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Praktikum im Ausland

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Praktikum im Ausland

Nach England oder in die Schweiz: Immer mehr junge Handwerker sammeln Erfahrungen bei einem Praktikum im Ausland.

Allein 2012 wagten 1.800 junge Auszubildende oder Gesellen den Schritt zu einem Praktikum außerhalb Deutschlands in Europa, in Amerika oder Asien – Tendenz steigend. Viel dazu beigetragen hat die 2009 von Bundesarbeitsministerium, DIHK und Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) gestartete Initiative „Berufsbildung ohne Grenzen”. Ihr Ziel ist es, Unternehmen zu beraten und Auszubildenden sowie Berufsanfängern in weitaus größerem Umfang als bisher berufliche Erfahrungen im Ausland zu ermöglichen. Gefördert wird das Programm aus Mitteln von Bund und Europäischem Sozialfond.

Warum es wichtig sein kann, solche Erfahrungen im Ausland zu sammeln, weiß Matthias Werner von der Mobilitätsberatung der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld: „Die Azubis werden durch einen Auslandsaufenthalt selbstständiger und bringen neue Arbeitserfahrungen und Techniken aus dem Ausland mit. Aber auch die Betriebe profitieren: Sie werden für potenzielle neue Auszubildende attraktiver, wenn sie solche freiwilligen Optionen in der Ausbildung anbieten. Außerdem sind die Auszubildenden nach dem Auslandsaufenthalt motivierter.”

Nordrhein-Westfalen hat einen erweiterten Weg beschritten. Das Bundesland bietet die Zusatzqualifikation „Europaassistenten im Handwerk” an. Damit möchten die Handwerkskammern verstärkt Abiturienten für eine duale Ausbildung im Handwerk ansprechen. Die Mindestvoraussetzung ist ein mittlerer Bildungsabschluss. „Oft ist unbekannt, dass Auslandsaufenthalte auch in der dualen Ausbildung möglich sind”, erläutert Matthias Werner. „Mit dem Zertifikat erwerben Auszubildende zusätzlich Kenntnisse zu Europa, die sie bei Bewerbungen gut nutzen können, um sich von Mitbewerbern abzuheben. Sie signalisieren zukünftigen Arbeitgebern, dass sie sich neben der Ausbildung weitergebildet haben.”

Beraternetzwerk

Matthias Werner ist einer von circa 30 Mobilitätsberatern der Handwerkskammern, die Austausch-Azubis bei ihren Praktikumsplänen unterstützen. Die Experten helfen bei der Abstimmung zwischen Unternehmen, Berufsschule, Teilnehmern und Handwerkskammern oder bei der Suche nach geeigneten Partnerunternehmen im Ausland. Matthias Werner empfiehlt den Azubis, den Schritt zum Auslandspraktikum nach der Zwischenprüfung im zweiten oder dritten Ausbildungsjahr zu wagen, denn dann „haben sie schon einige Arbeitserfahrungen sammeln können.” Gemeinsam mit dem Betrieb sollte der Zeitraum und das Zielland abgestimmt werden. Es gibt hierzu keine Vorgaben. Alle 28 EU-Länder sind möglich, sowie die Türkei, die Schweiz, Norwegen und Island.


Europaassistent

Felix Schepers aus einem Betrieb in Rheda Wiedenbrück hat sich während seine Ausbildung für diese Zusatzqualifikation entschieden. Der Besuch eines Informationsabends gab den Ausschlag. Er ging zu einem Betrieb in der Schweiz in Brig-Gils. Sechs Wochen arbeitete er im dortigen Unternehmen mit, lernte neue Werkzeuge kennen, stellte fest, dass man in der Schweiz die Wände eher verputzt als tapeziert und merkte, dass er auch Alltagsprobleme selber lösen kann. „Situationen wie eine leere Autobatterie vor dem Arbeitsbeginn musste ich selber regeln: eine Werkstatt finden und trotzdem zur Arbeit kommen.”

Außerdem ist Felix Schepers stolz, dass er die Abendschule regelmäßig besucht und durchgehalten hat. „Es war nicht immer einfach, nach der Arbeit nochmals die Schulbank zu drücken. Aber im Rückblick freue ich mich, nochmal mein Englisch und viel über die Wirtschaft und die EU gelernt zu haben.” Sein Fazit: „Durch mein Auslandspraktikum bin ich mir sicher, dass ich meine Zukunftspläne schaffen kann.”

Neue Erfahrungen

Auch Ina Buchfink hat von einem Beraternetzwerk profitiert. Sie absolvierte ihr vierwöchiges Auslandspraktikum letzten Herbst in Melton Mowbray in England mit Unterstützung von Go.for.europe, einer baden-württembergischen Beratungsstelle für Auszubildende, die ein Auslandspraktikum absolvieren möchten.

Mit gemischten Gefühlen und vielen Fragen im Kopf war sie losgeflogen: Wie wird die Gastfamilie sein, das Haus, wie klappt die Verständigung und wie ist das Essen? Doch sie hatte Glück! Die Gastmutter Sue kümmerte sich sehr fürsorglich um sie, konnte klasse kochen, unternahm Ausflüge und stellte sie ihrer Familie und Freunden vor. Auf diese Weise bekam Ina Buchfink viele Eindrücke vom englischen Familienleben. Am Montag ging es gleich für eine Woche in die nahe gelegene internati-onale Schule, wo sie eine Woche lang Englisch büffelte. „Die Kommunikation war kein Problem. Fachbegriffe wurden umschrieben oder gelernt.” Die folgenden drei Wochen verbrachte sie in einem Zwei-Frauenbetrieb in Melton Mowbray. Dabei erfuhr sie, dass es in England einen Zusammenschluss bzw. einen Verbund von Firmen in handwerklichen Berufen gibt, die ausschließlich aus Frauen bestehen.

Auch lernte die junge Frau in England Unterschiede in der Arbeitsweise kennen und dabei manches am Arbeiten zu Hause zu schätzen: „Der häufige Umgang mit Kleingebinden von Farben hat zur Folge, dass es keine Farbgitter sondern nur Farbwannen gibt, welche das Arbeiten umständlich machen. Auf das in Deutschland übliche Abklebeverfahren wird in England zum größten Teil verzichtet und stattdessen mit dem Anstrichmaterial beschnitten.”

Das Fazit ist bei Ina Buchfink – wie bei den meisten Austauschabsolventen – positiv: „Das Auslandspraktikum war super und ich würde jeder Zeit wieder für ein Praktikum oder einen Austausch gerne auch länger ins Ausland gehen. Ich kann nur jedem empfehlen: Nutze die Chance, wenn du sie bekommst.” Die Kommunikation war kein Problem.

 

Susanne Wierse
Foto: Ina Buchfink
Quelle: Malerblatt 03/2014
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