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Gerüstbau, Teil 9

Werkzeuge & Maschinen
Gerüstbau, Teil 9

Zur Arbeitssicherheit zählt verstärkt nicht nur die Nutzung von Gerüsten, sondern auch deren Montage.

Das Verankern von Gerüsten ist wesentlich für deren Standsicherheit, vor allem wenn Gerüste mit Netzen oder Planen bekleidet sind. Die Verankerung verhindert das Umkippen des Gerüsts bzw. das Ausknicken der Gerüstständer, hält das Gerüst in Position und vermeidet so ein Verschieben in Längsrichtung. Aus diesem Grund fordert auch die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), dass freistehend nicht standsichere Gerüste verankert werden müssen. Dabei sind die Verankerungskräfte über Gerüsthalter und Befestigungsmittel in einen ausreichend tragfähigen Verankerungsgrund einzuleiten. Als ausreichend tragfähiger Verankerungsgrund gelten beispielsweise Stahlbetondecken, -wände oder -stützen sowie tragendes Mauerwerk nach DIN 1053 „Mauerwerk”. Keine ausreichende Tragfähigkeit besitzen dagegen Verankerungsgründe wie Schneefanggitter, Blitzableiter, Fallrohre oder Fensterrahmen. Die genaue Kenntnis des Verankerungsgrundes ist wichtig, um bei der Befestigung des Gerüsts geeignete Bohrverfahren und Verankerungsmittel zu wählen.

Verankerungsmittel

Die Verankerung des Gerüsts kann mit folgenden Hilfsmitteln erfolgen: Gerüsthaltern, im Regelfall ein Rohr mit einem Durchmesser von 48,3 Millimetern und einem angeschweißten Haken sowie Systemankern wie dem Layher Blitz Anker und V-Ankern mit Gerüsthaltern. Als Befestigungsmittel für die Verankerung kommen meist Ringschrauben mit einem Mindestdurchmesser von zwölf Millimetern zum Einsatz. Auf den Ringschrauben sind Einschraubmarkierungen vorhanden, die eine Kontrolle der Einschraubtiefe ermöglichen. Ergänzend müssen ein dem Ankergrund angepasster Dübeltyp verwendet und die zugehörigen Herstellerangaben eingehalten werden. Lassen sich Verankerungen nicht durch Dübel und Ringschrauben mit dem Bauwerk verbinden, so kommen Klammerkupplungen und Rohr-Kupplungskonstruktionen zum Tragen. Andere Möglichkeiten der Verankerung sind angeschweißte oder eingebohrte Elemente an Stahlkonstruktionen oder eingemauerte Verankerungselemente. Für diese Konstruktionen ist aber üblicherweise ein statischer Nachweis erforderlich.

Die Ankerkräfte

Verankerungen von Gerüsten sind am Bauwerk zug- und druckfest auszubilden und nach den anerkannten Regeln der Technik herzustellen. Die Ankerkräfte werden dabei von Faktoren wie Feldlänge, Verankerungsraster oder Gerüstbekleidung beeinflusst. Für die Regelausführung lassen sich Ankerkräfte den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen der jeweiligen Gerüsthersteller entnehmen. Bei der Regelausführung handelt es sich, vereinfacht gesagt, um ein Fassadengerüst mit einer Länge von zehn Feldern und Feldweiten von 3,07 Metern sowie einer Belagshöhe von circa 24 Metern in verschiedenen Gerüstkonfigurationen. Außerhalb der Regelausführung sind das Ankerraster und die Ankerkräfte im Einzelfall zu ermitteln.

Die Tragfähigkeit der Befestigungsmittel ist für die Ankerkräfte nachzuweisen – entweder durch statische Berechnung, Probebelastungen oder die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt). Hierbei sind jedoch der Nachweis des Ankergrunds, erforderliche Bauteilabmessungen, Randabstände sowie Einbauanweisungen zu berücksichtigen. Auf einen Nachweis kann verzichtet werden, wenn sich die ausreichende Tragfähigkeit durch die fachliche Erfahrung beurteilen lässt und der Gebrauchswert der Verankerungskraft A nicht größer als 1,5 kN, bei Stahlbeton nach DIN 1045 als Verankerungsgrund nicht größer als 6,0 kN ist. Die Ankerkräfte werden im Wesentlichen von folgenden Faktoren beeinflusst: Feldlängen, Verankerungsraster, Gerüsthöhe, Gerüstbekleidung, Anbau von Konsolen, Anbringen von Aufzugsmitteln, Anteil von Öffnungen in der Fassade, Windlasten (Konstruktionshöhe und Aufstellort), Standzeit.

Sind Probebelastungen erforderlich, müssen diese mittels geeigneter Prüfgeräte an der Verwendungsstelle durchgeführt werden. Dazu bestimmt eine befähigte Person die entsprechenden Verankerungspunkte nach Anzahl und Lage anhand folgender Kriterien: Zum einen hat die Probelast das 1,2-fache der geforderten Verankerungskraft F zu betragen. Zum anderen soll der Prüfumfang beim Verankerungsgrund Beton mindestens zehn Prozent und bei anderen Baustoffen mindestens 30 Prozent aller genutzten Dübel umfassen – mindestens aber fünf Probebelastungen. Nehmen einzelne oder mehrere Befestigungsmittel die Probelast nicht auf, ist die befähigte Person für die Ermittlung der Ursachen, die Ersatzbefestigung und gegebenenfalls für die Erhöhung des Prüfumfangs verantwortlich. Die Prüfergebnisse sind schriftlich zu dokumentieren und für die Dauer der Standzeit des Gerüsts aufzubewahren. Hilfestellung bietet die Handlungsanleitung für den Umgang mit Arbeits- und Schutzgerüsten (BGI/GUV-I 663) der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU). Dort finden Gerüstersteller das Muster eines Verankerungsprotokolls.

Ankerkräfte laut allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung.

Wahl des Ankerrasters

Die Wahl des Ankerrasters ist unter anderem von der Feldweite, der Belastung des Gerüsts durch Verkehrslasten oder Wind und der Aufbauhöhe des Gerüsts abhängig. Verankert werden die Gerüsthalter an Gerüstknoten, zum Beispiel den Kreuzungspunkten Ständer – Längsriegel – Querriegel sowie an standsicheren und festen Bauteilen wie Mauerscheiben. Der Einbau des Verankerungsmittels erfolgt stets fortlaufend mit dem Gerüstaufbau und ist beim Abbau in umgekehrter Reihenfolge wieder zu entfernen. Die DIN EN 12810 kennt drei verschiedene Ankerraster, die in den Regelausführungen der jeweiligen Zulassungen beschrieben sind. Das am weitesten verbreitete ist das sogenannte „Ankerraster acht Meter versetzt”. Dies bedeutet, dass in jeder zweiten Lage jeder zweite Rahmen geankert wird – also immer zwei Knotenpunkte nach oben und einen zur Seite. Hierbei ist der seitliche Gerüstabschluss jeder zweiten Gerüstlage zu verankern, da an den Randbereichen höhere Ankerkräfte auftreten als in der Mitte. Zum Einsatz kommt dieses Verankerungsraster im Normalfall bei unbekleideten Gerüsten.

Das „Ankerraster acht Meter versetzt“.

Bekleidete Gerüste

Bei bekleideten Gerüsten gilt der Verankerung aufgrund der höheren Windkräfte ein besonderes Augenmerk. Durch die geringe bzw. nicht vorhandene Winddurchlässigkeit steigen mit der Dichtheit des Bekleidungsmaterials die aus Wind aufzunehmenden Kräfte im Gegensatz zu unbekleideten Gerüsten stark an. Sie verdoppeln sich bei der Verwendung von Netzen und verdreifachen sich bei Planen durch die vergrößerte Windangriffsfläche. Die Zahl der Gerüstverankerungen ist daher entsprechend zu erhöhen. In diesem Fall kommt das „Ankerrastervier Meter” zum Einsatz, bei dem jede Ständerachse vertikal alle vier Meter verankert wird. Ebenfalls zu beachten ist, dass die einwirkenden Kräfte regionalen und topografischen Unterschieden unterliegen und insbesondere von der Bauform des Gerüsts abhängen. Das Verfahren zur Berechnung der Windlast auf Gerüstkonstruktionen ist in der DIN 12811-1 vorgegeben. Parameter der Windlastermittlung sind der am Aufstellort wirkende Böengeschwindigkeitsdruck q, der aerodynamische Kraftbeiwert cf bzw. der Formbeiwert cp, die windangeströmte Fläche A, der Lagebeiwert cs und die Standzeit ctemp des Gerüsts.

Parallelkräfte

Auch das Verankern von Gerüsten zur Anbringung von Wärmedämm-Verbundsystemen an Fassaden stellt durch den großen Wandabstand eine Herausforderung dar. Um das Arbeitsgerüst während der Arbeiten gegen parallel zur Fassade entstehende Kräfte zu sichern, sind lange Ringschrauben aber aufgrund ihrer Schaftlänge zur Abtragung von Parallelkräften nicht geeignet. Möglich sind etwa sogenannte V-Anker. Richtig montiert, ist von der Ringschraube nur noch der Ring sichtbar. Die Gerüsthalter werden unmittelbar vor der Wand gehalten und können so die Windkräfte entlang der Fassade aufnehmen. Allerdings hinterlassen V-Ankerkonstruktionen große Bereiche, die sich erst bei Demontage des Gerüsts isolieren lassen.

Die Tragfähigkeit dieses WDVS-Ankers ist 27,5 Mal höher als die einer 30 cm langen Ringschraube.

Ohne Verankerung

An vielen Objekten sind konventionelle Verankerungen mit Dübel und Ringschraube aufgrund spezieller Fassaden wie Glas, Naturstein oder Trapezblechverkleidungen bzw. aufgrund der Aufgabenstellung dagegen nicht möglich oder auch aus optischen Gründen nicht erwünscht. Bis zu einer Standhöhe von 6,2 Meter können Fassadengerüste durch Gerüststützen selbst bei geneigter Aufstandsfläche ohne Verankerung gesichert werden. Dies ermöglicht ein ungehindertes und damit effizientes Arbeiten an der Fassade. Ebenso entfällt das nachfolgende Schließen von Dübellöchern.

Die Gerüststützen dürfen an Fassadengerüsten aus Stahl entsprechend dem statischen Nachweis eingesetzt werden. Sie sind an jeden Rahmenzug anzubringen. Die Rahmenstöße sind mit Fallsteckern zu sichern, die Fußplatten der Gerüststützen sind im Boden zu verankern. Eine genaue Beschreibung lässt sich den Aufbau- und Verwendungsanleitungen entnehmen.

Mit Gerüststützen können Fassadengerüste bis zu einer Standhöhe von 6,2 Metern auch ohne Verankerung aufgestellt werden.

Fotos: Layher
Dipl.-Ing. (FH) Franz-Martin Dölker, Layher
Quelle: Malerblatt 08/2014
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