Startseite » Betrieb & Markt » Betriebsführung »

Richtig entscheiden

Betriebsführung Malerblatt Wissen
Richtig entscheiden

Wenn ich das vorher gewusst hätte… Haben Sie das auch schon mal gedacht? Ja, wenn Sie vorher gewusst hätten, wie sich die Dinge entwickeln, dann hätten Sie eine ganz andere Entscheidung getroffen. Dann wären Sie anders an die Sache herangegangen. Und dann hätten Sie die Sache bestimmt zu Ihren Gunsten beeinflussen können. Hätten Sie es doch nur vorher gewusst! Diesen Gedanken hat wohl jeder Mensch irgendwann einmal in seinem Leben. Und dahinter steckt immer der gleiche Zusammenhang: Eine Entscheidung wurde getroffen. Die Dinge haben sich entwickelt. Neue Fakten sind hinzugetreten. Und die Entwicklung hat sich in eine Richtung bewegt, die man nicht haben wollte oder die man überhaupt nicht in Erwägung zog. Blöd gelaufen sozusagen.

Richtige Entscheidungen

Der Volksmund sagt: „Hinterher ist man immer schlauer.“ In der Rückschau sind alle Fakten bekannt. Da kennt man nicht nur die Parameter, die zu einer Entscheidung geführt haben, da kennt man auch die Fakten, die nach der Entscheidung eingetreten sind und die das Ergebnis dann letztlich in die nicht gewünschte Richtung bewegten. Hinterher weiß man, was wie gelaufen ist und was man hätte anders machen müssen, damit man das gewünschte Ziel erreicht hätte. Vorher waren diese Fakten nicht bekannt oder sie wurden vernachlässigt oder völlig unterschätzt. Daraus folgt, das es keine per se richtigen Entscheidungen geben kann. Eine Entscheidung ist immer nur so lange richtig, wie sich die Fakten, auf deren Grundlage sie getroffen wurde, nicht ändern. Ändern sich die Entscheidungsparameter oder treten neue Fakten hinzu, so kann die richtige Entscheidung ganz schnell falschwerden. Aber das weiß man dann erst in der Rückschau.

Gute Entscheidungen

Deshalb macht es keinen Sinn, sich mit den vermeintlich falschn Entscheidungen zu beschäftigen. Wer sich hinterher seine falsch Entscheidung vorwirft, der grämt sich. Und wer sich grämt, der lähmt sich. Der ist mehr mit der Vergangenheit beschäftigt, als in der Gegenwart zu sein. Und der vergibt sich selbst die Chance, im Heute und Jetzt gute Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Haben Sie es gemerkt? Es geht um „gute Entscheidungen“ und nicht um „richtige Entscheidungen“. Gute Entscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, dass alle vermeintlich wichtigen Parameter berücksichtigt und uninteressante Aspekte beiseitegeschoben werden. Wer eine gute Entscheidung trifft, der ist von dieser Entscheidung überzeugt. Der kann allerbestens damit leben. Und der kann später sagen: „Zu diesem Zeitpunkt und mit dem Wissen, das ich hatte, habe ich das richtig entschieden.“ Ob die Entscheidung dann richtig oder falschwar, das wird die Zukunft zeigen. Aber damit wird der Entscheider leben können.

Entscheidungsparameter

Für das Mit-einer-Entscheidung-lebenKönnen kommt es also darauf an, dass bei der Entscheidungsfindung die richtigen Parameter berücksichtigt wurden. Genau hier liegt das Geheimnis der Zufriedenheit. Wer sich bei einer Entscheidung die Zeit nimmt und zunächst die Fakten zusammenträgt und erst dann aus voller Überzeugung seine Wahl trifft, der kann wesentlich besser damit leben. Dabei ist wichtig, dass der Entscheider die Fakten selbst bewertet. Wer sich bereits bei der Bewertung der Fakten auf andere verlässt, erlebt oft eine böse Überraschung. Denken Sie beispielsweise an die vielen Menschen, die während der Finanzkrise mit Zertifikaten Geld verloren haben. Die Fakten waren allerdings vorher schon eindeutig: Ein Zertifikat ist das Versprechen eines Emittenten auf die Zahlung eines Gegenwerts. Geht der Emittent in die Pleite, kann er den Gegenwert nicht mehr zahlen. Wer also ein Zertifikat kauft, der muss mit dem Ausfallrisiko leben.

Risiko bewerten

Genau für dieses Risiko gibt es die höhere Rendite im Vergleich zum Sparbuch. Alles klar! Warum haben dann so viele Menschen trotzdem in Zertifikate investiert und dabei ihr Geld verloren. Richtig, weil diese Menschen das Faktum „Ausfallrisiko“ nicht selbst bewertet haben, sondern sich hinsichtlich der Bewertung auf ihren Anlageberater verließen. Eine gute Entscheidung kann aber niemals aufgrund bereits bewerteter Fakten getroffen werden. Über den Verlust und die schlechte Entscheidung darf man sich sehr wohl ärgern.

Fernentscheidung

Das führt uns zu einer Situation, die in vielen Malerbetrieben an der Tagesordnung ist. Ein Mitarbeiter ruft den Chef an, weil es auf einer Baustelle ein Problem gibt. Und nun soll der Chef entscheiden, wie es weitergehen soll. „Chef, wir haben hier ein Problem mit dem Untergrund, der hat Risse“, sagt der Mitarbeiter und fragt dann weiter: „Sollen wir armieren oder hält die Tapete das.“ Wie wollen Sie als Chef so etwas entscheiden? Die Antwort ist klar: Am besten gar nicht. Denn wie auch immer Sie bei dieser Faktenlage entscheiden, Sie haben eine schlechte Entscheidung getroffen. Wer entscheiden will, der braucht Fakten. Und diese Fakten müssen neutral ermittelt werden. Der Mitarbeiter in unserem Beispiel sammelt die Fakten aus seinem Blickwinkel. Der trifft schon eine Bewertung, bevor er überhaupt mit dem Chef spricht. Der stellt nur die Auswahl „Armieren“ oder „Tapezieren“. Für eine Entscheidung müssen Sie mehr wissen. Entweder Sie fahren also zur Baustelle und sehen sich das Problem vor Ort an oder Sie sorgen aus der Ferne dafür, dass Sie die notwendigen Informationen bekommen. Eine Checkliste, die dem Mitarbeiter bestimmte Prüfschritte vorgibt, und einige Bilder, könnten Sie das Problem aus der Ferne beurteilen lassen. Dann können Sie auch eine gute Entscheidung treffen. Oder zumindest eine Entscheidung, zu der Sie stehen und mit der Sie später gut leben können, auch wenn sie falschsein sollte.

Schnelle Entscheidung

Aber manchmal muss es schnell gehen. Da bleibt keine Zeit, die Fakten zu ermitteln und zu bewerten. Da muss eine Entscheidung sofort getroffen werden. Da bestehen Druck und Hektik. Genau jetzt wird es gefährlich. Der amerikanische Psychologe Keith Payne hat in mehreren Untersuchungen nachgewiesen, dass Menschen unter Zeitdruck sich ähnlich wie hochgradig erregte Menschen verhalten. Sie verlassen sich nicht mehr auf das, was sie mit eigenen Augen sehen, sondern lassen sich in ihren Entscheidungen von Stereotypen und Vorurteilen leiten. Das passiert auch Menschen, die sich ohne Druck nicht davon beeinflussen lassen oder diese sogar ablehnen. Druck verkürzt den Entscheidungsweg. Druck löst Automatismen aus. Und plötzlich zählen die Fakten nichts mehr. Da ist dann eine schlechte Entscheidung vorprogrammiert. Eine Entscheidung, mit der man eher schlecht leben kann, wenn es denn eine falsch Entscheidung war. Deshalb nehmen Sie den Druck aus der Situation heraus. Es gibt fast nichts, das sofort entschieden werden muss. Für die Bewertung der Fakten ist immer Zeit.

Bewertungsfehler

Und auch hierbei ist eine gewisse Wachsamkeit angesagt. Denn bereits der Bewertungsprozess an sich birgt deutliche Gefahren. Uns Menschen ist von der Natur eine Art Urinstinkt mitgegeben worden. Dieser Wahrnehmungsprozess ist viele Millionen Jahre alt und entwickelte sich weiter. Die Intuition war ein Schutzmechanismus, quasi eine Art „Überlebensgarantie“. Eine neue Situation musste sehr schnell als vorteilhaft oder bedrohlich eingeschätzt werden.

Unbewusster Prozess

Weil Denken Zeit kostet, die in vielen Alltags-Situationen nicht vorhanden ist, läuft dieser Prozess völlig unbewusst ab. Das haben wir mit in die moderne Welt genommen. Unsere neuronalen Netzwerke filtern die Situation, treffen eine Einschätzung und melden diese als Gefühl zurück. Wir spüren das sogenannte „Bauchgefühl“ als Wohlbefinden oder Unbehagen. Das leitet uns durch den Entscheidungsprozess und beeinflusst diesen selbstverständlich auch. Wenn wir es uns nicht bewusst machen, dann werden wir uns unbewusst von antrainierten Verhaltensweisen oder Vorurteilen leiten lassen. Dann ist die Entscheidung in einer Situation schon gefallen, bevor wir die Fakten überhaupt kennen und vor allem bewertet haben. Wenn wir uns dessen allerdings bewusst sind, dann kann das Bauchgefühl uns helfen, eine faktisch getroffene Entscheidung zu untermauern. Deshalb: „Entscheiden Sie gut!“
kompakt
Ob eine Entscheidung richtig oder falschwar, das zeigen das Ergebnis und die Rückschau. Ob eine Entscheidung gut oder schlecht ist, das liegt daran, wie sie vorbereitet und getroffen wird. Wer die Mechanismen kennt, kann mit seinen Entscheidungen besser leben.

Thomas Scheld
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Malerblatt 3
Ausgabe
3.2024
ABO
Malerblatt Wissenstipp

Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Malerblatt-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Malerblatt-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de