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Historische Metallobjekte 2

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Historische Metallobjekte 2

Folge 2: Der Korrosionsschutz von Eisen und Stahl unter Berücksichtigung der Denkmalpflege.

Zu altem Glanz

Zu seiner Zeit warnte J. G. Semper: „Baukunst soll sich auf die Metallkonstruktion nicht einlassen, weil es dieser an Masse fehle.” Dessen ungeachtet begegnen wir in der Baudenkmalpflege vielen Beispielen eindrucksvoller und erhaltungswürdiger Metallgestaltungen, angefangen von gusseisernen Säulen bis zur Ingenieurbaukunst der modernen Eisenarchitektur.


Gusseisensäule mit Schmuckkapitell in neugotischer Form und rekonstruierter Farbfassung.

Die Beschäftigung mit Metallobjekten in der Denkmalpflege beginnt mit der Frage nach der Herstellungsart der historischen Erzeugnisse, also ob es geschmiedet, gegossen oder gewalzt wurde. Die historische Reihenfolge der Entwicklung von Eisen- und Stahlsorten, ausgehend vom Roheisen und Schmiede- eisen, verläuft von der Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts über folgende Stati-onen: Gusseisen, Puddeleisen, Schweißeisen, Gussstahl, Stahlformguss, Thomas- und Bessemerstahl, der mit modernem Baustahl gleichgesetzt werden kann. Durch die Optimierung des Kohlenstoffgehaltes wurde die Bearbeitbarkeit des Stahls zwar immer besser, aber die Korrosionsanfälligkeit nahm in der angegebenen Reihenfolge immer mehr zu. Werden bei der Bestandsaufnahme historischer Schmiedekunstobjekte ihre Gestaltungen und die angewendeten Technologien der schmiedetechnischen Arbeitsgänge untersucht, muss bei Eisenkunstguss-Erzeugnissen den Fragen des eingesetzten Gussverfahrens, den Verbindungstechniken und der weiteren Oberflächengestaltung durch Feilen, Schleifen oder Ziselieren nachgegangen werden.


Das Melanchthondenkmal (1865) in Wittenberg nach der Restaurierung des gusseisernen Baldachin und neugotischen Himmels.

Die ersten Farbkonservierungen waren nur dünn und sollten die Materialcharakteristik erhalten. Dazu tauchten die Schmiede ihre noch heißen Eisenteile in heiße Ölbäder. Ein hamburgisches Magazin verrät 1774, wie Gussstücke mit einem schwarzen Rostschutzlack aus starkem Leinölfirnis, Kienruß und Teeranteilen gebrannt wurden. Später kamen in der Königlich Preußischen Eisengießerei Berlin noch weitere Zutaten für eine schöne Färbung und Glätte der „gewöhnlichen Eisenpatina” dazu, wonach man in Rezeptzuschlägen mit Elfenbein, Indigo und Bleiweiß die charakteristisch schwarz gebrannten Berliner Stücke mit einem Stich ins Blaue erhielt.

Damit war aber auch schon die Ursache für spätere Korrosionsschäden gesetzt: Für das neue fortschrittliche Material Eisen beteuerte man „Ewigkeit” für dessen Standfestigkeit, sodass „eisenfühlige” Oberflächengestaltungen mehr im Vordergrund standen als an notwendige Rostschutzmaßnahmen zu denken. Außerdem war vielerorts zu beobachten, dass eigentlich für den Innenraum gedachter Eisenkunstguss ohne ergänzende Schutzmaßnahmen zur Aufstellung ins Freie kam.


Restauratorische Oberflächenbehandlung durch sanfte Strahlentrostung an einer gusseisernen Brunnenschale.


 

Beschichtungssysteme

In der Bewertung und im Umgang mit historischen Farbbeschichtungen, die zum größten Teil auf Leinöl-Naturharz basieren, sind viele Gesichtspunkte zu beachten: Der historische Erstschutz liegt meistens im Zusammenhang mit nachfolgenden Beschichtungen vor, die sich häufig als ungünstige Mischsysteme erweisen. Damit hat er nachweislich seine Schutzfunktion aus früheren Jahren verloren und muss als verwittert und verbraucht eingeschätzt werden. Selbst bei Interesse für diese originalen, gealterten Farbschichten, die natürlich zum vollständigen authentischen Begreifen des historischen Objekts gehören, ließen sich diese nur sehr aufwendig restauratorisch von den Folgeschichten trennen.


Zwischenzustand bei der originalgerechten Schwarzfassung mit vier Farbbeschichtungen auf Öl-Kunstharzbasis.

Das ist schon für exemplarische Einzelstücke mit hohem Geschichtswert in oder für nachfolgende Innenraumpräsentation geschehen, durch kostspielige Skalpellarbeit oder mit Lasereinsatz. Für die weitere Belassung farbkonservierter Eisenobjekte im Außenraum gilt nur eine Restaurierungsvariante, die der ehemalige bayerische Landeskonservator Prof. M. Petzet 1996 eindeutig formuliert hat: „Die Wiederholung eines durch die Befunduntersuchung festgestellten Außenanstrichs einer Farbgestaltung stellt die einzige Möglichkeit dar, das ästhetische Erscheinungsbild zu überliefern.” Damit wird auch einer bekannten lacktechnischen Forderung Genüge getan, dass sich nicht weiterhin riskante Überschichtdicken aufbauen sollten, die der Haltbarkeit eines damit „geschützten Altsystems” diametral gegenüberstehen.


Gusseiserner Handlauf nach der Freilegung mit Skalpell und Drahtbürste.

Rekonstruktion der Farbbeschichtung in Material und Farbton bedeutet heute die vorrangige Verwendung von Öl-Kunstharz-modifizierten Beschichtungen mit einem Decklack im originalgerechten (ermittelten) Farbton, der im Glanzgrad seidenmatt eingestellt ist. Weitergehend werden aber auch schon moderne Beschichtungssysteme auf 2K- Basis für lange Haltbarkeit eingesetzt. Mit der Farbrekonstruktion ergeben sich zwangsweise Fragen zur vergleichbaren Haltbarkeit gegenüber den historischen Farbbeschichtungen und im Falle der Abnahme der alten, bleihaltigen Systeme (Bleimennige-Grundierungen und bleiweißpigmenthaltige Deckfarben).

Giftige Bestandteile

Zu diesen Themen haben sich in den letzten Jahren Veränderungen im Verständnis zu den Altanstrichen ergeben. Die erneute Applikation eines originalgerechten Ölfarbensystems mit Bleimennige- Rostschutzgrundierung würde zwar im Einklang mit dem normalen klassischen Restaurierungsverständnis stehen, aber auch eine „Entgiftung” des Objekts auf nachfolgende Generationen verschieben. So ist mit den heutigen gewachsenen Forderungen zum Gesundheits- und Naturschutz ein gesteigertes Umdenken eingetreten, welches nicht nur eine kontrollierte Abnahme der bleibelasteten Altkonservierungen, sondern auch für den Denkmalbereich die weitere Verwendung einschränkt, so wie es für die Industrie schon längst verboten ist. Hierzu hat ein sächsischer Restaurierungsbetrieb eine neue Variante der geteilten Abnahme bleihaltiger Beschichtungssysteme praktiziert, indem dicke Farbschollen zunächst abgenadelt und nachfolgend nur die restlichen Farbschichten der Strahlentrostung unterworfen wurden. Ein aktuelles BAM-Projekt von 2012 hat sich in Zusammenarbeit mit einer führenden Metallrestaurierungsfirma des Themas mit folgendem Titel angenommen: „Korrosionsschutzin der Denkmalpflege – Entwicklung innovativer Korrosionsschutzysteme unter Berücksichtigung spezieller Anforderungen der Denkmalpflege”. Bei der vorläufigen Auswertung im Jahr 2012 erbrachten aber die Probebleche mit Bleimennige-Anstrich wesentlich bessere Ergebnisse in der Freibewitterung als im Klimaschrank.

Mittels Backpulverstrahlen wurde eine Oberfläche mit historischen Merkmalen zurückgewonnen.

Die Frage der Denkmalverträglichkeit spielt eine große Rolle in der objektspezifischen Abwägung, wieder historiengetreue Farbbeschichtung einzusetzen oder – bei gleichem dekorativen Aussehen – die Verwendung von modernen Beschichtungsstoffen mit längerer Haltbarkeit, aber auch einem neuzeitlichen Alterungsbild zu tolerieren. Auch Lackhersteller haben sich darauf eingestellt, z. B. mit der Herstellung einer orangeroten, aber bleifreien Grundierung namens „Rostschutz-Mennige bleifrei”. Von entscheidender Bedeutung für die Haltbarkeit des Anstrichs ist die Beschaffenheit des Untergrunds und seine Vorbehandlung. In der Industrie gelten strengste Vorschriften für die Vorbereitung eines metallisch sauberen Untergrunds. Diese Vorgabe kann aber nur eingeschränkt für historische Objekte übernommen werden, da diese Arbeitsweise neue Oberflächenmerkmale, sprich Arbeitsspuren bedeuten würde. Besonderheiten in der Oberflächenvorbehandlung und in der Applikation bei der restauratorischen Farbkonservierung sind als zehn Regeln im Praxisplus-Kasten zusammengestellt. Im Außenbereich nehmen die Aufgabenstellungen durch den Erhalt immer größerer Objekte fortlaufend zu. Das bekannteste Objekt ist der Eiffelturm in Paris, seine 1883 einmalig genietete Eisenarchitektur benötigt alle sieben Jahre einen neuen Schutzanstrich für ca. drei Millionen Euro. Dazu gekommen sind auch viele Industriedenkmale als Bestandteil unseres kulturellen Gesamterbes. Sie machen als Museen die Geschichte der Industrialisierung erlebbar. Bei solcher Objektrestaurierung mit gigantischen Ausmaßen mussten ganz neue Restaurierungskonzepte entwickelt und umgesetzt werden. Aufgrund des Bedarf der Restaurierung ganzer stillgelegter Industrieanlagen wurde 1993 an der FHTW in Berlin die selbständige Studienrichtung für Technisches Kulturgut gegründet.

Quelle: Malerblatt Wissen 10/2013
Fotos: Wolfgang Conrad
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