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Sanierung von WDVS

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Sanierung von WDVS

Mit der Renovierung, Sanierung oder Aufrüstung bestehender WDVS entsteht ein neues Arbeitsfeld und ein neuer Markt.

Der neue Markt braucht ein in Aufwand und Kosten gestaffeltes Angebot vom Handwerk. Wärmedämm-Verbundsysteme der ersten Generation entsprechen nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Die Dämmwerte sind besser geworden, die Dämmstoffdicke hat sich wesentlich erhöht und nähert sich bei den Standard-Materialien EPS und Mineralwolle einem Kosten-Nutzen-Optimum. Wenn ältere WDVS saniert werden müssen, fallen sie also möglicherweise unter das Sanierungsgebot, das die EnEV 2009 ab einem Sanierungs-Flächenanteil von zehn Prozent an der gesamten Bauteilfläche ausspricht. Es scheint also naheliegend zu sein, eine Sanierung zur „Aufrüstung“ des alten WDVS zu nutzen, entweder durch vollständigen Rückbau und die Anbringung eines neuen WDVS oder durch weit weniger aufwendiges Aufdoppeln. Oft gibt es aber kostengünstigere Alternativen – für den Handwerksbetrieb, der sie anbietet, ein echter Kompetenzbeweis.


Putztechnische Sanierung

Die Ursachen für Renovierungs- oder Sanierungsbedarf am WDVS liegen zum einen in der ganz normalen Bauteil-Alterung. Ein Putzsystem ist immer auch ein „Verschleißteil“, das bei guter Materialauswahl und fachgerechter handwerklicher Ausführung eine hohe, aber nicht unbegrenzte Lebensdauer hat. Feuchtigkeits- und temperaturbedingte Dehn- und Schrumpfbewegungen machen das Putzsystem, je nach materialbedingter Elastizität und Wirkungsgrad der Armierung, über die Jahre hinweg rissig und damit auch wasserdurchlässig. Beeinträchtigungen und Schäden dieser Art sind nicht WDVS-spezifisch. Bedingt durch die geringe Stärke der Putzschicht auf den weichen Dämmplatten werden die Dehn- und Schrumpfbewegungen allerdings nicht aufgefangen und können damit stärker ausfallen als auf einem direkt verputzten Mauerwerk, zumal der Putz die Wärme nicht an die Dämmplatten weitergeben kann. Der Wunsch manches Bauherrn nach einer kräftigen, dunklen Farbe findet auch aus diesem Grund eine sinnvolle Grenze in einem zulässigen putzspezifischen Hellbezugswert.
Für jedes im Putz oder in der Beschichtung begründete WDVS-Problem kann bei intakten Dämmplatten eine „nur“ anstrichtechnische oder putztechnische Risssanierung das Mittel der Wahl sein. Darf man das in Zeiten des „Modernisierungszwangs“ durch die EnEV noch? Man darf! Bisher viel zu wenig beachtet sind die Passagen der Verordnung, die Ausnahmen von der Modernisierungspflicht erlauben, wenn diese nicht wirtschaftlich ist. Jeder Bauherr wird die Amortisierungszeiten sehr rational durchrechnen und technisch sinnvolle und von Gesetz und Verordnung erlaubte Alternativen gerne berücksichtigen.
Gerade die kunstharzgebundenen Putzsysteme, die durch ihre Elastizität und hydrophobe Einstellung oft als besonders für WDVS geeignet angesehen werden, erweisen sich in der Praxis je nach Umgebungs- und Bewitterungsbedingungen nicht selten als problematisch. Sie tendieren zu einer nachhaltigen Hinterfeuchtung, trocknen oberflächlich oft auch in den Tages-Sonnenstunden nicht vollständig ab und halten durch den Feuchtefilm nicht nur Schmutzpartikel eher fest, sondern bieten dann auch Algen und Pilzen günstige Lebensbedingungen. Der typische Schadensfall im Endstadium: durchfeuchtete, „abgesoffene“ Dämmplatten durch eindringendes Wasser, das nicht mehr nach außen abgegeben werden kann, und eine grünlich bis schwarz besiedelte Oberfläche – wobei Algen und Pilze eher optisch stören als einen tatsächlichen Schaden bedeuten und Feuchte dem unempfindlichen Dämmstoff auch nichts ausmacht. Nur erfüllt er dann seinen eigentlichen Zweck nicht mehr. Selbst geringe Mengen Feuchtigkeit im Dämmstoff senken den Dämmwert dramatisch.

Feuchteschäden am WDVS

Die Gründe für die Hinterfeuchtung sind zum Teil in einem mangelhaften konstruktiven Nässeschutz der Fassade zu suchen, besonders an Anschlussstellen und Gebäudeöffnungen – die 2005 erschienene, verbandsübergreifende Richtlinie „Anschlüsse an Fenster und Rollläden bei Putz, Trockenbau und Wärmedämm-Verbundsystemen“ zeigt die Bereiche klar auf, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Ein zweiter Mechanismus wird häufig genug übersehen. Der Aufbau eines WDVS verlagert den Taupunkt in die Dämmplatte. Das ist prinzipbedingt, also kein Fehler im System, sondern ein Beweis dafür, dass die Dämmplatte genau das tut, was sie tun soll, nämlich dämmen. Allerdings ist dieser Mechanismus nur dann unschädlich, wenn das kondensierende Wasser auch wieder aus dem System abgeführt werden kann.

Eine deutlich besiedelte WDVS-Oberfläche in einer Nachbarschaft mit unbelasteten Fassaden kann ein Hinweis auf ungünstige Putzauswahl sein.


Alternativen prüfen

Mineralische Putzmörtel besitzen gute wasserabführende Eigenschaften, die nicht nur auf der vielgenannten Diffusionsoffenheit beruhen, sondern auf dem wesentlich stärker wirksamen kapillaren Wassertransport.
Bei Wasserschäden am WDVS empfiehlt sich also nicht nur eine Inspektion eventueller konstruktiver Schwachstellen am Gebäude, sondern auch eine genaue Materialanalyse, zusammen mit einem Blick auf die Umgebung. Zeigen die Nachbargebäude ähnliche Schäden oder nicht? Zeigen unterschiedliche Putztypen ein unterschiedliches Bild? Kann man daraus Schlüsse für die Materialauswahl bei der Sanierung ziehen?

Ersetzen oder aufdoppeln

Manche Schäden im Putz haben ihre Ursache in der Dämmschicht. Bei jungen WDVS können es auch falsch angeordnete oder befestigte Dämmplatten, fehlerhafte Armierungen oder nicht genug abgelagerte Dämmplatten sein, die nach dem Einbau noch merklich schwinden – nach dem Öffnen ausreichender Flächen des WDVS an verschiedenen Stellen zeigen sich solche Ursachen schnell. Auch wenn die „großen Lösungen“ Aufdoppeln oder Abriss zur Debatte stehen, muss zur genauen Diagnose das WDVS geöffnet werden.

Kleinere Lösungen sind gefragt

Bei einem von Grund auf geschädigten, also z.B. durchfeuchteten oder nicht mehr standfesten WDVS gibt es praktisch keine Alternative zu Abriss und Neuerstellung. Trocknungsmaßnahmen haben kaum Aussicht auf Erfolg. Bei einem über längere Zeit durchfeuchteten WDVS wird als Folge daraus auch das Mauerwerk feucht sein.
Ist das Alt-WDVS noch standfest und tragfähig, lohnt sich möglicherweise ein Aufdoppeln. Konstruktive Mängel an kritischen Stellen können im Zuge der Arbeiten gleich mit behoben werden, und die Wärmedämmwerte können unter guten Bedingungen bis hin zum Passivhausstandard verbessert werden. Die meisten Systeme zum Aufdoppeln haben die notwendige bauaufsichtliche Zulassung. Schon bei Planung und Kalkulation sind insbesondere die Anschlüsse an Fenstern und Türen, das Verlege- und Dübelschema und auch die durch die höhere Dämmstoffstärke erforderlichen Brandschutzmaßnahmen zu beachten.
Was sich zunächst gut anhört, muss allerdings auch einer kritischen Kosten-Nutzen-Analyse standhalten. Sicher ergeben sich bei Fassadensanierungen in der Regel die sogenannten „Sowieso-Kosten“, z.B. für das Aufstellen eines Gerüsts. Unter dem Strich wachsen aber die finanziellen Belastungen für den Auftraggeber bei einer großen Sanierungslösung doch deutlich. Handwerksbetriebe sollten aber auf jeden Fall auch tragfähige kleinere Lösungen im Angebot haben und diese dem Kunden vorschlagen, wenn sie eine sinnvolle Alternative sind – das bringt vielleicht für den Moment weniger Umsatz, ist aber durch die Zufriedenheit des finanziell geschonten Kunden ein echtes Marketing-Argument.

Thomas Adolph
Quelle: Malerblatt 09/2010

 

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