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Düsseldorf Pempelfort (1)

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Düsseldorf Pempelfort (1)

Wie lebendig ein farbig gestalteter Stadtteil sein kann, beweist Düsseldorf-Pempelfort, der ehemalige Güterbahnhof.

Bei der Bebauung des ehemaligen Güterbahnhofs ließen sich die Planer von gewachsenen Strukturen inspirieren. Was tun, wenn ein neues Grundstück zu bebauen ist und das teilweise mit einer städtebaulich herausfordernden Blockrandbebauung? Natürlich wird eine einheitlich, geschlossene Häuserfront geplant, mit einer zeitgemäßen und uniformen Fassade – alles in den gleichen Farben und architektonischen Mustern.
Von wegen, dachten sich die Planer von Dr. Reiner Götzen, die in Düsseldorf-Pempelfort zwischen S-Bahn und Schinkelstraße das ehemalige Areal des Derendorfer Güterbahnhofs zu bebauen hatten. Und so kamen sie auf die Idee, statt einer eintönigen, sich ständig wiederholenden Fassade, die Vorbilder der gewachsenen Strukturen im Umfeld aufzunehmen und sich von deren Farben und Dimensionen inspirieren zu lassen. Was dabei heraus kam zeigt, wie bunt und lebendig der Stadtteil Düsseldorf-Pempelfort ist, in dem das neue Projekt entstand. Denn Pempelfort und vor allem das Gebiet an den Brachflächen der ehemaligen Gütergleise der Bahn entwickelte sich nach und nach zu einer Künstlerheimat und zu einem Ort für die alternative Szene. Vor allem die bis zum Baubeginn des neuen Projekts noch vorhandenen Abfertigungshallen hatten es den Zwischennutzern angetan und wurden als Flohmarktfläche, Kleinkunstbühne und für das Lokal „Les Halles“ genutzt. Bis auf „Les Halles“, das Szenelokal an den Gleisen zwischen Düsseldorf Flughafen und Düsseldorf Hauptbahnhof, mussten zwischenzeitlich aber alle anderen Nutzungen weichen und die Hallen wurden abgerissen. An ihrer Stelle soll ein Stadtpark entstehen, der das gesamte Viertel, vor allem aber die Neubebauung aufwerten wird und als grüner Puffer zwischen S-Bahn-Gleisen und Wohnbebauung fungieren soll. Ein Park, dessen erste Anfänge bereits gemacht sind und der in zarten Andeutungen erkennbar ist.


Wohnbebauung

Auch wenn der Plan teilweise noch Zukunftsmusik ist, so wird er doch mit großer Vorfreude erwartet. Denn gerade hier dürfte es durch den insgesamt 1,5 Kilometer langen Grünzug zu einer Aufwertung kommen. Was dagegen bereits umgesetzt wurde und somit nicht mehr nur Plan ist, das ist die Bebauung der im Marketing-Deutsch als „Quartier Les Halles“ bezeichneten neuen Wohnbebauung, die alles andere als von der Stange wirkt. Denn in einer beeindruckenden Konsequenz nahmen sich die Verantwortlichen ein Beispiel an den benachbarten Bauten, ihren Fassaden und ihrer Abfolge. So wurde ein ganzes Areal mit Neubauten geschaffen, die nicht steril und wie frisch vom Reißbrett wirken, wie so manches andere Neubauprojekt dieser Größenordnung. Erreicht wurde dies dadurch, dass die Planungsgesellschaft Dr. Reiner Götzen und das Generalunternehmen Interboden nicht die gesamten Baufelder selbst plante. Stattdessen unterteilte man die bestehenden Felder und beauftragte unterschiedliche Architekten mit der Umsetzung. Was dabei heraus kam, das hat den damit verbundenen hohen Koordinationsaufwand gelohnt. Denn, dass bei gleich mehreren beteiligten Architekturbüros eine gewisse Unruhe im Planungs- und Umsetzungsprozess aufkommt, dürfte jedem klar sein. Dass aber eine solche Zusammenarbeit auch sehr kreative Lösungen verspricht, sieht man in Düsseldorf.
Und so stehen entlang der Schinkelstraße und an der Grenze zum zukünftigen Stadtpark Gebäude, die allesamt gemeinsam geplant, zeitnah erstellt und als größere architektonische Einheiten entstanden sind, ohne dies zu zeigen. Selbst in sich geschlossene und gemeinsame erschlossene Häuser sehen aus, als würde nicht auf die Fassade eines, sondern auf die Fassaden dreier Gebäude geblickt. Geschickt sind diese Fassaden unterteilt, wird mit Farben und Materialien gespielt und auch einmal die Häuserfront aufgebrochen, um einen Blick in den Innenhof des Baufeldes mit Blockrandbebauung zu gewähren. Dass dabei von der weißen Putzfassade über die rote Klinkerhaut bis hin zum glänzenden Blechkleid sehr viel Heterogenität besteht, stört nicht, sondern macht den Reiz dieser Anlage aus.


Farbtupfer

Dabei gibt es auch farbliche Ausreißer, wie eine etwas zu leuchtend geratene rote Putzfassade oder die Mischung zwischen Gelb und Türkis an einer Häuserwand. Aber auch auf den ersten Blick schwierig anmutende Akzente, die einem beim genaueren Betrachten doch gefallen, sind vorhanden. So blickt man vom Innenhof des Baufelds NDS1, was für Neue Düsseldorfer Stadtquartiere Baufeld 1 steht, auf das Fabrik genannte Gebäude mit Klinkerfassade und entdeckt dort grellgrüne Laubengänge. Was unpassend klingt, wirkt jedoch wie ein gekonnter und gefälliger Farbtupfer. Übrigens: Der Name Fabrik für dieses Gebäude, das in die Häuserfront zum Stadtpark hin eingeschoben wurde und diesem dadurch eine Zäsur verpasst, kommt nicht von ungefähr. Um auch den Wunsch nach Lofts zu befriedigen und die vielen angebotenen Wohnformen wie Single-wohnungen, altengerechte Wohnungen, Familienwohnungen oder Wellness-Wohnungen inklusive eingebauter Sauna abzurunden, entstand dieser Typus. Außen komplett verklinkert und auf dem Dach mit einem zusätzlichen Geschoss mit Metallfassade versehen, wirkt die Fabrik, als wäre sie schon länger an diesem Ort, was auch der lebendigen und nicht uniformen Klinkerfassade zu verdanken ist. Ein Effekt, der erreicht wurde, weil man bewusst länger gelagerte Klinker mit frisch gebrannten kombinierte und nicht palettenweise mauern ließ, sondern die Paletten mischte. Eines, wenn nicht das einzige Beispiel für den bewussten und tatsächlich auch gekonnten Umgang mit Farben und Materialien und die Zitate der Bestandsbauten in der Nachbarschaft. Denn wandert man durch das gewachsene Viertel in der Nähe, dann trifft man tatsächlich auf Klinkerfassaden und viele der verwendeten Farben. So zeigt dieses Viertel mit eigentlich einfachen Mitteln auf, wie lebendig eine Neubebauung wirken kann. Es nimmt damit eine Gegenposition zu den sterilen und langweiligen Bauten ein, die sonst gerne entstehen, wenn ein Generalplaner ein Projekt umsetzt. Leider wurde der Vorsatz einer lebendigen und aufregenden Fassadenabfolge nicht auch beim neuen Bauabschnitt „Les Flair“ weiter verfolgt. Stattdessen entsteht hier das, was vorher als nicht passend bezeichnet und zum Glück bei „Les Halles“ nicht gemacht wurde: Eine einheitliche und langweilige Front, bei der die gesamte Baumasse wesentlich massiver und undurchdringlicher wirkt.
Bleibt nur zu hoffen, dass das bessere Beispiel Schule macht und Nachahmer findet, auch wenn der Planungsaufwand bei einem Projekt, an dem mehrere Planer beteiligt sind, immer höher ist. Doch das Ergebnis der Architekten von ASTOC GmbH & Co. KG, Dr. Reiner Götzen Creatives Planen, Büro Toepel, Klaus Theo Brenner, Ringleben & Langenbahn Architekten und Atelier Fritschi Stahl Baum müsste eigentlich Argument genug sein.
Ein Argument übrigens, dass nicht nur bei den Fassaden sticht. Auch die Treppenhäuser der einzelnen Gebäude wurden konsequent, nach den Ideen der Architekten, unterschiedlich gestaltet. Wie diese Eingangsbereiche aussehen und welche Materialien und Farben hier zum Einsatz kamen, erfahren Sie in einer der nächsten Ausgaben des Malerblatts.

Marc Nagel
Quelle: Malerblatt 05/2010


Düsseldorf-Pempelfort
Blick auf die bunte Fassadenfolge des Projekts in Düsseldorf-Pempelfort von den Bahngleisen aus betrachtet.

Düsseldorf-Pempelfort
Das Haus 55: Es bildet die Bebauung eines gesamten Blocks mit einem gemeinsamen, innen- liegenden Treppenhaus. Trotzdem ist die Fassadengestaltung nicht einheitlich, was zur Auflockerung beiträgt.

Düsseldorf-Pempelfort
Auch bei Nacht wirken die unterschiedlichen Architekturen und Fassaden interessant und abwechslungsreich.

Düsseldorf-Pempelfort
Selbst an sich gewagte Farbtupfer stören nicht, sondern ergänzen die Anlage um ein weiteres und abwechslungsreiches Detail.

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Der Innenhof des Bauabschnitts mit dem Namen „Île“. Rechts ist die Backsteinfassade der Fabrik zu sehen, die moderne Lofts beherbergt.

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An dieser Bestandsfassade aus der direkten Nachbarschaft des Projekts sieht man, woher die Inspiration der Architekten kam.Fotos: Interboden Innovative Lebenswelten/Christa Lachenmaier, Marc Nagel

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