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Energieausweis-Chance für Handwerker

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Energieausweis-Chance für Handwerker

Energieausweis, Energieeinsparverordnung, nachhaltiges Bauen – Schlagworte, die immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Schlagworte, die aber auch Handwerker, und hier gerade Maler- und Stuckateure, aufhorchen lassen sollten. Denn in den neuen Regelungen zur Einsparung von Energie bei Neubauten und bei Gebäudesanierungen stecken nicht nur Belastung und großer Aufwand, es handelt sich auch um eine Chance. Denn sowohl die Energieeinsparverordnung 2007 (EnEV) als auch der mit ihr eingeführte Energieausweis bringen Vorteile mit sich, die sich positiv auf das Handwerk auswirken können.
Lange Zeit macht man sich in den Reihen der Bundesregierung bereits Gedanken zum Abbau von Bürokratie und Verwaltungsvorgängen. Lange Zeit schon gibt es hierfür eine extra eingesetzte Kommission. Doch statt weniger Bürokratie, so könnte man manchmal denken, gibt es eher mehr – vor allem rund um das Thema Bauen. Allein durch die Einführung der EnEV 2007 und dem damit verbundenen Energieausweis kommen auf Architekten, Handwerker, Bauträger, Bauherren, Vermieter und Mieter neue Regeln und Verordnungen zu, die nicht leicht und sofort überschaubar erscheinen. Doch während die EnEV für Verkäufer und Vermieter sowie für die Immobilienwirtschaft eine Erschwernis darstellt, birgt sie gerade für Planer und Handwerker eine große Chance.
Denn der nun bei jedem Verkauf und bei jeder Vermietung geforderte Energieausweis kann nicht vom Besitzer oder seinem Makler ausgestellt werden. Nur Fachleute dürfen laut § 21 der EnEV 2007 einen solchen Ausweis erstellen. Aus diesem Grund ist es eine Chance, auch für Maler und Stuckateure, zumal, wenn eine Zusatzqualifikation als Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer vorhanden ist, sich als Energieberater weiterzubilden. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, neben der Ausstellung eines Energieausweises auch die Beratung für energiesparende Maßnahmen zu übernehmen und so ein zusätzliches Betätigungsfeld zu finden. Gerade im Bereich des Bestands ist dies möglich, da hier im Gegensatz zu Neubauten das Feld nicht bereits durch Architekten und Fachingenieure bestellt ist.


Nachweis der Energiebilanz

Doch nicht nur als neues Betätigungsfeld bringt der Energieausweis und bringt die EnEV neue Chancen. Weil Immobilien bei einer Neuvermietung oder gar einem Verkauf über einen Nachweis der Energiebilanz verfügen müssen, wie es die §§ 16 bis 19 der EnEV 2007 vorschreiben, wird es in Zukunft schwer sein, gebrauchte Immobilien am Markt zu verkaufen, die nicht modernisiert und sowohl bei der Anlagentechnik als auch bei der Wärmedämmmung auf dem neuesten Stand sind. So wird es in den nächsten Jahren, auch durch staatliche Förderungen unterstützt, mehr und mehr Hausbesitzer geben, die ihre Immobilien energetisch auf Vordermann bringen. Vor allem im Bereich der Fassadendämmung liegt hier vieles im Argen und muss aufgewertet werden, was wiede-rum für all jene eine gute Chance darstellt, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben oder eine Zusatzqualifikation vorweisen können. Zumal in einem Energieausweis für ein Bestandsgebäude nicht nur die aktuelle Situation festgehalten wird, sondern nach § 20 der EnEV 2007 auch Empfehlungen für eine Verbesserung der Energieeffizienz ausgesprochen werden sollen.
Solche Empfehlungen hängen meist mit dem Gesamtkonzept des Gebäudes zusammen und beinhalten die Anlagentechnik ebenso wie die Dämmung des Gebäudes. Dabei gilt als Grundlage für weitere Maßnahmen meist die Ermittlung und Berechnung des Primärenergiebedarfs. Denn hier kann, anders als beim ebenfalls für größere Gebäude zugelassenen Verbrauchswert, genau festgestellt werden, wie viel Energie ein Gebäude insgesamt verbraucht. Insgesamt heißt dabei, dass nicht nur die real eingesetzte Energie wie Erdgas oder Heizöl berücksichtigt wird, sondern auch festgehalten wird, welche Energie nötig war, um den verwendeten Energieträger bereitzustellen. Aus diesem Grund ist beispielsweise Heizöl zur Energiegewinnung in einem Haus günstiger als Strom, da der Primärenergiefaktor, der als Messgröße für die aufgewendete Bereitstellungsenergie genommen wird, bei Öl 1,1 und bei Strom 2,7 beträgt. Zur weiteren Verdeutlichung: Der Primärenergiefaktor bei erneuerbaren Energien wie etwa der Solarstromproduktion liegt bei 0,1.


Verbrauchswert

Dieser Ansatz und die Tatsache, dass auch der solare Eintrag über Fenster, also ein Energiegewinn sowie der Wärmeverlust, der so genannte Transmissionsverlust über Fassade, Dach und Lüftung aufgenommen wird, machen die Ausstellung des Energieausweises auf Basis des Primärenergie- bedarfs transparenter und daraus resultierende Maßnahmen solider und nachvollziehbarer. Dagegen wird beim ebenfalls zulässigen Energieausweis auf Basis des Verbrauchswerts nur das gemessen, erhoben und festgehalten, was vor Ort an Energie verbraucht wurde. Da sich ein Energieausweis nie auf einzelne Wohnungen bezieht, sondern immer ganze Häuser abbildet, kann es hier zu erheblichen Verzerrungen kommen. Denn beim Verbrauchswert wird das Energieverhalten der Bewohner und Nutzer gemessen. Das heißt, bei einem kleinen Haus mit drei Wohnungen, in dem drei Partien sehr viel heizen und viel Energie für die Warmwasserbereitung verbrauchen, ist die Energiebilanz katas-trophal – auch wenn das Haus eine gute Wärmedämmung hat. Aus diesem Grund ist die Erstellung eines Energieausweises mit den Verbrauchsdaten nur für größere Hauseinheiten mit mindestens fünf Wohnungen empfohlen, wie eine Sonderregelung der EnEV 2007 empfiehlt. Denn bei großen Häusern ist es wahrscheinlicher, dass sich aus dem Durchschnitt aller Verbrauchswerte der einzelnen Wohnungen ein objektives Bild ergibt. Dieses Bild wird übrigens nicht nur von der verbrauchten Energie gebildet, sondern enthält auch Daten zur Witterung während der Bemessungsperiode.


Energiebedarf vs. Energieverbrauch

Trotzdem sollte gerade dann, wenn es darum geht, bauliche Maßnahmen aufgrund eines Energieausweises zu empfehlen, ein Ausweis mit der Grundlage Energiebedarf einem mit der Grundlage Energieverbrauch vorgezogen werden. Außerdem ist natürlich darauf zu achten, ob man von einem Wohngebäude oder von einem anders genutzten Gebäude spricht. Denn sowohl bei der Erstellung eines Energieausweises als auch bei der Empfehlung von Maßnahmen und der anschließenden Umsetzung unterscheiden sich Gebäude hier wesentlich. Schon alleine beim Energieausweis muss bei einem Nicht-Wohngebäude neben der Energie, die zur Heizung und zur Aufbereitung von Warmwasser notwendig ist, auch die Energie miteinbezogen werden, die für Klimatisierung und Lüftung aufgewendet werden muss.
Ziel soll es sein, dass der Energieausweis und als Basis dafür die Energieeinsparverordnung 2007 dazu beitragen, dass die Energiebilanz von Häusern verbessert wird. Schließlich ist der Energieverbrauch durch den Betrieb und Unterhalt von Häusern ein wesentlicher Faktor beim weltweiten Energieverbrauch – ganz zu schweigen von der ökonomischen Komponente, die die ökologische noch ergänzt.
Denn steigende Energiepreise tragen auch dazu bei, dass sich eine Investition in eine moderne Heizanlage, in eine effizientere Lüftung und in eine besser gedämmte Fassade zügig amortisieren. Alleine, wenn man sich den Energiebedarf mancher Altbauten ansieht, die bei gut und gerne 400 kWh/(m2a) liegen, was in etwa 40 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr entspricht, wird das Einsparpotenzial deutlich. Ein modernisiertes Haus mit neuer Heiztechnik, eventuell neuer Lüftung und vor allem einer optimierten Dämmung bei Fassade, Dach und Fenstern bringt es auf 120 kWh/(m2a), also auf etwa 12 Liter pro Quadratmeter und Jahr. Ganz zu schweigen von Neubauten, die teilweise völlig ohne Energiezuführung oder zumindest mit drei Litern pro Quadratmeter und Jahr auskommen.
Diese Argumente sind es, die Hausbesitzer zum Nach- und Umdenken bringen können und die dafür sorgen, dass endlich Geld dort investiert wird, wo es sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden kann: In den Schutz und in den Erhalt unserer (noch) intakten Umwelt. Gerade das Handwerk kann neben Architekten und Fachingenieuren hier einen großen Beitrag leisten, indem man Kunden berät und ihnen die Vorteile, die ökonomischen wie die ökologischen, vor Augen führt. Eine Voraussetzung hierfür: Als Fachmann auftreten und beraten, wo Hausbesitzer und Vermieter, wo Immobilienkäufer und Mieter heute völlig überfordert sind. Und so, ganz nebenbei, die Stellung des Handwerks wieder stärken.

Marc Nagel
Quelle: Malerblatt 06/2009
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