Auswertung und Kennzahlen
Kennzahlen sind der Versuch, die komplexe betriebliche Realität zu verdichten und mittels messbarer Größen abzubilden.
Dass sich in Kennzahlen nicht alle Aspekte betrieblichen Handelns zum Ausdruck bringen lassen, ist offensichtlich. Aus diesem Grunde müssen einzelne Kennzahlen immer in Verbindung mit anderen Informationen interpretiert werden.
Dennoch sind betriebliche Kennzahlen für die Kontrolle und Steuerung eines Handwerksunternehmens unerlässlich. Mindestens einmal jährlich sollten auf der Basis des steuerlichen Jahresabschlusses und den Daten aus der Kostenrechnung betriebswirtschaftliche Kennzahlen ermittelt werden. Für die kurzfristige Kontrolle und Steuerung des Unternehmens ist auf die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) zurückzugreifen.
Weil der Aussagegehalt von absoluten Zahlen eher gering ist, werden diese ins Verhältnis zueinander gesetzt, so zum Beispiel die Betriebsleistung zu den produk-tiven Stunden im Geschäftsjahr. Erst durch die Bildung von Verhältniszahlen erschließen sich sinnvolle Zusammenhänge zwischen betriebswirtschaftlichen Sachverhalten. Zudem gelten sie als wichtige Indikatoren für mögliche Fehlent-wicklungen und sich abzeichnende Risiken.
Der Informationsgehalt von Kennzahlen lässt sich deutlich erhöhen, wenn sie mit entsprechenden Werten aus der Vergangenheit, mit Daten anderer Betriebe oder bestimmten Sollgrößen verglichen werden:
- Zeitvergleich: Viele Kennzahlen sind besonders aussagekräftig, wenn sie im Zusammenhang mit Vergangenheitswerten eine Entwicklung bzw. einen Trend aufzeigen.
- Branchenbetriebsvergleich: Weil beim Zeitvergleich nur die Kennzahlen des eigenen Unternehmens und damit nicht die Effizienz verschiedener betrieblicher Strukturen verglichen wird, ist dieser durch einen Betriebsvergleich zu ergänzen. Für das Maler- und Lackiererhandwerk werden jährlich vom Institut für Unternehmensführung des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz umfangreiche Betriebs-vergleiche zur Verfügung gestellt.
- Soll-Ist-Vergleich: Kennzahlen sind ein hervorragendes Instrument, um Vorgaben mit den ent-spre¬chen¬den Ist-Werten zu vergleichen. Abweichungen können so identifiziert, analysiert, interpretiert und gegebenenfalls für Zielkorrekturen verwendet werden.
Im Folgenden werden nun einige wichtige Kennzahlen dargestellt. Die ermittelten Werte basieren auf dem Praxisbeispiel (Controlling Teil 3 und 4).
Kostenkennzahlen und Leistungskennzahlen
Der Gemeinkostenzuschlagssatz ist die entscheidende Kostengröße im Maler-handwerk. Er ist die Voraussetzung für Ermittlung der Kosten je Stunde und des Stundenverrechnungssatzes sowie für die Auswertung von Baustellen im Rahmen der Nachkalkulation. Für das Praxisbeispiel lässt er sich wie folgt ermitteln (vgl. Controlling Teil 4, Malerblatt Wissen 9/2012):
Leistungskennzahlen gelten als Maßstab für die Produktivität und werden deshalb auch als Produktions- oder Produktivitätskennzahlen bezeichnet. Dazu wird zunächst die Betriebsleistung festgestellt. Unter der Betriebsleistung versteht man den Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen eines Unternehmens innerhalb eines Geschäftsjahres.
Für das Praxisbeispiel ergibt sich die Betriebsleistung wie folgt:
In dem Maße, wie die Bedeutung von Fremdleistungen im Handwerk zugenommen hat, hat die Betriebsleistung als Vergleichsmaßstab abgenommen. Will man die Leistungskraft von Unternehmen transparent machen, sind alle Fremdleistungen herauszurechnen. Man erhält dann die sog. Eigenleistung. Als Fremdleistungen gelten insbesondere Nachunternehmerleistungen und Leistungen und Produkte, die von anderen Unternehmen für einen konkreten Auftrag bezogen werden (z. B. Gerüstkosten, Maschinenmieten, mobile Toiletten).
Weil die Eigenleistung als absolute Zahl nur für den internen Vergleich geeignet ist, muss immer der Bezug zu der produktiven Mitarbeiterzahl und den produktiven Stunden hergestellt werden. Die Kapazitätsberechnung ergab 7,0 produktiv Beschäftigte mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 10.584 produktiven Stunden (vgl. Controlling Teil 3, Malerblatt 2/2012).
Ein noch exakteres Urteil über die Leistungskraft eines Unternehmens erlaubt die Wertschöpfung. Die Wertschöpfung errechnet sich aus der Eigenleistung abzüglich der direkt verrechenbaren Werkstoffkosten (Rohstoffkosten). Die Wertschöpfung je produktivem Mitarbeiter und je produktiver Stunde gelten als der Maßstab für die Produktivität. Allerdings kommt in diesen Kennzahlen nicht nur die Effizienz der Produktion bzw. Auftragsabwicklung zum Ausdruck, sondern auch das Durchsetzungsvermögen der eigenen Preise am Markt.
Wird die Wertschöpfung ins Verhältnis zu den produktiv Beschäftigten bzw. der Gesamtkapazität gesetzt, gewinnt man aussagefähige Vergleichskennzahlen:
Rentabilitätskennzahlen
Der Gewinn oder das Betriebsergebnis an sich erlauben noch keine hinreichende Bewertung des unternehmerischen Erfolgs. Erst wenn sie in Beziehung zu anderen Größen – beispielsweise zum Umsatz oder zum Kapital – gesetzt werden, lassen sie sich richtig einschätzen. Als Rentabilität wird hier immer eine Beziehungszahl bezeichnet, die die Rendite eines bestimmten Kapitaleinsatzes zum Ausdruck bringt.
Die Umsatzrentabilität gilt in der Bilanzanalyse der Banken als eine der Top-Kennzahlen. Weil das Betriebsergebnis die tatsächliche Leistungskraft eines Unternehmens widerspiegelt, sollte dieses herangezogen werden und nicht der Gewinn aus dem Jahresabschluss. Aussagekräftig ist diese Kennzahl vor allem im mehrjährigen Zeitvergleich und beim Vergleich mit Branchenwerten. Wird beim Betriebsergebnis die Verzinsung des kompletten betriebsnotwendigen Kapitals bereits berücksichtigt, ist dieses nun entsprechend hinzuzurechnen.
Beim Betriebsvergleich für das Maler- und Lackiererhandwerk wird nur das im Rahmen der kalkulatorischen Auswertung ermittelte Betriebsergebnis ins Verhältnis zur Betriebsleistung gesetzt. Man spricht dann auch von der Wirtschaftlichkeit.
Für die Beurteilung des unternehmerischen Erfolgs ist die Gesamtkapitalrentabilität von Bedeutung. Sie bringt die Verzinsung des gesamten im Unternehmen investierten Kapitals zum Ausdruck.
Diese und einige weitere Kennzahlen lassen sich alle mit der in PraxisPlus genannten CD-ROM ermitteln.
Eberhard Schilling
Akademie für Betriebsmanagement und Meisterschule in Stuttgart