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Prozesssteuerung Handwerk 1

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Prozesssteuerung Handwerk 1

In Prozessen denken. Steigende Kosten, stagnierende Erlöse: Wer im Handwerk seine Leistung nur über den Preis definiert denkt kurzfristig und bewegt sich in eine Sackgasse. Daher sind Konzepte gefragt, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens langfristig sichern. Prozesssteuerung bietet hierfür Chancen. Doch wer Prozesse steuern will muss erst lernen, in Prozessen zu denken.

Ein Friseurbesuch ist für viele ein recht kurzer Prozess:

  • Friseur: „Wie hätten wir´s denn gerne?“

  • Kunde: „Kurz, wie immer.“

  • Danach folgt Waschen, Schneiden – fertig!

Zugegeben, das ist eine etwas verkürzte Darstellung und wird dem „Prozess“ des Friseurbesuchs nicht wirklich gerecht. In Wahrheit ist es eine Spur komplexer: Begrüßung, Espresso, kurze Wartezeit, Waschen, Smalltalk, Schneiden, Bezahlen, Fertig. Aber auch diese Prozesskette ist überschaubar. Interessanter ist es da schon, den Friseurbesuch als Auftragsabwicklung zu betrachten.

Interne Kunden-Lieferanten-Beziehung

Gehen wir hierzu eine Ebene tiefer und betrachten nur die Hauptprozesse um das Haareschneiden: dann ist „Waschen“ interner Lieferant für „Schneiden“ und letzteres wiederum interner Lieferant und Grundlage für die „Abrechnung“. Umgekehrt ist „Abrechnung“ interner Kunde von „Schneiden“ und „Schneiden“ seinerseits interner Kunde von „Waschen“.

Dieses einfache Beispiel zeigt, dass eine an sich einfache Prozesskette eine Vielzahl an internen Kunden-Lieferanten Beziehungen beinhaltet. Jeder Prozess besitzt demzufolge sowohl einen internen Lieferanten als auch einen internen Kunden. Die Bewertungskriterien Qualität, Sauberkeit, Service, Termintreue und Wirtschaftlichkeit gelten somit extern wie intern.

Q3-Spachtelung als Prozesskette

Selbstverständlich lässt sich dieses Prinzip auch auf den Ausbaubereich übertragen. Nehmen wir beispielsweise die Leistungsanforderung an eine Q3-Spachtelung. Diese umfasst im Wesentlichen die Standardverspachtelung (Q 2) und zusätzlich ein breiteres Ausspachteln der Fugen sowie ein Abziehen der restlichen Gipskartonoberfläche zum Porenverschluss mit Spachtelmasse. In Prozess-Denkweise übersetzt: Die Standardverspachtelung nach Q2 ist interner Lieferant von uns, die wir mit der Feinspachtelung gemäß Q3 beauftragt sind. Unser interner Kunde wiederum ist der Kollege, der die Flächen später grundieren und tapezieren soll.

Interne Qualitätssicherung

Betrachte ich mich als internen Kunden, fällt es mir leichter, die gelieferte Leistung des Kollegen zu bewerten. Denn als Kunde werde ich nicht so ohne weiteres Fehler akzeptieren. Im Umkehrschluss werde ich selbstverständlich auch keine Fehler (wissentlich) machen oder an meinen internen Kunden weitergeben. „Keine Fehler annehmen … machen … weitergeben“ wird so zum internen Qualitätsprinzip. Interne Leistungen sollten jedoch nicht nur aus Qualitätssicht geprüft werden, sondern ebenfalls im Hinblick auf Sauberkeit, Termintreue und Wirtschaftlichkeit.

Chefsache

Wie lässt sich Prozess-Denken vermitteln? Am besten sicherlich indem man selbst als Vorbild dient. Gefragt sind Chefs, die sich selbst als Dienstleister verstehen und ihre Mitarbeiter als interne Kunden. Was erwartet mein Kunde? Was begeistert ihn? Was demotiviert ihn? Was bedeutet das für mein konkretes Führungsverhalten? – Nur wenn ich selbst als Chef interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen pflege und optimiere darf ich dies auch von meinen Mitarbeitern erwarten.

Wann habe ich meine Leistung zuletzt auf den Prüfstand gestellt – und wie oft erwarte ich dasselbe von meinen Mitarbeitern auf der Baustelle? Dies ist keine Generalkritik, sondern liefert die Erkenntnis: Es geht immer ein bisschen besser. Prozess-Denken betrifft uns alle, immer und überall: als Mitarbeiter oder Chef, als Friseur oder Maler. Damit hat Prozesssteuerung weniger mit irgendwelchen Formularen oder Computersystemen zu tun, als vielmehr mit uns selbst.

Dr. Christian Hürter
Foto: contrastwerkstatt (Fotolia). Grafik: Autor

PraxisPlus

Prozesssteuerung lehnt sich an Praxiserfahrungen an, welche erfolgreiche Unternehmen aller Branchen gesammelt haben. Eine der wesentlichen Ansätze hierbei ist es, die Organisation eines Unternehmens konsequent auf den Kunden auszurichten. Vertrieb, Planung, Ausführung – alle arbeiten miteinander – ausschließlich im Sinne des Kunden.


Prozesssteuerung im Handwerk

Die Artikelserie von Dr. Christian Hürter befasst sich mit den Hintergründen und wesentlichen Aspekten der Prozesssteuerung im Handwerk und gliedert sich in drei Teile:

  • In Prozessen denken
  • Ursachen ergründen
  • Wertschöpfung steigern

Zum Autor:

Dr. Christian Hürter leitet den Geschäftsbereich „Prozesssteuerung Baustelle“ bei der Unternehmensgruppe Heinrich Schmid und ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

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