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Forschungsvorhaben Algen

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Forschungsvorhaben Algen

Algen und Pilze an Fassaden – Interdisziplinäres Forschungsvorhaben des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP.

Voranschreitender Klimawandel und steigende Energiepreise – nicht zuletzt deshalb stehen die Industrienationen und mit ihnen die Bauwirtschaft vor großen Herausforderungen. Sie müssen ihren Bedarf an fossilen Brennstoffen drastisch reduzieren, um die hohen CO2-Einsparziele von Bundesregierung und EU bis 2020 zu erreichen. Eine wesentliche Maßnahme zur Umsetzung dieser Ziele ist die Verringerung des Heizwärmebedarfs von Wohn- und Bürogebäuden. Möglich wird das vor allem durch die entsprechende Dämmung. In den Medien und der Öffentlichkeit immer wieder sehr emotional diskutiert werden ein Zusammenhang zwischen wirksamer Dämmung und der Entstehung von Schimmelpilzen und Algen an Fassaden sowie der Eintrag von Schadstoffen in den Boden. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP arbeitet in unterschiedlichen interdisziplinären Projekten daran, eine wissenschaftliche Basis zu schaffen, um diese Diskussion in sachliche Bahnen zu lenken.

Energieeinsparung durch Wärmedämmung

Rund 35 Liter Heizöl verbraucht ein energetisch unsaniertes Einfamilienhaus aus den 50er Jahren jährlich pro Quadratmeter Wohnfläche. In Deutschland wurden im Jahr 2013 allein für Raumwärme und Warmwasser 23,8 Prozent des Endenergieverbrauchs aufgewandt. Wie Untersuchungen des Fraunhofer IBP ergeben haben, könnten durch eine entsprechende Sanierung bis zu 80 Prozent der Kosten für Heizung und Warmwasser eingespart werden. Denn: Gerade Bestandsgebäude älteren Baujahrs weisen Transmissionswärmeverluste durch schlecht dämmende Gebäudehüllen sowie einen großen Energieaustrag durch Undichtigkeiten auf. Beides führt zu einem hohen Heizwärmebedarf. Um Gebäude in der Masse energetisch zu ertüchtigen und damit eine messbare Energieeinsparung zu erreichen, sind kostengünstige und einfach zu verarbeitende Lösungen erforderlich. Das Abdichten der Gebäudehülle durch eine entsprechende Wärmedämmung leistet hier einen bedeutenden Beitrag. Da ihre Wirkungsweise jedoch zu einer thermischen Entkopplung der Fassade von den beheizten Räumen führt, kann es durch den damit einhergehende Tauwasseranfall auf der Fassadenoberfläche zu mikrobiellem Aufwuchs kommen. Um dies zu verhindern, werden viele Putze mit bioziden Wirkstoffen ausgerüstet, die Algen und Pilze am Wachstum hindern. Diese biozide Ausrüstung verleiht der Fassade eine bessere Dauerhaftigkeit, hilft Renovierungszyklen zu strecken und trägt damit zur Ressourcenschonung sowie Wirtschaftlichkeit bei.


Gefahren durch Biozide

Dennoch werden Maßnahmen zur energetischen Ertüchtigung in der Öffentlichkeit immer wieder sehr emotional und vielfach fachlich unkorrekt thematisiert. Ein möglicher Eintrag von Mikroorganismen von einer bewachsenen Fassade in den Innenraum über die Fensterlüftung oder die Auswaschung der bioziden Wirkstoffe aus der Putzschicht und der damit verbundene Eintrag in Boden und Grundwasser sind Beispiele dafür. Mit der Verringerung des Wärmetransports durch die Fassade geht eine Absenkung der Temperatur an den Außenoberflächen einher. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich auf der Außenfläche von diesen Gebäuden Tauwasser bildet. »Eine vermehrte Verfügbarkeit von Feuchte bildet eine verbesserte Grundlage für mikrobielles Wachstum«, weiß Dr. Wolfgang Hofbauer, Leiter der Arbeitsgruppe Biologie am Fraunhofer IBP. »Durch das mikrobielle Wachstum können sich Verfärbungen auf der Fassade bilden. Diese beeinträchtigen das Wärmedämmvermögen nicht, können aber einen optisch unschönen Eindruck vermitteln«. Das an der Fassadenoberfläche herrschende Mikroklima wird durch die materialtechnischen Eigenschaften der verwendeten Beschichtungsstoffe, die Bauweise und die klimatischen Bedingungen bestimmt. Auch die unmittelbare Umgebung eines Bauwerks, liegt es in der Stadt, auf dem Land in der Nähe von Gewässern oder Wäldern, kann einen Einfluss auf die Bewuchsanfälligkeit der Fassade haben. Um nun den Bewuchs mit Algen oder Pilzen zu verzögern, werden Kunstharzputze und Dispersionsfarben für Fassaden häufig mit bioziden Wirkstoffen versetzt. Durch ablaufendes Regenwasser können diese Wirkstoffe dann von der Fassadenoberfläche in die Umwelt gelangen. Für die Verwendung von Bioziden gilt das Minimierungsgebot. Eine Optimierung der Rezeptur in der Produktentwicklung z. B. zur Erhöhung der Verweildauer von Wirkstoffen auf der Fassade erscheint in manchen Fällen zielführender als ein völliger Verzicht. Umweltrelevante Fragestellungen wie der Verbleib der bioziden Wirkstoffe, die Austragspfade und –mechanismen, die tatsächlichen Eintragsmengen in die Umwelt sowie die Abbauvorgänge und –produkte und deren ökologische und ökotoxikologische Auswirkung und Bewertung, bedürfen einer aussagekräftigen, wissenschaftlichen Bearbeitung.

Das Fraunhofer IBP schließt derzeit ein interdisziplinäres Forschungsprojekt ab, das vom Umweltbundesamt (UBA) in Auftrag gegeben wurde. Die Wissenschaftler haben in den vergangenen zwei Jahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit im gesamten Bundesgebiet die Aufwuchsentwicklung an Gebäuden untersucht, die mit Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) ausgerüstet wurden.  Das Projekt umfasste neben einer gründlichen Marktanalyse auch die Ermittlung der Rahmenbedingungen, unter denen kein Bewuchs auftritt oder die zu einem Bewuchs von Mikroorganismen an den Fassaden führen. Zum einen wurden Art und Ausführung der WDVS erfasst, zum anderen wurden auch Bauweise, bauphysikalische Aspekte und mikroklimatische Bedingungen aufgenommen.  Die Ergebnisse werden derzeit vom Fraunhofer IBP in einem Bericht zusammengefasst und dem UBA präsentiert. Anschließend wird die Studie veröffentlicht. Um die Zusammenhänge von Rahmenbedingungen und mikrobiellem Bewuchs auf Fassaden weiter zu erforschen, bemüht sich das Fraunhofer IBP derzeit intensiv um weitere Projekte zu dem Thema.

Dr. Wolfgang Hofbauer, Gruppenleiter Baubiologie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik
Fotos: Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP

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