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Eigenschaften Fassadenfarben

Silikatfarben und Mineralfarben
Eigenschaften Fassadenfarben

Silikatfarben und Mineralfarben

Welche Eigenschaften haben die am Markt angebotenen Silikatfarben und Mineralfarben und welche Neuentwicklungen gibt es?

Die verschiedenen am Markt erhältlichen Fassadenfarben unterscheiden sich systematisch in ihren Eigenschaften. Hinzu kommen Schlagwörter wie Nanotechnologie und katalytische Selbstreinigung: dies sind gute Verkaufsargumente, machen den Markt für den Verarbeiter aber eher unübersichtlich. Zusätzlich stellt sich die Frage, was diese Neuentwicklungen leisten können. Eines steht fest: Die bisherige Einteilung der Systeme der Fassadenfarbengilt immer noch. Dabei werden die Fassadenfarben in Mineralfarben und Organische Beschichtungsstoffe eingeteilt. Zu den Mineralfarben gehören Kalkfarben, Zementfarben, Silikatfarben und Dispersionssilikatfarben. Zur Gruppe der Organischen Beschichtungsstoffe Dispersionsfarben und Siliconharzfarben.

Silikatfarben und Mineralfarben

Ungleichmäßige Reinigung der Fassade unter den Fensterblechen führt zu diesem streifigen Fassadenbild.


Mineralfarben

Mineralfarben werden besonders gerne für historische Projekte verwendet. Die Bezeichnung „Mineralfarbe” wird häufig, jedoch unzutreffend und missverständlich, einzig für Silikatfarben verwendet. Der Begriff „Mineralfarbe” ist aber als Überbegriff für Anstrichstoffe mit mineralischen Bindemitteln, wie z. B. Kalk-, Zement-, Silikat- oder Dispersionssilikatfarben anzusehen.

Nach DIN EN 459-1 Baukalk – Teil 1: Definitionen, Anforderungen und Konformitätskriterien sind Kalkfarben aus Weißkalk hergestellt. Sie dürfen kalkbeständige Pigmente bis zu einem Massenanteil von 10 Prozent aufweisen. Der Kommentar zur VOB Teil C DIN 18 363 Maler- und Lackierarbeiten sagt dazu: „Nach DIN 55 945 Beschichtungsstoffe und Beschichtungen – Ergänzende Begriffe zu DIN EN ISO 4618 ist Kalkfarbe eine wässrige Aufschlämmung von gelöschtem Kalk (Kalziumhydroxid). Hydraulisch härtende Kalke sind nicht geeignet, Kalkfarbe wird bevorzugt aus Sumpfkalk hergestellt oder aus Kalkhydrat, das vor der Verarbeitung ausreichend lange eingesumpft wurde.” Kalkfarben sind historisch eingesetzte Beschichtungsstoffe, die auch sehr preiswert sind. Hervorzuheben ist die außerordentlich gute Wasserdampfdurchlässigkeit. Nachteilig ist die schwierige und teure Verarbeitung. Gleichzeitig sind diese Beschichtungen gegenüber der Luftverschmutzung sehr empfindlich. Schwefelsäure in der Luft z. B. wandelt die Kalkfarbe in Gips um. Dieser ist stark wasserlöslich und wird vom Regen abgewaschen. Kalkfarben wurden an historischen Bauwerken weitgehend durch die Silikatfarben abgelöst.

Zu Kalk-Weißzementfarben sagt der Kommentar zur VOB Teil C DIN 18 363: „Kalk-Weißzementfarben werden fertig konfektioniert als Farbpulver beispielsweise in Säcken geliefert.” Bei den Kalk-Weißzementfarben werden hydrauli-sche Kalke oder Zemente als Bindemittel eingesetzt. Diese Bindemittel erzeugen eine große Spannung der Beschichtung, sind in nur wenigen Farbtönen lieferbar und werden selten vom Maler eingesetzt. Silikatfarben müssen aus Kaliwasserglaslösungen und kaliwasserglasbeständigen Pigmenten bestehen und dürfen keine organischen Bestandteile z.B. Kunststoffdispersionen, enthalten. Der Kommentar zur VOB Teil C DIN 18 363 sagt dazu: „Silikatfarben werden in der Regel in zwei vorkonfektionierten Komponenten – der Bindemittellösung (Fixativ) und dem Pigmentpulver – geliefert. Das Mischungs-Verhältnis bestimmt sich nach der Herstellervorschrift und der Saugfähigkeit des mineralischen Untergrunds. Die Mischung wird erst vor der Verarbeitung hergestellt. Die Härtung der Silikatfarben erfolgt durch eine chemische Reaktion des Kaliwasserglases mit der Pulverkomponente und Bestandteilen des mineralischen Untergrundes”.

Silikatfarben und Mineralfarben

Den selben Effekt findet man durch ungleichmäßige Reinigung unter dem Fassadenvorsprung.


Silikatfarben

Silikatfarben enthalten keinerlei organische Komponenten und sind so rein mineralisch. Da sie im Wesentlichen aus Siliziumdioxid-Molekülen bestehen und somit in der Struktur dem Quarzsand entsprechen, besteht zwischen dieser Beschichtung und dem in der Regel damit beschichteten mineralischen Putz die größte Ähnlichkeit. So zeigen sie bei Temperaturänderungen das gleiche Verhalten wie der darunter liegende Putz. Auch gegen aggressive Luftverschmutzung sind sie besser beständig.

Eine chemische Reaktion der Silikatfarben mit dem Untergrund ist allerdings nur unter günstigen Voraussetzungen möglich, z. B. bei Neuputzen, wenn der Untergrund noch alkalisch ist und deshalb noch reaktionsfähiges Kalziumhydroxid (= Kalklauge) enthält. Silikatfarben sind teuer, zeichnen sich durch sehr gute Wasserdampfdurchlässigkeit aus, sind aber nicht einfach zu verarbeiten. So ist auch die Verarbeitung teuer.

Dispersions-Silikatfarben, Dispersions-Silikatfüllfarben und Dispersions-Silikat-Beschichtungsstoffe für putzartige Oberflächen müssen aus Kaliwasserglas mit kaliwasserglasbeständigen Pigmenten und Zusätzen von Hydrophobierungmitteln bestehen. Sie dürfen maximal fünf Massenprozent organische Bestandteile enthalten. Der Kommentar zur VOB Teil C DIN 18 363 sagt dazu: „Dispersions-Silikatbeschichtungsstoffe werden auch als Organosilikat-Beschichtungsstoffe bezeichnet. Bei Dispersions-Silikatfarben und ihren Varianten ist der Anteil der organischen Bestandteile beschränkt, damit im Unterschied zu Dispersionsbeschichtungsstoffen der Charakter der „Mineralfarbe” erhalten bleibt. Die organischen Bestandteile werden nach anerkannten Laborverfahren als Glühverlust bei 450 °C bestimmt.”

Der Dispersionsanteil dieser Beschichtungsstoffe verbessert die Verarbeitung ganz entscheidend. Dabei ist auch die Wasserdampfdiffusion der damit hergestellten Beschichtungen noch gut. Da der organische Anteil von zugelassen fünf Prozent (bezogen auf den Lieferzustand des Beschichtungsstoffes) berechnet auf den trockenen Bindemittelanteil tatsächlich bis zu 40 Prozent beträgt, wird der mineralische Charakter dieser Beschichtungsstoffe empfindlich beeinflusst. Diese Beschichtungen zeichnen sich aber durch eine gute Wasserdampfdiffusion aus und werden zwischenzeitlich auch für denkmalpflegerische Arbeiten eingesetzt, wobei es hier wegen des organischen Anteils dieser Beschichtungsstoffe auch Vorbehalte gibt.

Silikatfarben und Mineralfarben

Bedingt durch den organischen Anteil schält sich dieser Anstrich bei Wassereinwirkung ab.


Organische Beschichtungsstoffe

Dispersionsfarben enthalten organische, filmbildende Bindemittel, für den Außenbereich vorwiegend Acrylate und Styrolacrylate. Sie zeichnen sich durch verhältnismäßig günstige Preise und leichte Verarbeitung aus. Wegen der im Vergleich mit mineralischen Bindemitteln weniger guten Diffusionsfähigkeit sind diese Beschichtungsstoffe im Bereich der Denkmalpflege nicht gerne gesehen. Werden diese Werkstoffe auf reine Luftkalkputze aufgetragen, werden diese Putze mit der Zeit unter diesen Beschichtungsstoffen mürbe und verlieren so ihre Festigkeit. Für die heute üblichen Putze der Mörtelgruppe II sind Dispersionsfarben sehr gut geeignet.

Siliconharze sind eine Symbiose von Siliciumdioxid und organischen Gruppen. Diese Harze können nicht alleine als Bindemittel für Fassadenfarbeneingesetzt werden. Eine zu starke Kreidung wäre die Folge. So besteht das Bindemittel der Siliconharzfarben aus ca. 50 Prozent Siliconharz und ca. 50 Prozent Dispersion. Da sie besonders diffusionsfähig bei gleichzeitiger guter wasserabweisender Wirkung sind, sind Siliconharzfarben an Fassaden sehr beliebt, wegen des fehlenden mineralischen Charakters aber weniger für historische Projekte.

Siliconharzfarben sind teurer als Dispersionsfarben. Deshalb ist eine neue Gruppe der Fassadenfarbenentstanden: Dispersionsfarben mit einen Zusatz von Siliconharzen. Die so hergestellten Beschichtungsstoffe sind nur unwesentlich teurer als gute Dispersionsfarben. Der Siliconharzzusatz verbessert die wasserabweisende Wirkung ganz entscheidend. Die Dampfdiffusion wird nicht in gleichem Maße gefördert. Für historische Bauwerke werden sie als weniger geeignet angesehen.

Silikatfarben und Mineralfarben

Mit Mineralfarben kann man ein angenehmes Stadtbild erreichen.


Neue Entwicklungen

Während z.B. Risse bei Kälte größer werden, werden die organischen Beschichtungen bei niedrigen Temperaturen immer härter und spröder. Die moderne Technologie wirkt hier mit der Bindemittel- und Pigmentformulierung entgegen. Die Forschung mit der Nanotechnologie will unter anderem bei den Dispersionsfassadenfarbenähnliche Eigenschaften erreichen, wie wir sie bei den Mineralfarben kennen. Gleichzeitig wird mit der Nanotechnologie eine neue Theorie zur Selbstreinigung der Fassadenfarbenumgesetzt. Bei den Siliconharzfarben war nach einiger Zeit die Selbstreinigung der Fassade eingeschränkt, weil der organische Schmutz wegen seiner wasserabweisenden Eigenschaft nicht ausreichend benetzt und so nicht abgespült wurde. Bei der Nanotechnologie wird nun eine besondere Form von Titandioxid eingesetzt. Durch UV-Strahlung entsteht eine winzige elektrische Spannung, die aber ausreicht, den organischen Schmutz zu zersetzen. Im Gegensatz zur Hydrophobierung der Siliconharzfarben wird der Anstrich hier hydrophil, also wasserfreundlich eingestellt und der Schmutz durch die gute Benetzung abgespült.

Mithilfe der Nanotechnologie ist sogar eine luftreinigende Wirkung denkbar. Durch fotokatalytische Vorgänge werden Stickoxide aufgespalten. Wunderdinge darf man hier aber nicht erwarten, da sich diese Wirkung nur an der Kontaktfläche zur Beschichtung entfalten kann.

Algen bilden sich nur bei erhöhter Feuchtigkeit. Die verstärkte Algenbildung an den Fassaden nach erfolgter zusätzlicher Wärmedämmung hat schon die Gerichte beschäftigt. In der Mehrzahl sind diese der Meinung, die Algen würden einen Mangel an der Fassade darstellen. Zur Algenbildung an der gedämmten Fassade kommt es, weil durch das Vollwärmeschutzsystem die Fassade nunmehr kälter ist und die Feuchtigkeit dadurch länger an der Fassade bleibt. Während man früher versuchte, das Wasser durch hydrophobe Einstellung mit Siliconharzen von der Fassade weg zu halten, gibt es nun eine neue Theorie. Anstrich und Putz sollen die Feuchtigkeit aufnehmen und so von der Oberfläche wegführen. Hier könnte man befürchten, dass sich durch die Durchfeuchtung die Wärmedämmung wieder reduziert. Es sind aber nur wenige Millimeter des Putzes betroffen und eine negative Auswirkung ist nicht zu erwarten. Eine andere Entwicklung ist der Einsatz von speziellen organischen Pigmenten in der Beschichtung, die die Oberfläche erwärmen sollen. Eine Erwärmung der Oberfläche um ein oder zwei Grad könnte ausreichen die Algenbildung zu vermeiden.

Genau entgegen gerichtet ist die Entwicklung von Pigmenten, die eine zu starke Aufheizung der gedämmten Fassade bei sehr intensiven Farbtönen durch verstärke Reflexion der Infrarotstrahlen verhindern sollen. Beim gegenwärtigen Wunsch nach intensiven Farbtönen fürchtet man eine Aufheizung der Fassade auf 80 Grad Celsius und mehr. Neue Pigmententwicklungen können schon jetzt die Oberflächentemperatur um zwei bis drei Grad Celsius senken. Das ist nicht viel, könnte aber helfen, Schäden zu vermeiden. Schwarzpigmente eignen sich dafür bislang nur schlecht. Bei komplementärer Vergrauung besteht die Gefahr der Metamerie.

Silikatfarben und Mineralfarben

Algenbildung bei einem im Schienensystem verlegten Vollwärmeschutzsystem.


Fazit

Die klassische Einteilung der Fassadenfarbenin Mineralfarben, Dispersionsfarben und Siliconharzfarben ist geblieben. Neuentwicklungen bringen aber neue Risiken mit sich. Durch Fotokatalyse selbstreinigende Farben weisen beispielsweise unter Umständen eine geringere Farbtonstabilität auf, weil durch die Fotokatalyse auch organische Pigmente geschädigt werden können. Trotz verbesserter Systeme und wärmereduzierender Pigmente sind Schäden an den Wärmedämmverbundsystemen möglich, weil sich diese durch Alterung verändern oder man intensive Farbtöne auf ältere Wärmedämmungen streicht. Der Dispersionszusatz in mineralischen Systemen und die Nanotechnologie verleiten dazu, mineralische und organische Systeme wechselweise aufeinander zu streichen und so Schäden zu verursachen.

Gleichzeitig muss man feststellen, dass die Fassadenfarbenysteme heute sehr ausgereift sind, Schäden werden meist durch vermeintliche Kosteneinsparung bei der Untergrundvorbereitung verursacht.

Solche Beschichtungsschäden sind keinem Beschichtungssystem anzulasten, hier wurden die Grundsätze der Untergrundvorbereitung sträflich vernachlässigt. Fotos: Michael Bablick

Michael Bablick
Quelle: Malerblatt 06/2013
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