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WDVS – Recht und Technik, Teil 1

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WDVS – Recht und Technik, Teil 1

Ein Betriebsinhaber bat um Hilfe, da ein Privatkunde die Rechnung für die Erstellung eines WDVS an seinem Einfamilienhaus um 20 Prozent gekürzt hat.

Der Malerbetrieb hat einen Vertrag auf Basis der VOB abgeschlossen. In dem Leistungsverzeichnis hat er angegeben, dass 250 Quadratmeter WDVS angebracht werden. Der Kunde hat nachgemessen und festgestellt, dass tatsächlich nur 200 Quadratmeter Wärmedämmung angebracht wurden. Auf das Argument, dass die Öffnungen übermessen werden, hat der Kunde geantwortet, dass er für Löcher nicht bezahlt. Hat der Kunde Recht? Die vertragsrechtliche Grundlage für das Anbringen eines WDVS ist das Werksvertragsrecht nach § 631 ff BGB. Bauherren und Auftragnehmer schließen immer einen Werkvertrag zur Herstellung des WDVS ab.

Vertragliche Grundlage

Den Abschluss eines schriftlichen Bauvertrages bedarf es nicht. Dieser ist jedoch bei einem WDVS zwingend zu empfehlen.

Der Werkvertrag bestimmt die zu erbringende Leistung, aber auch die Abrechnungsart. Im Leistungsverzeichnis oder in einem gesonderten schriftlichen Bauvertrag wird festgelegt, welche Beschaffenheit das WDVS haben soll, z. B. die Dicke des Systems (100 Millimeter), welcher Hersteller usw.

Was im Leistungsverzeichnis vereinbart wurde, muss als sogenannter „Erfolg” zum Zeitpunkt der Abnahme vorliegen, ansonsten ist das WDVS mangelhaft.

Praxistipp:

Der Werkvertrag bzw. das Leistungsverzeichnis bestimmt das, was der Malerbetrieb schuldet. Übernehmen Sie nicht einfach vorformulierte Leistungsverzeichnispositionen, ohne den Inhalt genau zu überprüfen. Erstellen Sie das Leistungsverzeichnis sehr genau, dann gibt es später keinen Streit über den Leistungsumfang.

BGB oder VOB/B

Werkverträge für ein WDVS können auf Basis des BGB oder der VOB geschlossen werden. Die VOB muss ausdrücklich in den Vertrag mit einbezogen werden. Die VOB/B ist eine allgemeine Geschäftsbedingung.

Die VOB/B gilt bei öffentlichen Auftraggebern immer, in Zusammenarbeit mit gewerblichen Kunden bzw. Baukundigen kann die VOB/B vereinbart werden. Mit privaten Auftraggebern ist die Vereinbarung der VOB/B nicht zu empfehlen, da diese besonders geschützt werden und jede Klausel der VOB auf den Vorteil für den Verbraucher überprüft wird.

Auch die Übergabe der VOB führt nicht dazu, dass die VOB „als Ganzes” vereinbart werden kann. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil entschieden, dass die einzelnen Klauseln der VOB/B bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern stets mit den Regeln des BGB verglichen werden. Konsequenz ist, dass Regelungen zu Lasten des Verbrauchers unwirksam sind. Umgekehrt sind verbrauchergünstige Regelungen für den Auftragnehmer nach wie vor wirksam.

Beispiel: Die Vereinbarung einer Gewährleistungsfrist von 4 Jahren nach VOB/B ist gegenüber einem Verbraucher unwirksam. Es gilt die 5-jährige Gewährleistungsfrist nach dem BGB. Die Zahlungsfrist nach VOB/B von 18 Werktagen bei Abschlägen ist wirksam (BGB sofortige Fälligkeit).

Praxistipp:

Keine Vereinbarung der VOB/B mit Verbrauchern, besser sind Verträge nach den Regeln des BGB, das auch Abschlagszahlungen regelt. Schlussrechnungen sind nach Abnahme sofort fällig. Wir mussten dem Malerbetrieb sagen, dass die Vereinbarung der VOB/B mit dem Privatkunden nicht vollständig möglich ist.

Aufmaßregeln

Wenn die VOB/B nur in ihren für den Privatkunden günstigeren Teilen gilt, so sind auf die Aufmaßregeln aus der VOB/C die gleichen Regeln anzuwenden. Damit die Aufmaßregeln der VOB/C mit einem Privatkunden gelten, müssten diese vertraglich vereinbart werden. Dazu müsste der Kunde die Aufmaßregeln vor Vertragsschluss erhalten. Es ist nicht zulässig, eine Kopie der Aufmaßregeln der VOB/C zu übergeben, da dadurch Urheberrechte verletzt würden. Da die Aufmaßregeln der VOB/C nicht anwendbar sind, sind auch die Übermessensregeln nicht anwendbar. Der Kunde kann tatsächlich um 20 Prozent kürzen.

Praxistipp:

Es gibt zwei Möglichkeiten zum Aufmaß und zur Abrechnung bei Privatkunden.

1. Das Angebot wird nach den Regeln des BGB erstellt, d. h., es werden nur die Flächen als Massen aufgenommen, die auch tatsächlich bearbeitet werden. Das hat zur Folge, dass der Einheitspreis höher wird und die Massen niedriger als beim Aufmaß nach der VOB/C.

2. Dem Kunden werden schon mit dem Angebot Allgemeine Geschäfts- oder Vertragsbedingungen übergeben, in denen genau beschrieben ist, auf welcher Basis das Angebot kalkuliert wurde. Eine solche vertragliche Regelung ist möglich, auch Übermessensklauseln können vereinbart werden.

Von der üblichen Gewohnheit, bei Privatkunden das Aufmaß der VOB/C ohne weiteres anzuwenden, musste sich der Malerbetrieb verabschieden.

Andreas Becker, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau und Architektenrecht
Quelle: Malerblatt 09/2012
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