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Stefan Hils

Betriebsführung Malerblatt Wissen
Stefan Hils

Wenn der GAU eintritt! GAU steht als Abkürzung für den größten anzunehmenden Unfall. Und was ist der größte anzunehmende Unfall für einen Handwerksbetrieb? Der Ausfall des Unternehmers, der die Geschäfte leitet.

Bei der Hils GmbH in Offenburg fiel von heute auf morgen der Chef aus. Es ist ein Malerbetrieb mit rund 30 Mitarbeitern, der neben der Malerabteilung eine Gerüstbauabteilung und eine Abteilung für Bautrocknung unterhält. Plötzlich und völlig unerwartet wurde der Unternehmer Manfred Hils durch einen Schlaganfall aus dem betrieblichen Leben gerissen und sein Bruder, Stefan Hils, musste von heute auf morgen dessen Aufgaben übernehmen.

Herr Hils, zuerst einmal die wichtigste Frage, wie geht es Ihrem Bruder heute?
Stefan Hils: Gott sei Dank macht seine Genesung deutliche Fortschritte. Am Anfang wussten wir alle nicht, wie die ganze Sache ausgehen würde, da war alles möglich. Mittlerweile kann er wieder gehen, nur das Sprechen und die Motorik des einen Armes bereiten noch Schwierigkeiten. Aber auch hier hoffen wir auf einen weiteren positiven Verlauf.

Abgesehen einmal von der sicherlich hohen emotionalen Belastung für Sie und die ganze Familie, das muss doch für den betrieblichen Ablauf dramatisch gewesen sein?
Stefan Hils: Das können Sie laut sagen. Alleine sich in so einer Situation auf den Betrieb konzentrieren zu müssen, ist faktisch gar nicht möglich, da gehen Ihnen ganz andere Sachen durch den Kopf. Mein Bruder hat ja mit mir bis dahin gemeinsam die Geschäfte geführt, wobei er hauptsächlich für den administrativen Bereich, wie die Angebotsbearbeitung, Kalkulation und Rechnungslegung zuständig war und ich für das Baustellengeschäft vor Ort. Da waren die Aufgaben klar geregelt. Vielleicht etwas zu klar.

Wie meinen Sie das?
Stefan Hils: Nun, durch die Aufgabenabgrenzung hat eben jeder vorrangig seinen Bereich wahrgenommen. In so einem Notfall stehen Sie dann auf einmal vor dem Problem, sich einen Überblick über den aktuellen Stand der Dinge des anderen verschaffen zu müssen. Und Sie können niemanden fragen. Das ist hart.

Wie haben denn die Mitarbeiter auf diese Situation reagiert?
Stefan Hils: Die waren genauso geschockt wie wir. Vereinzelt wurden sogar Bedenken geäußert, ob und wie es mit dem Betrieb weitergeht. Deshalb war es für mich sehr wichtig, alle Anstrengungen zu unternehmen um eine gewisse Normalität aufrechtzuerhalten.

Wie haben Sie das geschafft?
Stefan Hils: Indem ich alles daran gesetzt habe, dass die Lohnzahlungen weiterhin pünktlich überwiesen werden konnten. Unser Betrieb besteht seit dem Jahr 1963 und immer wurden die Löhne und Gehälter pünktlich bezahlt, darauf sind wir stolz und das sollte auch so bleiben. Dann ist noch zur Unterstützung unserer kaufmännischen Mitarbeiterinnen, Frau Indra Hils und unserer Auszubildende, Frau Beiser, meine Mutter, die früher den Betrieb zusammen mit meinem Vater geführt hatte, eingesprungen.

Was waren für Sie die größten Probleme der Bewältigung?

Stefan Hils: Einmal, wie bereits gesagt, mir einen Überblick über die laufenden Geschäfte meines Bruders zu verschaffen und dann natürlich auch die zeitliche Komponente. Durch den Ausfall meines Bruders hat die Woche für mich 7 Arbeitstage, wobei ich jetzt durch die getroffenen Umstrukturierungsmaßnahmen mir wieder einmal den einen oder anderen Samstag und Sonntag freinehmen kann. Ziel ist es, auch hier wieder zu normalen Arbeitszeiten zu kommen.

Berichten Sie uns doch von diesen Umstrukturierungen.
Stefan Hils: Bei all den Schwierigkeiten, die sich ergeben haben, war für mich das Belastendste, dass mir der Überblick gefehlt hat, wo der Betrieb steht und wie wir ihn durch die veränderte Situation ausrichten müssen. Viel Zeit ging dadurch verloren, dass ich immer wieder Feuerwehr spielen musste, weil irgendwelche Informationen nicht oder nur teilweise an die richtige Stelle kamen. Das betraf hauptsächlich die Dinge, die direkt mit dem Baustellenablauf zusammenhingen. Ich hatte für die Baustellenvorbereitung einfach keine Zeit mehr. Diese Schwachpunkte wurden durch den Ausfall meines Bruders besonders deutlich. Ich habe mir daher professionelle Unterstützung durch den Berater Wolfgang Krauß geholt, der mir bereits durch Empfehlungen von Kollegen bekannt war.

Herr Krauß, wie ist denn Ihre Arbeit in der Firma Hils abgelaufen?
Wolfgang Krauß: Nach einem ersten Telefonkontakt haben wir uns für ein unverbindliches Gespräch zusammengesetzt. Besonders wichtig war natürlich für mich, die Familie Hils kennenzulernen und mir vor Ort einen aktuellen Überblick zu verschaffen. Danach haben wir gemeinsam die weitere Vorgehensweise festgelegt.

Und wie sah die aus?
Wolfgang Krauß: Zuerst einmal sicherstellen, dass die Liquidität gegeben ist, um Zeit für die Umsetzungsmaßnahmen zu haben. Daher stand der Punkt Auftragsabwicklung ganz oben auf unserer Agenda. Nach wie vor wird das Geld auf der Baustelle verdient. Bei der Analyse der betrieblichen Abläufe wurde sofort deutlich, dass, was auch nicht anders zu erwarten war, Herr Hils keine Chance haben wird, die Aufgaben alleine zu bewältigen. Er brauchte unbedingt eine Unterstützung im technischen Bereich. Glücklicherweise konnten wir hierfür einen bereits im Betrieb vorhandenen Meister, Herrn Himmelsbach, gewinnen, der bis dahin auf den Baustellen unterwegs war. Ihn konnten wir in die technische Geschäftsführung einbinden, was schon einmal eine deutliche Entlastung für Herrn Stefan Hils darstellte. Die Baustellenprozesse wurden gemeinsam klarer strukturiert und transparenter gestaltet. Hierzu haben wir die Vorarbeiter mit an den Tisch geholt. Zum einen, um die zukünftige Neuausrichtung darzustellen, zum anderen, um deren Baustellen-Know-how zu nutzen. Im Ergebnis findet jetzt u.a. bei Großbaustellen eine Vorabbesichtigung durch den Baustellenverantwortlichen statt. Mittels Checkliste wird nun vor dem Baustellenstart geprüft, wie weit die Ausschreibung von den realen Bedingungen abweicht und wie zu reagieren ist. Gerade in der Umsetzung ist die Einführung einer Baustellenübersicht mittels einer Plantafel. Bei diesen sehr konstruktiven Gesprächen wurde auch deutlich, dass sich die Vorarbeiter eine stärkere Rückkoppelung über die Baustellenergebnisse wünschen.

Welche weiteren Maßnahmen wurden ergriffen?
Stefan Hils: Um den Informationsaustausch zwischen mir, dem Meister und den Vorarbeitern weiter zu verbessern, finden jetzt regelmäßige Besprechungsrunden statt. In denen wird über den Stand der laufenden und der kommenden Baustellen gesprochen. Parallel hierzu hat uns Herr Krauß die Grundlagen für unsere Kalkulation geschaffen und mittels einer Kostenplanung die Zielvorgaben erarbeitet. Für jeden unserer Leistungsbereiche gibt es jetzt eine klare Übersicht über die Kosten und Erträge. Alle Einzelergebnisse laufen in eine Chefübersicht zusammen, die mir wöchentlich vorgelegt wird. So sehe ich fortlaufend, wo der Gesamtbetrieb und die einzelnen Abteilungen stehen.

Gab es denn Probleme oder Widerstände bei den Umsetzungsmaßnahmen?
Stefan Hils: Damit die Neustrukturierung auch klappt ist natürlich die Akzeptanz aller Beteiligten nötig. Deshalb wurden Sinn und Zweck fortlaufend kommuniziert. Unter anderem auch durch direkte Schulungen, beispielsweise des kaufmännischen Personals, das die Eingaben für das Controlling durchführt. Des Weiteren haben wir nach den Vorarbeiterbesprechungen eine Betriebsversammlung mit allen Mitarbeitern durchgeführt, in der nochmals auf die aktuelle Situation, die Änderungen und die Zukunftsaussichten eingegangen wurde. Die Versammlung fand erst einmal ohne die Geschäftsleitung statt, damit die Mitarbeiter frei über alles reden und Herrn Krauß auch Fragen stellen konnten. Tabuthemen gab es hierbei keine. Am Ende sind dann mein Meister und ich hinzugekommen, um die gemeinsame Linie abzustimmen und noch offene Fragen zu beantworten. Natürlich gibt es immer wieder einmal den einen oder anderen Punkt, über den zwischen Mitarbeiter und Geschäftsleitung eine unterschiedliche Sichtweise herrscht. Aber unser eingeschlagener Weg ist der richtige, das zeigen die bereits eingetretenen positiven Ergebnisse. Wir werden ihn daher im Interesse des Gesamtbetriebes konsequent weiterverfolgen.

Was ist denn Ihr Fazit aus der ganzen Geschichte?
Stefan Hils: Bei all den Sorgen und Problemen, die eine solche Situation mit sich bringt, und ich spreche hier von Problemen und nicht nur von Herausforderungen, haben wir jetzt Dinge umgesetzt, über die wir bereits früher schon gesprochen hatten. Wir haben auch gesehen, wie wichtig es ist, eine möglichst hohe Transparenz zu schaffen, falls mal jemand ausfällt. Und das ist keine Frage des Alters. Persönlich sind es solche Momente, in denen man wieder über das Leben nachdenkt und was wirklich von Bedeutung ist.

Wie wird es mit Ihrem Bruder weitergehen?
Stefan Hils: Das Wichtigste ist, dass seine Genesung weiter voranschreitet. So wie er es möchte und kann, kommt er in den Betrieb und führt unseren Meister in unser Kalkulationsprogramm ein. Wir hoffen natürlich, dass er uns in Zukunft wieder stärker unterstützen kann. Alles andere wird man sehen.

Herr Hils, das was Sie gerade durchgemacht haben, vor diesen Problemen wird sicherlich auch einmal der eine oder andere Kollege stehen. Darf ich es denn unseren Lesern anbieten, sich in einer solchen Lage an Sie wenden zu dürfen?
Stefan Hils: Gerne.

Ich bedanke mich für dieses Angebot und für das Interview und wünsche Ihrem Bruder alles Gute.

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