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Dirk Giessler, emv

Betriebsführung Malerblatt Wissen
Dirk Giessler, emv

Dirk Giessler gründete das Unternehmen emv. Mit iWDVS steht er für gewerkübergreifende Problemlösungen für Fassaden und Innendämmsysteme. Das Malerblatt sprach mit dem dynamischen Unternehmer und kreativen Tüftler.

Herr Giessler, Sie sind erst 37 und trotzdem schon ein „alter Hase” in den Bereichen Fassade und Dämmung. Wie kamen Sie dazu? Hat Ihr Vater einen Handwerksbetrieb? Nein, mein Vater war bei der Berufsfeuerwehr. Dort wollte ich zuerst auch hin, doch gab es damals einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst. Ich machte dann eine Lehre als Stuckateur. Mit 20 ging ich zu maxit und war damals der jüngste Außendienstler der Branche. Während dieser Zeit absol-vierte ich noch meine Weiterbildung zum Stuckateurmeister und Gebäudeenergieberater (HWK). Nach 15 Jahren gründete ich die emv elements Deutschland GmbH in Bahlingen am Kaiserstuhl.

Wie ging es dann weiter und was steht überhaupt hinter dem Namen emv? Nach kurzer Zeit kamen wir an Räumlichkeiten eines ehemaligen maxit-Kunden. Damals hatte ich schon zwei Patente angemeldet und es konnte losgehen. Begonnen habe ich zusammen mit meinem Vater und einem bis dahin Langzeitarbeitslosen. Wir waren alle sehr motiviert und hatten damals schon unseren Leitspruch: Wir machen! Wir wollten etwas bewegen und krempelten die Ärmel hoch. Um den Namen emv ranken verschiedene Geschichten, doch das Kürzel steht nicht für „ehemaliger maxit-Vertriebler” wie ein Kunde schmunzelnd meinte, sondern für Elemente, Materialien und Visionen.

Sie scheinen eine Menge Humor zu haben, so verschmitzt wie Sie das erzählen. Lief in den ersten Jahren alles so positiv, dass Sie viel zu lachen hatten?
Nein, es lief nicht immer rund. Mittendrin hatten wir noch Stress mit einem Bau- und Dämmstoffhändler. Es ging um Patentstreitigkeiten. Unser Widersacher hatte Geld. Wir hatten keines. Trotzdem standen wir juristisch alles durch und haben dann vor Gericht auch gewonnen. Diese Durststrecke konnten wir mit Hilfe unserer treuen und fairen Lieferanten und Kunden durchstehen. Das ist nun glücklicherweise alles abgehakt. Jetzt sind wir vollgasmäßig unterwegs!

Wie kamen Sie auf die Idee, Produkte zur Optimierung von Dämmungen herzustellen. Was war der Kick bei der Sache?
Mein Steckenpferd war immer die gewerkübergreifende Lösung, weil es eben im Fassadenbereich am meisten krankt. Wir produzieren ja nicht nur ein Produkt. Wenn wir ein Produkt entwickelt haben, dann stellen wir uns immer die Frage: Wie geht es weiter? Zum Beispiel muss ja eine Leibungsplatte irgendwo angeschlossen werden, es muss ja jemand ranputzen, es gibt eine Fensterbank, es gibt einen Rollladenkasten, es gibt insgesamt so viele Bauteile um dieses eine Element herum. Aber ich kann doch nicht nur ein Element entwickeln und denken, pfff, was der nächste Handwerker macht, das ist mir egal. Das war der Knackpunkt. Wenn du das folgende Gewerk nicht mitnimmst, ist dein Produkt nur halb so gut.

Aber die Industrie ist doch sicherlich auch schon auf solche Ideen gekommen, oder?
Ich sage mal ganz hemdsärmelig: es beschäftigt sich bisher noch keiner so konkret damit. Ich lernte schon viele Produktmanager der unterschiedlichen Branchen kennen, und deren Tagesgeschäft lässt es kaum zu, gewerkübergreifende Lösungen zu entwickeln. Ist einer zum Beispiel für Dämmstoffe verantwortlich, geht es in erster Linie natürlich auch um Dämmstoffe. Alles andere ist dann erst einmal zweitrangig. Verständlich. Wir können da anders rangehen. Wir sind eine relativ kleine, extrem flexible und kreative Firma. Wir haben Spaß am Austüfteln von neuen Ideen und Produkten. Deshalb haben wir uns die gewerkübergreifende Denke auf die Fahne geschrieben. Das beinhaltet auch, dass wir immer sowohl das eingebaute Element als auch das System mit allen verbauten Teilen und Materialien offiziell prüfen lassen.

Der Handwerker möchte ja gerne vor Ort auf der Baustelle die Arbeit und auch die Wertschöpfung erbringen. Sie haben da andere Vorstellungen? Mein Ansatz war immer schon: Maßgeschneiderte Vorfertigung. Auf der Baustelle alles richtig ausführen zu lassen, das kann man heute kaum noch bezahlen. Und es kommt dadurch häufiger zu Reklamationen. Ich sage immer: wir „kaufen” euch mit unseren Produkten Lohn und gleichzeitig auch Risiko ab. Die Qualität ist also immer gesichert und hängt nicht davon ab, ob der Mitarbeiter einen guten oder einen schlechten Tag hat. Man könnte es auch mit Hilfe eines modernen Begriffes erklären: Die Verwendung vorgefertigter Elemente schafft einfach Prozesssicherheit. Egal, wie sehr sich ein Handwerker bemüht – und das sage ich als Stuckateurmeister – es wird nie so perfekt sein wie etwas, das aus einer industriellen Fertigung kommt und vom Handwerker vor Ort „nur” noch perfekt eingebaut werden muss.

Können Sie mir das an einem Praxis-Beispiel erläutern?
Selbstverständlich gerne: Ein großer Malerbetrieb mit 30 Leuten in der Nähe der schweizerischen Grenze bekam den Auftrag für die Fassadendämmung eines Wohnblocks. Ein Wettbewerber von ihm bekam den Auftrag für einen identischen Wohnblock. Der eine Block wurde mit unseren emv-Elementen ausgeführt, der andere herkömmlich. An beiden arbeitete eine Gruppe mit je drei Mitarbeitern. Der Wohnblock, der mit unseren vorgefertigten Produkten gemacht wurde, war 14 Tage früher fertig. Der Betrieb, der langsamer arbeitete, suchte nach allen möglichen Gründen, weil er nicht wahrhaben wollte, wie viel Zeit sich sparen lässt. Drei Jahre nach dieser Geschichte wurde er übrigens unser Kunde – und arbeitet jetzt mit unseren Systemen.

Mit Hilfe Ihrer Produkte wird die Qualität einer Fassade laut Ihnen besser und es gibt weniger Reklamationen. Heißt das, dass der Bauherr keine anderen Produkte mehr haben wollte, wenn er Ihre Entwicklungen kennen würde?
So sehe ich das. Weil der Einsatz unserer Systeme einfach mehr Sicherheit bringt. Und der Bauherr, sowie der Planer und Architekt, der unsere Lösungen kennt, sieht das genauso.

Sind die Handwerker offen oder sperren sich noch manche solchen technischen Innovationen gegenüber? Immer mehr Unternehmer öffnen sich solchen Lösungen gegenüber. Und vor allem die junge Generation wird von der Mehrleistung motiviert. Die wollen sich auch nicht mehr unnötig schinden.

Und wie gehen Hersteller von Fassadensystemen damit um, dass Sie Lösungen haben, die einfach cleverer sind? Die Hersteller sind teilweise sehr offen – wir beliefern ja etliche schon mit unseren Spezialitäten. Mir macht die Zusammenarbeit mit der Industrie Spaß – ich komme ja schließlich daher.

Wie ist denn Ihre eigene Marketing-Strategie? Ich arbeitete bei einem mittelständischen Hersteller, der von einem Konzern gekauft wurde. Dort wurden zuerst eine Menge Produkte aus dem Sortiment gestrichen. Heute haben sie wieder einen umfangreichen Katalog. Was ich damit sagen will: In großen Konzernen ist vieles komplizierter. Wir haben einen Vorteil – aus dem sich auch unser Slogan ergibt: Wir machen!

Ist es kein Handicap, dass eben nur die Hersteller Sie kennen, doch weder die Handwerker noch deren Kunden wissen, dass Produkte von Ihnen in den Systemen der einzelnen Hersteller integriert sind? Ja, etwas schon. Ich hätte das am liebsten so, wie es der Prozessor-Hersteller Intel machte: auf den Computern war ein Aufkleber, auf dem stand: Intel inside. So wusste jeder Käufer, dass ein leistungsfähiger Prozessor in seinem Gerät verarbeitet wurde. Das würde mir natürlich mit Blick auf unserer Produkte auch gefallen, so etwas wie „intel inside” für die Fassade zu haben. Und wenn unsere Produkte in einem System fehlen, dann fehlt sozusagen das i-Tüpfelchen.

Was wurde aus dieser Vision, aus diesem Gedanken?
Ich saß mit Freunden einige Abende zusammen und wir entwickelten gemeinsam die Idee eines unternehmens- und branchenübergreifenden Entwickler-Netzwerks mit der Zielsetzung, grundsätzlich die branchenübergreifende Zusammenarbeit zu intensivieren und vor allem neue gewerkübergreifende High-End-Systemlösungen beispielsweise für Fassadenbauelemente zu entwickeln. Sogenannte iWDVS-Lösungen, die alle relevanten Anschlussdetails an den Gewerkübergängen berücksichtigen. Das sorgt für Prozesssicherheit und ist für alle Beteiligten wirtschaftlich sinnvoll. Das i vor WDVS steht für innovativ, integrierbar und interdisziplinär. Es soll klarmachen, dass ein WDV-System Produkte enthält, die nicht nur leistungsfähig und prozesssicher sind, sondern auch fürs Folgegewerk passen. Einfach gewerkübergreifende Lösungen.

Haben Sie Beispiele dafür? Ja – in iWDVS steckt nicht nur der Maler und der Stuckateur drin, sondern auch die Rollladenbranche, die Fensterbankbranche, die Dämmstoffbranche, die Mörtel- und die Elektroindustrie – alles muss zusammenpassen und aufeinander abgestimmt sein. Es geht weiter im Erdreich-Anschlussbereich. Solche Themen wollen wir bündeln. Deshalb war unser erstes Produkt auch das Systemfenster.

Was macht Sie so sicher, dass Sie im Bauhandwerk von den einzelnen Gewerken angenommen werden?
Wir können den Kunden eine Menge bieten, weil wir vorausschauend entwickeln, weil wir beobachten, wohin der Trend geht, beispielsweise zu rahmenlosen Fenstern. Dann müssen wir nur noch überlegen, wie wir die Anschlüsse hinbekommen.

Wenn Sie in einem kurzen Satz Ihr Ziel formulieren müssten, wie würde der lauten? Das ist einfach: Wir wollen die beste Lösung! Wir sind geprüft und anerkannt von einer offiziellen Stelle – diese Aussage steht für alle iWDVS-Produkte. Das Entscheidende dabei ist, dass alle iWDVS-Produkte im eingebauten Zustand geprüft werden, zum Beispiel vom ift-Rosenheim. Bei uns werden auch nur Lösungen freigegeben, die im eingebauten Zustand erfolgreich geprüft wurden. Damit erhalten Bauherren, Architekten und Handwerker endlich die Sicherheit, dass nicht nur das einzelne Bauteil sondern die gesamte Systemlösung funktioniert und zwar genau so, wie diese auch später eingebaut wird. Das ist iWDVS. Und darüber hinaus schont es auch die Umwelt.

Inwiefern nützt das der Umwelt? Es gibt weniger Bauschäden und dadurch auch weniger Rückbau. Jeder Rückbau bringt nämlich Bauschutt und An- und Abfahrten mit sich. In der Optimierung der Prozesskette liegt also extrem viel Umweltschutzpotenzial.

Was ist für Sie das Besondere an Ihrer Vorgehensweise? Die übergewerkliche Kommunikation. Die Produzenten aus den verschiedenen Gewerken haben noch viel zu selten miteinander gesprochen. Anders bei uns. Da sind wir Pioniere – und das ist gegenüber der herkömmlichen Vorgehensweise der unglaubliche Ansatz, zum Beispiel alle Bauteile rund ums Fenster industrieübergreifend entwickelt, zu einem schlüssigen System. Das ist iWDVS. Die Vision ist eine neue Ära des gewerkübergreifenden Denkens und Arbeitens. Das ist genau das, was über allem steht. Die Kommunikation ist dabei ganz wichtig.

Welche Schritte machen Sie bezüglich der Kommunikation? Wir wollen dem Endverbraucher sagen, was er von iWDVS hat. Wenn er das weiß, wird er dieses System auch nachfragen. Wir sprechen im Übrigen nicht von Lösungen – das ist zu technisch. Wir sprechen vom Nutzen für den Bauherrn. Seine Vorteile sind, dass die Fenster keine undichten Stellen mehr aufweisen können, die Gefahr aufsteigender Feuchtigkeit am Sockel gebannt ist, Rollladenkästen und Dachanschlüsse nicht mehr abreißen und auch die Balkongeländer problemlos sicher befestigt sind. Kurz gesagt: Der Nutzen für den Bauherrn ist, dass es funktioniert! Also, nicht die Lösung für ein Problem steht hier im Vordergrund, sondern eindeutig der Nutzen für den Bauherrn. Und das wollen wir auch kommunizieren.

Herr Giessler, herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Ulrich Schweizer.

 

Ulrich Schweizer
Fotos: Ulrich Schweizer
Quelle: Malerblatt 12/2012
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