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Umgang mit Farbe

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Umgang mit Farbe

Noch nie war die Farbenvielfalt so groß wie heute, waren die Gestaltungsmöglichkeiten so vielfältig.

Doch dieser faszinierende Umstand ist auch eine Herausforderung, denn nicht alles Machbare ist gestalterisch auch sinnvoll.
Einst mussten Farbstoffe und Pigmente mühsam gesammelt, gewonnen und so zubereitet werden, dass sie auch nutzbar wurden. Quellen der Farbigkeit waren neben Pflanzen und Mineralien auch Tiere. Man denke nur an die Purpurschnecke, aus der die Phönizier 1500 v. Chr. erstmals Purpur gewannen. Für ein Gramm des Farbstoffes mussten 10.000 Schnecken ihr Leben lassen – entsprechend unbezahlbar war die Farbe und nur Trägern in höchsten weltlichen oder religiösen Ämtern zugestanden. Noch heute zeugen die Halden mit den Schneckenresten von der damals prosperierenden Farbherstellung.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts blieb es bei einer eingeschränkten und nur begrenzt verfügbaren Farbigkeit. Erst mit der organischen Chemie kam man plötzlich in die Lage, bestimmte Pigmente durch Synthese aus verschiedenen Grundstoffen herzustellen. Die Farbrevolution fand 1880 statt, als es Adolph von Baeyer endlich gelang, den Indigofarbstoff Anilin künstlich herzustellen. 1885 entstand dann mit dem Pararot das erste organische Pigment in den Labors – ab da war es möglich, Pigmente preiswerter, brillanter und in einem klar definierten industriellen Prozess herzustellen. Seitdem wächst das Pigmentangebot stetig.
Mit der Synthesetechnik ließen sich nun auch Farbtöne erzeugen, die bis dahin nicht mit natürlichen Rohstoffen machbar waren. Leuchtende, reine Buntfarben zum Beispiel, mit immer besseren Lichtbeständigkeiten oder Bindemittelverträglichkeiten. Heute sind es vor allem Effektpigmente, die das Spektrum der Farbigkeiten bereichern. Irisierend schimmernd, spiegelnd, metallisch oder golden glänzend, je nach Blickwinkel changierend oder mit der Temperatur ihre Farbigkeit ändernd. Kurz: Noch nie war die Farbwelt so spannend und vielseitig wie heute.
Technisch ist also vieles möglich – sogar bei Außenanwendungen mit den hohen Anforderungen an die UV-Stabilität. Doch stellt sich die Frage, ob all dies aus gestalterischer Sicht überhaupt sinnvoll ist? Wenn alles machbar (und bezahlbar) ist, nimmt die Beliebigkeit zu. Violette Fassaden? Kein Problem. Gelber Nachbar? Auch kein Problem, sieht doch ganz witzig aus. Knallrote Holzfassade im Neubaugebiet? Der Hausbauer bietet es an, also los. Wer durch die Lande reist, bemerkt in jüngster Zeit eine Zunahme von Buntfarben auf den Fassaden, unsensibel aus dem kleinformatigen Farbfächer an die große Hausfläche übertragen. Gerade bei Farbtönen mit hoher Sättigung geht dies häufig schief. Gestalter und Maler mit Erfahrung wissen um diesen Effekt, Laien und Bauherren leider häufig nicht.
Die heutige Farbenvielfalt bietet Möglichkeiten, von denen man noch vor wenigen Jahren träumte – mit ihnen sollte man verantwortlich umgehen, denn noch immer ist Farbe ein hohes Gut – ein Kulturgut.

Uwe Koos, Sto AG
Quelle: Malerblatt 09/2010

 

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