Bei der Fassadeninstandsetzung eines Wohn- und Geschäfthaus in Berlin sollte der Altputz erhalten bleiben.
Vorgabe der Bauherren war die Instandsetzung einer Außenfassade an einem fünfgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus in Berlin in der Lietzenburgerstraße 99. Dabei wurde aus ökologischen und ökonomischen Gründen angestrebt, den Altputz soweit wie möglich zu erhalten.
Schadensbilder
Die Vorschädigungen der Altfassade zeigten sich in Form von Rissbildungen, Putzausbrüchen, Zerstörung der Stuckgesimse sowie partiellen Farbabplatzungen. Besonders im Bereich der Balkonbrüstungen bzw. Untersichten war der Altputz durch massive Feuchteeinwirkung stark geschädigt. Die Stuckgesimse bestanden größtenteils aus Gipsmörteln, die bei der Reprofilierung wieder mit Gips aufgebaut wurden. Hierzu wurde akribisch darauf geachtet, gipshaltige Materialien von zementgebundenen Mörteln zu trennen.
Grundlage der ausgeführten Sanierungsarbeiten waren die BFS-Merkblätter 19, 19.1 und 20.1 „Risse in Außenputzen – Beschichtung und Armierung“, „Risse in unverputztem und verputztem Mauerwerk, in Gipskartonplatten und ähnlichen Stoffen auf Unterkonstruktionen – Ursachen und Bearbeitungsmöglichkeiten“, „Beurteilung des Untergrundes für Putzarbeiten – Maßnahmen und Beseitigung von Schäden“ sowie das WTA-Merkblatt 2-04-08/D „Beurteilung und Instandsetzung gerissener Putze an Fassaden.“
Fassadensanierung
Die Altfassade wurde mittels Wasserdampfstrahler gereinigt und von allen losen und mürben Farbschichten sowie Putzablösungen befreit. Um die Tragfähigkeit des alten Untergrundes für die nachfolgenden mörteltechnischen Überarbeitungen zu prüfen, wurden an ausgewählten Fassadenbereichen sogenannte Abreißprüfungen durchgeführt. Dazu wird auf den gereinigten und abgetrockneten Altputz eine ca. ein Quadratmeter große Fläche mit einem kunststoffvergüteten Fassaden-spachtel in etwa 5 Millimeter Auftragsstärke überspachtelt. In die frische Spachtelschicht wird ein alkalibeständiges Glasfaserarmierungsgewebe so eingebettet, dass im oberen Randbereich ein ca. 15 Zentimeter breiter Gewebestreifen herausragt. Nach einer Erhärtungszeit von ungefähr einer Woche wird das Glasfasergewebe an dem oberen Streifen fassend kräftig nach unten abgezogen. Die Prüfung auf Abreißfestigkeit gilt als bestanden, wenn das Armierungsgewebe aus dem Spachtel ausgerissen wird, ohne dass Bestandteile des Altputzes oder des Altanstriches an der Unterseite der Spachtelschicht anhaften. Als Material wurde ein Putzspachtel eingesetzt.
Im vorliegenden Fall erwies sich der Altputz als ausreichend tragfähig – einer putztechnischen Überarbeitung stand also nicht im Wege. Größere Ausbrüche oder Hohlstellen wurden vor der Flächensanierung mit einem mineralischen Leichtputz aufgebaut. Lediglich in den Bereichen, wo das Mauerwerk es erforderlich machte, wurde zur Haftvermittlung ein Vorspritzmörtel der Festigkeitsklasse CS IV gemäß der Putznorm DIN EN 998-1 eingesetzt.
Ausgeprägte, nachbesserbare Einzelrisse (siehe WTA-Merkblatt 2-04-08/D „Beurteilung und Instandsetzung gerissener Putze an Fassaden“, Verfahren E 2 bzw. F 5) wurden aufgeweitet und mit einem Fassadenspachtel gefüllt. Dadurch wird die effektive Dehnlänge des Risses vergrößert und die Rissüberbrückungsfähigkeit des Fassadenspachtels verbessert.
Nach entsprechenden Standzeiten von einem Tag je Millimeter Auftragsstärke der verwendeten Putzmörtel bzw. des Fassadenspachtels erfolgte die vollflächige Überspachtelung der kompletten Fassadenfläche in einer Schichtstärke von etwa drei Millimetern und Einbettung des Armierungsgewebes Fein (alkalibeständig). Im Randbereich wurden die Gewebebahnen mindestens zehn Zentimeter breit überlappt. Nach einer Standzeit von einem weiteren Tag je Millimeter Putzstärke, erfolgte der Auftrag des Deckputzes mit einer wunschgemäß feinen Strukturkörnung von 0,7 Millimeter. Die Schlussbeschichtung zeichnet sich durch eine abgestimmte Festigkeitsentwicklung auf Basis Kalk mit hochhydraulischen Zusätzen und einer hervorragenden Verarbeitungsfähigkeit aus. Das Produkt wird bevorzugt im Bereich der Denkmalpflege eingesetzt.
Die Farbgebung der kompletten Außenfassade wurde mit einer rissfüllenden Farbe im bemusterten historischen Farbton vorgenommen. Erhaltenswerte, ungeschädigte Altputzflächen konnten direkt mit diesem Farbsystem saniert werden.
Ein besonderes Augenmerk galt der Instandsetzung der Stuckgesimse mit gipshaltigen Materialien. Das Schadensbild zeigte hier vielfältige Rissbildungen, Abplatzungen oder teilflächige Materialverluste. Der Neuantrag wurde im Wandzugverfahren mit teilflächigen Unterkonstruktionen aus rostfreien Edelstahlbefestigern vorgenommen.
Ausblick
Die Sanierungsarbeiten konnten nach ca. 10-monatiger Rekonstruktionsarbeit erfolgreich abgeschlossen werden. Das Gebäude erstrahlt in neuem Glanz und konnte dem Bauherrn zur Nutzung übergeben werden.
Jens Brühl, Dr. Günter Glock Quelle: Malerblatt 06/2009