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Fachwerkfassade sanieren

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Fachwerkfassade sanieren

Fachwerkfassaden gehören mit zum architektonisch Reizvollsten, was die europäische Baukunst hervorgebracht hat.

Bis heute prägen Fachwerkbauten mit ihren traditionellen Pfosten-Riegel-Konstruktionen zahlreiche Ortsbilder in Deutschland.

Und immer wieder finden sich Liebhaber, die diese Baudenkmäler mit großem ideellem und finanziellem Einsatz renovieren. Auch die Sanierung der „Alten Vikarie“ in Dattenfeld, einem Ortsteil der Gemeinde Windeck in Nordrhein-Westfalen, war ein solches Liebhaberprojekt. Im 18. Jahrhundert ließ das Amt Windeck Gebäude nach einem einheitlichen Bautypus erstellen, um einflussreichen und häufig versetzten Verwaltungsbeamten und ihren Familien das Einleben an einem neuen Einsatzort zu erleichtern. Das „Alte Vikarie“ genannte Fachwerkhaus ist ein solcher ehemaliger Beamtenwohnsitz und mit ähnlichen Abmessungen und fast identischer Grundrissgestaltung gleich dreimal in Dattenfeld erstellt worden. Alle diese Häuser sind zweigeschossig, tragen ein Krüppelwalm- bzw. Walmdach, haben Sprossenfenster und verschalte Gesimse, sind aber nur noch teilweise im ursprünglichen Zustand erhalten.


Traditionelle Konstruktion

Fachwerkhäuser haben traditionell ein tragendes Gerüst aus Holz, dessen Zwischenräume – Gefache genannt – mit Lehm, Flechtwerk oder Mauersteinen gefüllt sind. Das Holzskelett besteht aus senkrechten Ständern, die auf Schwellen aufgesetzt werden. Zur Decke hin bildet der sogenannte Rähmbalken den oberen Wandabschluss. Zwischen den Ständern befinden sich waagerechte Riegel, die die einzelnen Fachungen erzeugen. Schräg verlaufende Streben steifen die Konstruktion aus.

Früher baute man mit den Materialien, die man vor Ort fand – Fachwerk zählt zu den landschaftsgebundenen Bauweisen. Das Traggerüst der „Alten Vikarie“ ist aus Eichenholz, die Gefache waren, wie im mitteldeutschen Raum üblich, mit Lehm gefüllt und anschließend mit Kalk verputzt worden.

Die lange Lebensdauer von Fachwerkbauten hängt mit der Fähigkeit der verbauten Materialien zum Feuchtetransport in Form von Dampfdiffusion zusammen: Luftfeuchtigkeit aus dem Inneren wird aufgenommen und nach außen transportiert. Lehm absorbiert zudem anfallendes Wasser und quillt auf. Das Wasser wird dadurch bestmöglich von der Holzkonstruktion ferngehalten, außerdem schließen sich die Fugen, die unweigerlich zwischen Holz und Gefach entstehen. Lehmgefache halten den Feuchtigkeitsanteil im Fachwerk konstant unter 15 Prozent – zu wenig für Schädlinge, wie den Hausbock oder für Schimmelpilze. Lehmausfachungen müssen verputzt werden, hier hat sich Kalkputz über Jahrhunderte bewährt. Kalkputze sind diffusionsoffen, haben einen feuchtigkeitsregulierenden Effekt und wirken antibakteriell.


Ein Fachwerkbau wird saniert

Im Jahr 2009 erwarb Michael Beyenburg das kurz vor dem Zerfall stehende, denkmalgeschützte Fachwerkgebäude der „Alten Vikarie“, in dem er seine Kindheit verbracht hatte, und begann mit der Sanierung.

Zunächst wurde der Bau komplett entkernt, unbrauchbar gewordene Bauteile ließ man ergänzen, darunter auch Teile des Holzskelettes wie Schwellen, Pfosten, Riegel und Balken. Hierfür verwendete man abgelagerte Eiche, während die Decken und die Böden durch Fichte-Leimbinder ersetzt wurden.

Den Erdgeschossboden, der als Balkenlage direkt auf dem Erdreich aufgebaut war, ließ man abtragen, 30 Zentimeter tief auskoffern, mit Split auffüllen und mit Beton ausgießen. Auf diese Bodenplatte kam ein isolierender Fließestrich mit Fußbodenheizung, die durch eine Erdwärmepumpe betrieben wird.

Dem Bauherrn war bewusst, dass eine Fachwerkkonstruktion höchst gefährdet ist, wenn mit Materialien saniert wird, die die Diffusion behindern, stoppen oder den Taupunkt (der Punkt, an dem die Feuchtigkeit kondensiert) in das Fachwerk hinein verlagern. Daher erfolgte der Wiederaufbau nach historischem Vorbild ausschließlich unter Verwendung natürlicher, bauphysikalisch geeigneter Baustoffe: Die Gefache wurden originalgetreu mit Lehmziegeln und Lehmmörtel ausgemauert und mit Reinkalkputz verputzt. Die Außenwände sowie der Dachstuhl wurden mit Zellulose gedämmt und entsprechen nun dem Niedrigenergiestandard.


Silikatfarbe für den Bau

Der ausführende Malerbetrieb Interthal empfahl dem Bauherrn eine Fassadenbeschichtung mit dem mineralischen Unikristalat-System von Keimfarben. Die reine Silikatfarbe eignet sich aufgrund ihrer dispersionsfreien Formulierung besonders zur Renovierung historischer Bausubstanz. „Silikatfarben haben ein geniales Haftungsprinzip, die sogenannte Verkieselung. Hierbei geht der Anstrich eine untrennbare Verbindung mit dem Untergrund ein, die Oberfläche bleibt dabei hoch wasserdampfdiffusionsfähig und wirkt aufgrund ihrer natürlichen Alkalität hemmend für Schimmelpilz und Algen. Aus bauphysikalischer Hinsicht also optimal für historische Bausubstanz“, erklärt Maler Michael Interthal.

Der Anstrichaufbau der Fassade erfolgte in drei Arbeitsgängen, be- ginnend mit einer Grundierung aus 50 Prozent Unikristalat und 50 Prozent des silikatischen Schlämmzusatzes Kristall-Felsit und einem Zwischenanstrich, der mit 20 Prozent Zusatz von Kristall-Felsit ausgeführt wurde. Die Endbeschichtung mit Unikristalat wurde unverdünnt im Bürstenauftrag gearbeitet.

Ein Blick auf Baustellenfotos vermittelt eine Vorstellung davon, welcher Kraftakt die Sanierung für alle Beteiligten gewesen sein muss. Das Ergebnis jedoch kann sich sehen lassen – und zeigt, dass es sich lohnt, historische Gebäude zu erhalten und wieder als solche sichtbar zu machen! Nicht nur der Bauherr, ganz Dattenfeld ist stolz auf das wiederhergestellte Schmuckstück! Das Fachwerkgebäude wurde durch die aufwendige Restaurierung aus einer Art Dornröschenschlaf geweckt und wirkt identitätsstiftend für den gesamten Ort und seine Bewohner.

Susanne Mandl
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