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Farbfamilien bei Rittersport

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Farbfamilien bei Rittersport

Welche Farbe hat Schokolade? Richtig: Braun, das je nach Anteil der Kakaomasse mal heller, mal dunkler erscheint.

Müsste da die Verpackung nicht auch, also im Sinne eines sprechenden Inhaltes, braun sein? Stattdessen geht es in den Regalen mit den begehrten Tafeln ausgesprochen bunt zu, vor allem in der Abteilung mit den quadratischen Tafeln aus dem schwäbischen Waldenbuch. Da knallt ein poppiges Magenta heraus, ein leuchtendes Blau, ein sanftes Rosé oder ein dunkles Grün, das irgendwie an Tanne erinnert. Aber es ist Schokolade drin, die Sorte nennt sich „Ganze Mandel“ und sagt unmissverständlich, dass die Tafel etwas für „Beißer“ ist. Also für jene Zeitgenossen, die eher knackiges Süßwerk mit knackigen Inhalten vorziehen. Im Gegensatz dazu lassen „Lutscher“ die Schokolade lieber auf der Zunge zergehen, beispielsweise Nougat. Das darf man nun keineswegs herabsetzend verstehen – ganz im Gegensatz zum Radsport, wo „Lutscher“ die ewigen Windschattenfahrer bezeichnet. „Beißer“ hat ja auch nichts mit dem grimmgebissigen Schurken zu tun, mit dem weiland James Bond ein zweifelhaftes Stelldichein hatte.

 


Lutscher und Beißer

Zurück ans Regal der Begierde: Rot, blau, gelb, gülden und grün, weiß, orange, braun, türkis leuchtet „Ritter Sport“ dem nach Süßem gelüstenden Kaufwilligen entgegen. Schnell, sozusagen intuitiv ist da die farbig klar gekennzeichnete Lieblingssorte gegriffen. Und dank der Farbcodierung lässt sich auch das Depot daheim oder im Büro auf einen Blick prüfen, ob sich Engpässe abzeichnen könnten. Irgendwie eine prima Sache.
Das hat man wohl auch bei Alfred Ritter gedacht, jenem Unternehmen in Waldenbuch, das die bunten quadratischen Tafeln produziert. Vor über drei Jahrzehnten schaltete man dort auf Farbe um, auf dass sich die Produkte im gerade neu etablierten Farbfernsehen gut darstellen mögen. Zuvor war die TV-Welt eine graue, wo lediglich Kontraste im grobkörnigen und zum Verschwiemeln neigenden Bild zählten. Damals war „Ritter Sport“ noch von braunem Cellophan umhüllt, durch das die seit 1932 bereits quadratische Tafel lockend durchschien. 1974 verschwand die Transparenz, die Farbe kam – und sollte besonders die junge, aktive Zielgruppe ansprechen. Wie, das lässt sich noch heute im Waldenbucher „SchokoLaden“ anhand alter Spots beschmunzeln. Farbe und Form wurden in den folgenden Jahren zu den markenprägenden Elementen, deren Bedeutung bis heute ungebrochen ist und im Verkaufsregal unübersehbare Zeichen setzen.

Wie sich das Verpackungsdesign über die Jahrzehnte ändert, zeigt sich hier. 1974 wurde aus der blauen Ecke dann die vollflächige Farbe, 1976 kam der Knick-Pack. Der Markenkern blieb jedoch stets konstant.


 

Gelernte und neue Farben

Wieso aber umgibt den Klassiker „Alpenmilch“ eine hellblaue Kunststoffhülle? Ganz einfach: Alpenmilch, so die Unternehmenssprecherin Petra Fix, verbinde man mit blauem Himmel, Frische und Leichtigkeit. Daher ist die Packung eben blau. Und weil die Schokomasse in die Systematik eingeht, zeigen sich auch die anderen Milchschokoladesorten in Blau-Nuancen, das nennt man bei Ritter „gelernte Farbe“. Vergab man 1974 noch klar unterscheidbare Nuancen, so erschwert das wachsende Sortenangebot die Prägnanz der Farbcodierung. Aktuell sind 24 Sorten im Angebot, plus drei sogenannte Saisonsorten sowie vier Bio-Versionen. Dieses Sortiment wandelt sich immer wieder, weniger erfolgreiche Produkte verschwinden, neue kommen hinzu, so dass sich einzelne Farben „recyceln“ lassen.
Bevor eine neue Sorte zu ihrer Farbe kommt, wird getestet. Zunächst die Schokolade in ihrer puren Form, also im neutralen Knick-Pack und dann in verschiedene Farben gehüllt. So lässt sich sehr gut erkennen, welche Farbe welchen Kaufimpuls für welche Sorte auslöst. Denn letztlich geht es um diesen kurzen Moment vor dem Regal, der über die Anteile im gesättigten Schokolademarkt entscheidet. Übrigens benötigt eine neue Sorte rund ein Jahr, bis sie in den Handel kommt – sofern sie nicht zuvor bei Produktions-, Haltbarkeits- und Geschmackstests auf der Strecke geblieben ist. Das gilt auch für die jeweils drei nur zum Frühling, Sommer und Winter limitiert verkauften Saisonsorten, die die klassische Linie mit Schoko-Innovationen anreichert. Deren Packungen zeigen sich übrigens horizontal zweigeteilt, unten die „Familienfarbe“ der Schokomasse und oben eine Saisonfarbe.

Die Verpackung besteht aus einem dreischichtigen Folienmaterial aus Polypropylen. Es ist markentypisch und schützt das Aroma. In neutralen Verpackungen stecken Testtafeln mit neuen Sorten, die womöglich nie in den regulären Handel kommen und nur im firmeneigenen „SchokoLaden“ zu haben sind.


 

Nicht allzu pastellig

Noch ein Aspekt schränkt die Farbwahl ein: Weil die Marke „Ritter Sport“ mit Qualität und Vertrauen verbunden ist, fallen jene Nuancen von vornherein aus, die stark modisch oder pastellig geprägt sind und so keine langfristige Akzeptanz erwarten lassen. Was aber nicht heißt, dass „Edel-Bitter“ in einem leuchtenden Magenta daherkommt. Vielleicht spielen letztlich dann doch auch ganz persönliche Präferenzen der Führungscrew des Familienunternehmens mit herein.
Als Bestseller gelten hier zu Lande nach wie vor „Alpenmilch“, „Vollnuss“ (braun mit Nussstruktur), „Nougat“ (dunkelblau), „Marzipan“ (feuerrot) und „Rum Trauben Nuss“ (dunkleres Rot). Weit weniger nachgefragt, aber mit treuen Fans bedacht, zeigt sich „Olympia“. In den 1970er-Jahren eingeführt, schwächelten irgendwann die Absatzzahlen, eine neue Sorte besetzte den wertvollen und begrenzten Platz im Handelsregal. Doch da hatte Ritter die Rechnung ohne die „Olympia“-Liebhaber gemacht, die immer wieder den Verlust ihrer Sorte beklagten. Und so ist die „Olympia“ heute wieder in ihrer messingfarbenen Verpackung und ihrer besonderen Füllung zu haben.

Quelle: Malerblatt 03/2011, Fotos: Alfred Ritter, Armin Scharf

 

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