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Abfindungen

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Abfindungen

Ein Betriebswirt und ein Fachanwalt betrachten die Abfindung aus einer juristisch-betriebswirtschaftlichen Sichtweise.

Gerade in Zeiten voller Auftragsbücher zählt jede Stunde, die zum Abarbeiten eingesetzt werden kann. Nicht selten sind aber gerade dann Ausfälle durch Krankheit oder eine geringe Produktivität durch fehlende Motivation zu beklagen. Auch Mehrarbeit in Form von Gut- oder Überstunden erfreuen sich nicht bei allen Mitarbeitern besonderer Beliebtheit und treffen häufig auf fehlende Akzeptanz. Dass alle diese Maßnahmen letztlich der Arbeitsplatzsicherung dienen, erschließt sich hierbei nicht jedem Mitarbeiter. Betrieblich notwendig, arbeitstechnisch oftmals auf Widerstand stoßend, stellt sich am Ende die Frage, wie der Unternehmer mit solchen Problemen umgehen kann. Insbesondere dann, wenn bereits das Betriebsklima belastet ist und klare Handlungskompetenz gefragt ist.

Überstundenregelung

Überstunden können z.B. auf Grundlage des Direktionsrechtes des Arbeitgebers angeordnet werden. Die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit sollte im Arbeitsvertrag geregelt werden oder mit den Arbeitnehmern abgestimmt werden. Gibt es keine Vereinbarung, richtet sich die Arbeitszeit im Malerhandwerk nach § 6–8 RTV (Rahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Malerhandwerk). Die werktägliche Arbeitszeit beträgt von Montag bis Freitag 8 Stunden, insgesamt 40 Stunden. Soll die regelmäßig vereinbarte Arbeitszeit überschritten werden, so handelt es sich um Überstunden, die der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechtes anordnen kann. Nach § 8 RTV kann bei betrieblichen Erfordernissen Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit angeordnet werden.
Die Formulierung „Bei betrieblichen Erfordernissen” gibt dem Betrieb einen größeren Spielraum. Ohne diese Bestimmung wären Arbeitnehmer nur in Notfällen, das heißt bei unvorhergesehenen Ereignissen zum Schutz betrieblicher Interessen, verpflichtet, Überstunden zu leisten. Sofern Aufträge vorliegen und eine betriebliche Notwendigkeit zur Bearbeitung außerhalb der üblichen Arbeitszeiten vorliegt, dürfen Überstunden angeordnet werden.
Der Mitarbeiter ist arbeitsvertraglich verpflichtet, notwendige Mehrarbeit auszuführen. Eine Weigerung stellt einen Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen dar. Jeder Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen kann abgemahnt und nach mehrmaliger Abmahnung eine Kündigung ausgesprochen werden.

Freistellung und Abfindung

Wurden arbeitsrechtliche Maßnahmen versäumt, tritt der Zustand ein, dass einige Mitarbeiter immer Überstunden leisten und die andern einen Einkaufsbummel machen. Dies führt zu Unzufriedenheit und auf Dauer auch zur Weigerung der willigen Arbeitnehmer Überstunden zu machen. Sind alle Möglichkeiten durchgespielt und haben zu keiner einvernehmlichen Lösung geführt, reduzieren sich die verbleibenden Alternativen auf die Duldung des Zustandes oder als Ultima Ratio die Freistellung, sprich Kündigung. Auch wenn es keinen formulierten Anspruch gibt, hat sich in der Praxis der Rechtsprechung eine gewisse Abfindungsregelung etabliert. Diese sieht erfahrungsgemäß einen halben Monatslohn für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit vor. Die Aussichten auf solche zusätzliche „Lohnkosten” führen oftmals dazu, dass untragbare Zustände sich über eine lange Zeit erstrecken können, bis der Leidensdruck dann so groß geworden ist, dass gehandelt wird. In der Zwischenzeit wurde der Betrieb durch die Kosten der Unproduktivität des Mitarbeiters weiter belastet. Ab wann die Kosten einer Abfindung den Betrieb günstiger kommen als die Kosten der Unproduktivität, soll nachfolgendes Berechnungsmodell (Beispiel) verdeutlichen.

Berechnungsmodell

Unterstellt man, dass der Mitarbeiter bereits seit 8 Jahren im Betrieb tätig ist, einen Stundenlohn von 14 Euro bekommt und je Arbeitstag eine Stunde durch einen der genannten Gründe „verloren geht”, so fallen im Jahr nach Abzug von 30 Urlaubstagen, jeweils 7 Kranken- und Feiertage (unter der Woche) rund 216 Stunden an, die der Betrieb bezahlen muss, aber keine Gegenleistung erhält. Außer dem hierfür anfallenden Lohn sind vom Arbeitgeber noch die lohngebundenen Kosten zu tragen, im Malerhandwerk ca. 80 Prozent. Lässt man einmal die weiteren Verluste des Betriebes außer Betracht, die dadurch entstehen, dass in der verlorenen Zeit keine Aufträge abgearbeitet werden, belaufen sich die Gesamtkosten auf rund 5.500 Euro/Jahr. Bei einer Arbeitszeit von durchschnittlich 40 Stunden/Woche und einem Lohn von 14 Euro die Stunde errechnet sich ein Monatslohn des Mitarbeiters von rund 2.400 Euro.
Würde es bei diesen Annahmen zu einem Kündigungsprozess kommen und eine Abfindung eines halben Monatslohns für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit zur Diskussion stehen, beliefe sich die Abfindungssumme auf ca. 9.600 Euro. Dem stehen die Kosten der Unproduktivität in Höhe von 5.500 Euro/Jahr gegenüber. Teilt man nun die Abfindungssumme durch die Kosten der Unproduktivität/Jahr, erhält man den Zeitpunkt, ab wann sich die Abfindungskosten „rechnen”. Hier nach 1,7 Jahren (rund 20 Monate). Berücksichtigt man weitere Faktoren, wie die durch die fehlende Zeit entgangenen Erträge oder die negativen Auswirkungen auf das Betriebsklima, verkürzt sich der Zeitraum entsprechend.

Fazit

Natürlich wird man bei Unstimmigkeiten immer zuerst versuchen, eine gemeinsame Lösung zu erreichen, was leider aber nicht immer möglich ist. Dann sind im Interesse des Betriebes manchmal auch unpopuläre Maßnahmen erforderlich. Gemäß dem Motto: Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Andreas Becker, Wolfgang Krauß
Quelle: Malerblatt 05/2013
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