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Gerhard Pinter, Waldbuch (Österreich)

Betriebsführung Malerblatt Wissen
Gerhard Pinter, Waldbuch (Österreich)

Wettbewerbsdruck und fehlende Fachkräfte: Kämpfen die Handwerkskollegen im Ausland mit den gleichen Problemen? Das Malerblatt sprach mit dem deutschen Unternehmensberater Wolfgang Krauß und seinem Kunden, dem Malerbetrieb Gerhard Pinter aus der Steiermark, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Deutschland und Österreich.

Herr Krauß, Sie beraten Malerbetriebe in Deutschland und in Österreich. Was überwiegt denn im direkten Vergleich, die Unterschiede oder die Gemeinsamkeiten?

Wolfgang Krauß: Ganz klar die Gemeinsamkeiten. Die Rahmenbedingen in Österreich, so schätze ich einmal, entsprechen zu rund 80 Prozent den Rahmenbedingungen, mit denen die Malerbetriebe in Deutschland konfrontiert sind. Angefangen vom harten Preiskampf bis hin zum Fachkräftemangel, der in Österreich ebenfalls stark ausgeprägt ist. Dazu die Problematik, dass Preissteigerungen, sei es vom Lieferanten oder aufgrund gesetzlicher Regelungen, dem Kunden nur schwer oder gar nicht weiter gegeben werden können. Auch wenn das Lohnniveau insgesamt unter dem Niveau in Deutschland liegt, haben die Malerbetriebe in Österreich sogar noch stärker mit den tariflichen Kostenbelastungen zu kämpfen. So sieht bspw. der bindende Tarifvertrag für die Mitarbeiter im Malerhandwerk bei einer ganzjährigen Beschäftigung die Zahlung von jeweils einem Monatslohn für das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld vor. Und bei dann 14 Monatslöhnen liegt die Belastung für die lohngebundenen Gemeinkosten zwischen 110 bis 120 Prozent gegenüber 70 bis 80 Prozent in Deutschland.

Herr Pinter, wie schafft es dann ein Betrieb bei Ihnen über die Runden zu kommen oder einen Gewinn zu erwirtschaften?

Gerhard Pinter: Das ist natürlich nicht immer ganz einfach. Auch für uns nicht. Zumal wir hier unseren Betriebssitz zwar in einer ausgesprochen schönen Landschaft haben, die aber wirtschaftlich nicht so stark aufgestellt ist. So ist es nötig, dass wir für Aufträge auch weiter fahren und unsere Leistungen überregional an- bieten. Das ist nicht immer für alle Mitarbeiter attraktiv. Wir haben darüber hinaus das Problem, dass wir mit unserem Leistungsangebot, das überwiegend Arbeiten im Bereich der Wärmedämmung vorsieht, stark witterungs-abhängig sind. Ist der Winter lang, merken wir es sofort im Auslastungsgrad und im Ergebnis.

Sie arbeiten, sagen Sie, stark im WDVS. Hier gibt es ja in Deutschland seit längerem kontroverse Diskussionen zur Wirtschaftlichkeit, der Umweltverträglichkeit oder der Brand-gefährlichkeit. Gilt das auch für Österreich?

Gerhard Pinter: Die Diskussion, ab wann sich die Investition für eine energetische Maßnahme für den Kunden rechnet, haben wir hier auch. Insbesondere bei Kunden, die das 50. Lebensjahr überschritten haben. Das Thema Brandgefährlichkeit, das in Deutschland aus meiner Sicht heraus medial aufgeputscht wurde, ist bei uns so nicht präsent. Wir Österreicher lieben unser Land, deshalb spielt Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit bei uns eine wichtige Rolle. Das ist u.a. ein Grund, warum wir in unserem Betrieb unser Leistungsangebot um alternative Dämmstoffe, wie dem Hanf, erweitert haben und dies auch weiter vorantreiben wollen. So sind wir u.a. zertifizierter Hanf-Verarbeitungspartner der Firma Capatect.
Durch unsere Zusammenarbeit mit Herrn Krauß ist uns auch klar geworden, dass wir bei unserer bisherigen Ausrichtung zu stark von der Witterung abhängig waren. Hier ging es dann darum unser Leistungsangebot um Innenarbeiten zu erweitern, um unsere Auslastung zu erhöhen und unseren Mitarbeitern ein ganzjähriger attraktiver Arbeitgeber zu sein. Und das sollte möglichst mit der vorhandenen Logistik und Ausstattung abgedeckt werden können. Auch war mir bei unserer Neuausrichtung wichtig gewesen meinen Mitarbeitern ein handwerklich interessantes Aufgabengebiet anbieten zu können.
So sind wir zum Lehm gekommen. Zum Einen hat dieser Werkstoff ausgezeichnete biologische und physikalische Eigenschaften, gerade im Nassbereich, zum Anderen bietet er zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Wie bei unserem „Bucklwärmer“.

Was ist denn bitte ein Bucklwärmer?

Gerhard Pinter: Bucklwärmer heißt aus dem Steirischen ins Deutsche übersetzt so viel wie Rückenwärmer. Eine über Strom beheizbare Lehmwand. Die Einsetzbarkeit ist aufgrund ihrer modularen Bauweise, sie kann auch als einzelnes Heizelement genutzt werden, überall dort besonders interessant, wo aufgrund der bautechnischen Gegebenheiten eine konventionelle Heizung nicht gegeben ist. Bspw. in einer Berghütte oder in der Raucherecke im Außenbereich. Oder auch im Großraum-büro, wo mit der optischen Abtrennung auch gleich geheizt werden kann.

Und findet dieses Produkt in Österreich einen Markt?

Gerhard Pinter: Der Bucklwärmer ist in unserer strategischen Ausrichtung als Nischenprodukt konzipiert und wird sicherlich nicht unser stärkster Umsatzbringer werden. Auch stehen wir hier noch am Anfang der Vermarktung. Wir sehen es als Puzzle in einem Leistungsportfolio mit dem wir uns gegenüber dem Wettbewerb positionieren und abgrenzen wollen. Und Wettbewerber gibt es hier in Österreich, wie bei Ihnen auch, mehr als reichlich. Der Bereich Lehmbau und Lehmputze entwickelt sich bereits positiv. Hier streben wir mittelfristig einen, mit der klassischen WDVS, mindestens gleichrangigen Umsatzanteil an.

Herr Krauß, gibt es aus Ihrer Sicht einen Unterschied im Typus zwischen einem österreichischen und deutschen Unternehmer und seinem Unternehmen?

Wolfgang Krauß: Bei dieser Frage fallen mir ad hoc eigentlich nur Gemeinsamkeiten ein. Das mag daran liegen, dass die Herausforderungen an den Unternehmer in beiden Ländern doch sehr gleich sind. Was ich eher als Unterschied wahrnehme hat mehr eine zeitliche Komponente. Ich treffe hier in Österreich häufig auf Problemstellungen, die sich in Deutschland bereits vor mehreren Jahren darstellten. So hat sich die wirtschaftliche Situation für österreichische Malerbetriebe in den letzten Jahren eher verschlechtert, während sie sich in Deutschland tendenziell verbessert hat. Das bringt dann auch die entsprechenden Themen hervor. Wenn es um gesetzliche Regelungen geht, kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass einer vom andern abkupfert. Interessant ist, dass man scheinbar auch gerne Fehler kopiert. Gerade wenn ich mir die Entwicklung der tariflichen Regelungen in Österreich ansehe, die meiner Meinung nach nicht marktkonform verlaufen. Angefangen von den bereits erwähnten 14 Monatslöhnen oder der generellen Bezahlung von Fahrtzeiten. Die dadurch dem Betrieb entstehenden Kostenbelastungen lassen sich leider nicht mehr adäquat im Preis umsetzen. Das kommt mir schon sehr bekannt vor. Und in einem weiteren Punkt besteht eine bemerkenswerte Kongruenz. Dem Phänomen, immer auf einen Kollegen zu treffen, der es schafft, das bereits knappest kalkulierte Angebot um 30 Prozent zu unterbieten. Hier scheint das Malerverhalten international zu sein.

Herr Pinter, Herr Krauß hat gerade das Verhalten der Kollegen angesprochen. Wie geht man eigentlich bei Ihnen untereinander mit dem Mitbewerber um?

Gerhard Pinter: Ich glaube hier gibt es keine gravierenden Unterschiede zu Deutschland. Es gibt Kollegen, mit denen kommt man gut aus, ist sogar befreundet und es gibt Kollegen, die sind nur Mitbewerber. Was ich in Gesprächen mit Herrn Krauß allerdings schon feststellen konnte, ist, dass in Deutschland der Gedanke der Netzwerkpartnerschaft deutlich ausgeprägter ist. Netzwerke sind für mich in Zeiten zunehmender Komplexität ein zentraler Baustein des unternehmerischen Erfolgs.

Sie sind selbst in einem Netzwerk, den „Meisterwelten“ engagiert. Können Sie uns hierüber etwas erzählen?

Gerhard Pinter: Die Meisterwelten ist ein Netzwerk von über 50 Meisterbetrieben aus der Steiermark. Hier sind alle Berufsgruppen des Handwerks vertreten. Angefangen vom Augenoptiker bis hin zum Trachtendesigner. Gemeinsames Ziel ist es, die Meisterwelten als eine hochwertige Marke zu etablieren. Deshalb können nur Handwerksbetriebe Mitglied werden, die nachweislich höchste Qualität liefern. Mit dieser Kooperation, die gemeinsame unternehmerische Initiativen entwickelt und umsetzt, soll eine Stärkung der Region Steiermark erfolgen. Einmal im Jahr präsentieren sich alle Teilnehmer gemeinsam mit Ihrer Handwerkskunst und es wird aufgesteirert.

Aufgesteirert? Diesen Begriff müssen Sie uns erklären.

Gerhard Pinter: Aufsteirern ist ein steirisches Volkskulturfest, das seit 2002 jährlich Mitte September in Graz stattfindet. Mit über 130.000 Besuchern ist das Aufsteirern die größte volkskulturelle Veranstaltung in Österreich. Bei so vielen Besuchern ist das natürlich eine ideale Plattform sich und seine Handwerkskunst zu präsentieren.

Wie man sieht gibt es doch viele Parallelen zwischen Österreich und Deutschland. Dann darf ich mich bei Ihnen für das informative Gespräch herzlich bedanken und weiterhin viel Erfolg für die deutsch-österreichische Zusammenarbeit wünschen.

Quelle: Malerblatt 2/2015

PraxisPlus

Firma Pinter
Malermeisterarbeiten und Vollwärmeschutz Gerhard Pinter e. U.
A-8253 Waldbach
Schmiedviertel 75
Tel.: (00433336) 4555, Fax: 4266
Mobil: (0043664) 4031745
E-Mail: office@malerei-pinter.at

BfH Beratung fürs Handwerk
Dipl. Betriebswirt Wolfgang Krauß
Kolbing 35
83556 Griesstätt
Tel.: (08039) 9097220
Mobil: (0172) 7499102
wolfgangkrauss-beratung@t-online.de

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