extrablatt.
  • Legen Sie alle relevanten Unterlagen (Bewerberunterlagen, Stellenanzeige, Anforderungsprofil, Stellenbeschreibung und Musterarbeitsvertrag) und Informationen (z.B. Kunden- oder Mitarbeiterzeitung, Bildmaterial) für das Gespräch bereit.
  • Schaffen Sie einen professionellen Rahmen: Passender Besprechungsraum, seien Sie pünktlich, sorgen Sie für störungsfreie Zeit, stellen Sie ggf. Getränke bereit.
  • Legen Sie im Vorfeld die Muss-Kriterien und die verhandelbaren Rahmenbedingungen und Vertragskonditionen fest z.B. in der Geschäftsleitung oder mit den Vorgesetzten.

Persönliches Gespräch

Das persönliche Auswahlgespräch bietet viele Chancen:

  • Bauen Sie Ihr Vorstellungsgespräch in Stufen auf, machen Sie sich einen Zeitplan. So ist gewährleistet, dass Sie das Gespräch straff und ohne unnötige Abschweifungen führen.
  • Steuern Sie das Gespräch indem Sie abwechselnd strukturierte Phasen mit (meist offenen) Fragen und freie Unterhaltung mit Informationsaustausch und Raum für den Bewerber haben.
  • Reduzieren Sie Ihre Gesprächsanteile, damit Sie bei den so entstehenden Freiräumen und Ausführungen bei ihrem zukünftigen Mitarbeiter Eigenschaften, Denkweisen und Ansatzpunkte für Fragen erkennen und eine gute Basis für eine differenzierte und sichere Beurteilung erhalten.

Nachbereitung

Die Nachbereitung rundet das Bild ab:

  • Unmittelbar nach dem persönlichen Gespräch notieren Sie Ihre persönlichen Einschätzungen und Details. Besprechen Sie diese ggf. auch mit einer zweiten Person.
  • In einem zweiten Schritt vergleichen Sie dann als Zusammenschau die Qualität der Bewerbungsunterlagen, den schriftlichen bzw. telefonischen Kontakt vor dem Vorstellungsgespräch, die Ergebnisse des Interviews, die Bewerbung mit den Informationen aus dem Interview (Bestätigung oder Widersprüche). Machen Sie einen Abgleich mit den Anforderungen an die Stelle, Passgenauigkeit des Bewerbers zum Betrieb und zum Team und vergleichen Sie die Bewerber untereinander
  • Holen Sie ggf. weitere Informationen z.B. bei früheren Arbeitgebern ein.
  • Entscheiden Sie sich und nehmen Sie zügig Kontakt mit dem Bewerber bzw. mit der Bewerberin auf. Auch bei einer Absage kann der Bewerber eine professionelle Abwicklung erwarten.

Fragen überprüfen

Achtung: Nicht alle Fragen sind erlaubt und nicht alle Fragen und Verhaltensweisen sind zielführend. Grundsätzlich dürfen Sie als Arbeitgeber nur die Fragen stellen, an denen Sie ein berechtigtes Interesse in Bezug auf die zu besetzende Stelle haben. Stellen Sie bewusst oder unbewusst eine nicht erlaubte, unzulässige Frage, so darf der Bewerber diese auch wahrheitswidrig beantworten.
Machen Sie sich mit den gesetzlichen Regelungen vertraut, informieren Sie Ihre Führungskräfte, die Bewerbungsgespräche führen, ausführlich über die Rechtslage und kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt. Informieren Sie sich auch bei Ihrer Innung und Ihrer Handwerkskammer.

Beispiele für unzulässige Fragen sind Fragen zu Hochzeit und Scheidung, Schwangerschaft und Kinderwunsch, Parteien- und Gewerkschaftszugehörigkeit, Freundeskreis, sexuelle Orientierung, Religionsausübung, finanzielle Verhältnisse. Gesundheitsfragen, Fragen zu Vorstrafen und Einschränkungen überprüfen Sie stets in Bezug auf die Bedeutung für die zu besetzende Stelle, denn nur dann sind sie rechtens. Überprüfen Sie auch Fragen, die provozieren („Worin sehen Sie den größten Fehler in Ihrem Leben?“) oder suggestiv die Antwort vorgeben („Sie haben sicher in der letzten Stelle sehr selbstständig gearbeitet?“) auf ihren Nutzen. Ebenso sollten Sie Verhaltensweisen überprüfen, die den Bewerber absichtlich unter Druck setzen oder Stress erzeugen z.B. Bewerbungen anderer Personen herzeigen, den Bewerber ohne Grund warten lassen, sich anderen Aufgaben zuwenden, telefonieren, unangemessen über Mitarbeiter oder Mitbewerbern sprechen. Ebenso ist ein Gespräch, das betriebliche Internas oder Meinung über Konkurrenzbetriebe bzw. früherer Arbeitgeber zum Inhalt hat, nicht angemessen. Unabhängig davon, ob ein Bewerber bei Ihnen als Arbeitnehmer anfängt oder eine Absage erhält – diese Verhaltensweisen prägen das Bild, das Sie als Malerbetrieb und Arbeitgeber erzeugen und lassen möglicherweise z.B. Ihre Werbeaussagen „Wertschätzung und Vertrauen“ als Worthülse erscheinen. Nicht alle Fragen und Verhaltensweisen sind zielführend.

Barbara Seidl

Quelle: Malerblatt 2/2015

praxisplus

Barbara Seidl
Personal- und Organisations- entwicklung, Coaching & Mediation
Tel.: (089) 65308584
kontakt@barbara-seidl.de

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