Eignen sich Fassadendämmsysteme auch als Solarkollektoren? Die Hochschule Wismar geht dieser Frage nach.
Dass sich nach Süden ausgerichtete Fassaden durch die Sonneneinstrahlung teilweise satt erwärmen, ist bekannt. Nun testet die Hochschule Wismar, ob sich gedämmte Fassaden als Solarkollektoren nutzen lassen.
Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres steht in Lübesse, einer kleinen Gemeinde südlich von Schwerin, ein kleiner Freibewitterungsstand mit Testflächen gedämmter Fassaden. Das wäre eigentlich nicht besonders erwähnenswert, würde die Hochschule Wismar hier nicht die Idee eines „energieaktiven“ Wärmedämm-Verbundsystems im praktischen Einsatz untersuchen. Konkret soll untersucht werden, ob sich gedämmte Fassaden als Solarkollektoren eignen und sich hierbei nennenswerte Energiemengen für die Brauchwasser-Erwärmung oder gar Heizung gewinnen lassen. Unterhalb der Putzebene verlaufen dazu feine Kapillaren, die von einer Wasser-Frostschutzmischung durchströmt werden. Dabei entzieht das Medium der Oberfläche Wärme, transportiert sie ab und liefert sie über einen Wärmetauscher an das hausinterne System, hier an einen großen Pufferspeicher. Schließt man eine Wärmepumpe dazwischen, könnte die Fassade die Heizung unterstützen.
Ein eigens konzipiertes Steuerungssystem regelt den Wärmeentzug, den Volumenstrom und die Entnahmezeiten so, dass die Oberfläche nicht oder nur kurzzeitig unter den Kondensationspunkt abkühlt. Die Testflächen sind nach Süden ausgerichtet und bestehen aus sechs Teilflächen mit weißer Deckbeschichtung (Hellbezugswert 90), einer anthrazitgrauen Beschichtung (Hellbezugswert 11) und einer Spezialbeschichtung, die Infrarot-Strahlung reflektiert (Hellbezugswert 90). Mit dieser Mischung will man auch prüfen, welchen Einfluss die Oberflächenqualität auf den Energieertrag hat. Interessant ist, dass durch den Wärmeentzug dunkle Oberflächen von innen „abgekühlt“ werden und so weniger thermische Spannungen im System entstehen dürften.
Das Projekt ist ein Teil des vom Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojektes „biop-FS: bifunktionale opake Fassadensysteme zur Dämmung und Wärmeenergiegewinnung“. Das über drei Jahre laufende Vorhaben soll erkunden, ob mit technisch und ökonomisch vertretbarem Aufwand die Außenwandflächen zur regenerativen Energiegewinnung nutzbar sind.
Sollte sich die Machbarkeit herausstellen, dürfte dies für die Fassadendämmung ganz neue Impulse bringen und die bislang passiven Dämmsysteme zu aktiven Bestandteilen der Gebäudetechnik machen. Die Sowa GmbH, Fassadensystem-Herstellerin aus Kamp-Bornhofen und einer der Industriepartner des Projektes, hat den WDVS-Aufbau zumindest schon zum Patent angemeldet.
Foto: Hochschule Wismar
Armin Scharf Quelle: Malerblatt 03/2012