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Rudolf Kolb, Caparol

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Rudolf Kolb, Caparol

Wenn sich der Schimmel erst einmal breit gemacht hat, gilt es, diesen so schnell wie möglich zu beseitigen. Doch müssen es wirklich immer wirkstoffhaltige Schimmelsanierungsprodukte sein?

Wo können wirkstofffreie Alternativen eingesetzt werden und wo sind ihre Grenzen? Rudolf Kolb, bei Caparol zuständig für den Produktbereich Farben und Putze, beantwortet Fragen des Malerblatts.

Herr Kolb, nicht selten gibt es Bedenken, wirkstoffhaltige Innenfarben einzusetzen. Sind diese Vorbehalte begründet?
In Deutschland dürfen ausschließlich Wirkstoffe in Verkehr gebracht werden, die im Rahmen der Biozidrichtlinie für den jeweiligen Zweck zugelassen sind. Bei Caparol-Innenfarben mit Langzeit-Schimmelschutz werden ausschließlich nicht flüchtige Wirkstoffe eingesetzt. Die Produkte erfüllen sogar die strengen Anforderungen des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB). Eine inhalative Aufnahme der Bestandteile kann somit ausgeschlossen werden. Auch vor einem Hautkontakt sollte sich niemand fürchten. Der Hauptwirkstoff ist Zink-Pyrithion, dieser findet unter anderem auch in Kosmetikprodukten und Schuppenshampoos Verwendung. Dennoch sollten Wirkstofffarben nur mit Bedacht verwendet werden. Also ausschließlich dann, wenn die Feuchteursache, die zum Schimmelwachstum führt, nicht oder nicht in Gänze abgestellt werden kann.

Welche Alternativen gibt es aus Ihrer Sicht, wenn jemand partout keine biozide Innenfarbe einsetzen will?
Wenn wir von einer rein anstrichtechnischen Maßnahme ausgehen, bestehen kaum Alternativen. Schimmelpilze sowie viele andere Mikroorganismen mögen kein alkalisches Milieu. In der Sanierung werden für diesen Zweck häufig Dispersions-Silikatfarben oder andere mineralische Anstriche verwendet, deren pH-Wert im Anfangsstadium bei > 10 liegt. Durch die Reaktion mit Kohlendioxid kommt es allerdings im Laufe der Zeit zum Absenken des pH-Wertes, wodurch die Oberfläche ihre schützende Wirkung allmählich verliert. Des Weiteren sind einige Schimmelpilzarten in der Lage biogene Säuren freizusetzen, wodurch sie fähig sind, die Alkalität ihrer Umgebung zu neutralisieren. Bei einem geringen Befallsrisiko oder als Prophylaxe ist die Verwendung von Dispersions-Silikatfarben absolut sinnvoll.

Sind solche mineralischen Anstriche in ihrer Leistungsfähigkeit auf dem gleichen Niveau?
Das ist nicht der Fall, ansonsten könnten wir vollständig auf Wirkstoffe verzichten. Bei dauerhaft erhöhter Oberflächenfeuchtigkeit bieten hochwertige Wirkstofffarben einen deutlich längeren Schutz. Das zeigen auch unsere Versuche, die wir zum Beispiel in einem stark kontaminierten Weinkeller durchgeführt haben. Dispersions-Silikatfarben sowie Kalkanstriche waren dort bereits nach vier Monaten befallen. Auf Flächen mit unserer Wirkstofffarbe Indeko-W war dagegen selbst nach einem Jahr noch kein Befall vorhanden.

Beide Produktschienen haben ihre Berechtigung. Was spricht für die eine bzw. die andere?
Die Stärken von Wirkstofffarben sehe ich in der Langzeitwirkung sowie den vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten. Der Einsatzschwerpunkt dieser Produkte liegt in der Sanierung gewerblich genutzter Produktionsräume. Insbesondere in der Lebensmittelindustrie, wo aufgrund von Produktionsprozessen hohe Mengen an Feuchtigkeit anfallen können. Gemäß der Lebensmittelhygieneverordnung ist in diesen Räumen Schimmelbildung zu vermeiden. Wirkstofffarben bieten die Möglichkeit, diesen Anforderungen längerfristig gerecht zu werden.
Mineralische Anstrichstoffe gelten als besonders ökologisch und bieten im Vergleich zu klassischen Dispersionsfarben mehr Sicherheit vor Schimmelbefall. In Kombination mit hoch sorptionsfähigen Baustoffen wie Kalkmörtel oder Silikatputzen, wie dem Matador Feinputz, lässt sich eine gewisse Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit erzielen. Dadurch kann ein konstanteres Raumklima gewährleistet werden, wodurch das Risiko der Schimmelpilzbildung zusätzlich verringert wird. Hier sehe ich den Einsatzschwerpunkt in privaten Wohnbereichen als begleitende Position zu weiteren Sanierungsmaßnahmen.

Kann man bei umfassenden Schimmelsanierungen ganz auf biozide Produkte verzichten?
Eine umfassende Schimmelsanierung beinhaltet für meine Begriffe die vollständige Beseitigung der Feuchteursachen sowie den Ausbau kontaminierter Materialien mit anschließender Feinreinigung. In diesen Fällen kann und sollte sogar beim sogenannten Wiederaufbau vollständig auf biozide Produkte verzichtet werden.

Worin liegen die Risiken bei einem solchen Verzicht?
Das Risiko besteht nur dann, wenn nach der Sanierung noch hohe Mengen Restfeuchte im Raum vorhanden sind oder die Feuchteursache nicht vollständig beseitigt wurde. Auch bei mangelnder Lüftung und/oder geringen Raumtemperaturen kann es zum erneuten Befall kommen.

Worauf kommt es grundsätzlich bei der Schimmelsanierung mit Beschichtungen an?
Eines sollte hier klar sein: Eine Schimmelsanierung mit Beschichtungen existiert nicht. Die Sanierung umfasst die Beseitigung der Ursache sowie bedarfsweise den Ausbau kontaminierter Materialien und noch vieles mehr. Wirkstofffarben dienen lediglich der Verhinderung bzw. Verzögerung eines (erneuten) Schimmelbefalls durch den Farbauftrag an schimmelgefährdeten Stellen. Sie sind nicht in der Lage Feuchtigkeitsursachen zu bekämpfen bzw. zu beseitigen. Auch können diese Produkte nicht in jeder Situation verwendet werden. Solange jedoch die Farben an der Oberfläche wirken, wachsen dort keine Schimmelpilze, die den Raumnutzer gefährden.
Vor einer anstrichtechnischen Maßnahme sollte die vorhandene Schimmelsubstanz auf nicht ausbaufähigen Materialien durch Nassreinigung entfernt werden, nach Durchtrocknung folgt die Desinfektion mit fungiziden Mitteln wie Capatox. Bei der Verwendung von Anti-Schimmelfarben ist es wichtig, dass der Anstrich in ausreichender Schichtstärke appliziert wird. Dies wird in der Regel durch einen zweimaligen Anstrich im Rollauftrag erzielt.

Herr Kolb, vielen Dank für das informative Gespräch.

Foto:Caparol

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