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Leistungsbeurteilung

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Leistungsbeurteilung

Der junge und dynamische Malermeister sitzt an seinem Schreibtisch, als das Handy klingelt. „Chef, das bestellte Material ist gerade eben gekommen. Ist also alles paletti“, hört er seinen Mitarbeiter am anderen Ende sagen. Der Großhändler hatte zuerst ein falsches Material geliefert. Den Mitarbeitern war das jedoch gleich morgens auf der Baustelle aufgefallen und sie hatten den Chef sofort informiert. Der hatte dann anschließend mit dem Großhändler telefoniert und um eine schnelle Nachlieferung gebeten.

Das war vor zwei Stunden und nun war das Material vor Ort. Prima, so konnten sie die Baustelle noch bis zum nächsten Tag fertig bekommen. „Wie weit seid Ihr denn?“, fragt der Chef noch schnell. „Oh, Küche und Esszimmer haben wir grundiert und im Wohnzimmer sind wir gerade dran“, beschreibt der Mitarbeiter die Situation. „Was, wie bitte, weiter seid Ihr noch nicht? Das kann doch nicht sein. Dann sag mal den anderen, die sollen draufhalten“, tönt der Chef schon etwas lauter ins Handy. „Jetzt gebt aber wirklich mal ein bisschen Gas. Sag denen das“, keift er weiter. „Ja, Chef aber…“. Der Chef unterbricht seinen Mitarbeiter: „Nix aber, gebt mal Gas. Ihr seid diesmal zum Arbeiten da und nicht zum Ausruhen!“ Dann hört er nur noch ein „Ja“ am anderen Ende und schon hat der Mitarbeiter aufgelegt.

 

Fernbefehl

So oder so ähnlich spielt sich das jeden Tag auf vielen Baustellen ab. Der Chef gibt per Handy den „Fernbefehl“ und die Mitarbeiter gehorchen. Schließlich gab es keinen Widerspruch. „Ja“ hat der Mitarbeiter gesagt und aufgelegt. Also schaffen die jetzt richtig los, könnte man denken. Falsch gedacht! Die Realität sieht leider anders aus als der Wunsch und vor allem als die Ferndiagnose übers Handy. Kommen wir zur Realität zurück: Die Mitarbeiter sollten die Wände einer Wohnung mit einer neuen und exklusiven Technik beschichten. Als sie die Tapete herunter hatten, stellten sie in zwei Wänden eine Menge kleiner Risse im Putz fest. Und so richtig glatt waren die Wände auch nicht. Unsere Mitarbeiter haben die Risse fachmännisch armiert und die Unebenheiten gespachtelt. Alles perfekt. Auch die Falschlieferung haben sie gleich morgens bemerkt und den Chef informiert. Und nun war das richtige Material gekommen und man wollte dem Chef Entwarnung geben. Schließlich wusste jeder, dass es sich um einen Terminauftrag bei einem wichtigen Kunden handelte und der Chef mit dem Fertigstellungstermin im Wort stand. Eigentlich hatten unsere Mitarbeiter doch alles richtig gemacht. Nur davon wusste der Chef leider nichts, er hatte im Telefonat ja auch nicht zugehört. Er hatte den Mitarbeiter einfach unterbrochen und gleich mehr Leistung eingefordert. Und dann sollte derjenige, mit dem er telefoniert hatte, auch noch seine Kollegen antreiben. Die Kollegen, die den ganzen Morgen richtig viel geleistet hatten. Und vor allem hatten sie eigenständig gearbeitet. Und sie hatten für das Untergrundproblem sofort die richtige Lösung gefunden. Das alles wurde vom Chef nicht gewürdigt. Schließlich wusste er es nicht. Er hat gleich auf mangelnde Leistung getippt. Unser Mitarbeiter wird seine Kollegen nicht antreiben. Dazu hat er keinen Grund. Er wird an diesem Tag auch nicht mehr mit Elan bei der Sache sein. Er fühlt sich einfach nur ungerecht behandelt. So geht die Motivation kaputt und die Leistung dann gleich mit. Und das nur, weil der Chef über das Handy – aus der Ferne – Befehle erteilte, ohne dass er die nötigen Informationen besaß. Das kommt leider jeden Tag in vielen Betrieben vor. Und das Ergebnis sind sowohl die Zerstörung der Motivation als auch der Leistung. Und zwar durch den, der genau am Gegenteil interessiert ist: den Chef.

Menschenbild

Wenn es darum geht, Menschen in ihrer Arbeit zu führen, dann kann man an diese Führungssituation mit zwei unterschiedlichen Ansätzen über den Menschen herangehen. Der eine Ansatz geht davon aus, dass der Mensch grundsätzlich eher faul und schlecht ist. Wenn der Mensch also zur Leistung angeregt werden soll, so muss die Führungskraft permanent durch eine ausgewogene Mischung von Druck und Belohnung dafür sorgen, dass der Mensch den vorgegebenen Kurs nicht verlässt. Im Volksmund spricht man von „Zuckerbrot und Peitsche“. Wird ein solcher Mitarbeiter sich selbst überlassen, so wird er nach kurzer Zeit weniger Leistung bringen, als er eigentlich im Stande ist. Der andere Ansatz sieht den Menschen als grundsätzlich positiv und leistungsbereit. Aufgabe der Führungskraft wäre es dann, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihr vorhandenes Leistungspotenzial zu entfalten.

Führungsstil

Während eine Führungskraft, die dem ersten Ansatz anhängt, permanent gefordert ist, die Mitarbeiter anzutreiben, kann sich eine Führungskraft im zweiten Fall nach und nach überflüssig machen, wenn die Mitarbeiter ihre Leistung selbstständig erbringen. Für beide Ansätze gibt es positive Beispiele. Beide funktionieren unter den entsprechenden Rahmenbedingungen. Zu erwarten ist, dass Mitarbeiter, denen mit Argwohn und Kontrolle begegnet wird, mittelfristig eher unselbstständig werden und dann letztlich auch Kontrolle brauchen. Diese Erfahrung wird der Chef in unserem Beispiel vielleicht irgendwann machen. Gewährt man den Mitarbeitern dagegen Freiräume, kann dies motivieren und zu selbstständigem Arbeiten anregen. Wohlgemerkt: Kann, muss aber nicht! Wie immer im Leben kommt es auf die Situation und die Umstände an. Es gibt nicht den Führungsstil, der zu jeder Zeit und unter allen Umständen der richtige ist. Sicher ist nur, dass jeder Chef mit dem Ergebnis seiner Führung leben muss. Er hat es selbst in der Hand. Und hier zeigt sich, dass eine Führung, die die jeweils konkrete Situation berücksichtigt, meistens die besten Ergebnisse hervorbringt. Am erfolgreichsten sind diejenigen Führungskräfte, die jeden Mitarbeiter abhängig von der gegebenen Situation anders behandeln. Vor diesem Hintergrund hat der Chef in unserem Beispiel so ziemlich alles falsch gemacht, denn zu dem Zeitpunkt, als er seinen Druck ausübte, kannte er keinerlei Details von den Dingen, die auf der Baustelle geschehen waren. Er kannte die Situation nicht. Er hat sich einfach auf sein Menschenbild zurückgezogen und ohne Beachtung der Situation gehandelt. Das kann nur falsch sein.

Leistungsbeurteilung

Eine Führungskraft ist immer dann gefordert, wenn die Leistung nicht stimmt. Wenn die Leistung vom gesteckten Ziel abweicht, muss der Chef herausfinden, woran es liegt. Das klingt auf den ersten Blick banal. Die Praxis aber zeigt, dass im Einzelfall allein die gewünschte Leistung schon nicht einfach zu benennen ist. Und wer das Ziel nicht kennt, der kann nicht beurteilen, ob man sich noch auf der Zielgeraden befindet. Leistung wird durch drei Faktoren bestimmt:

· Die Leistungsfähigkeit, also das individuelle Potenzial des jeweiligen Mitarbeiters. Hier war in unserem Beispiel alles perfekt gegeben. Die Mitarbeiter waren in der Lage, die Probleme auf der Baustelle zu erkennen und haben selbstständig die richtigen Lösungswege eingeschlagen. Das ist ein Lob wert!

· Die Leistungsbereitschaft, also die individuelle Motivation des jeweiligen Mitarbeiters. Diese ist von außen nur sehr schwer positiv zu beeinflussen und fordert ein Höchstmaß an psychologischem Fingerspitzengefühl. Hingegen ist das Zerstören der Motivation ungleich schneller geschehen. Unser Beispiel verdeutlicht das überzeugend. Ein Mitarbeiter, der sich ungerecht behandelt fühlt, der bringt sich nicht mit voller Kraft ein. Der leistet nur, was er muss. Wer für „faul“ gehalten wird, der ist irgendwann „faul“.

· Die Leistungsmöglichkeit, also die Bereitschaft, den Mitarbeiter seine Leistung auch ausspielen zu lassen und ihm natürlich auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Hier wirkt der „Kontrollzwang“ vieler Führungskräfte oft kontraproduktiv. Denn wer seinem Mitarbeiter nichts zutraut, wer diesem jede noch so einfache Entscheidung abnimmt, der darf sich nicht wundern, wenn die Selbstständigkeit auf Dauer darunter leidet.

Motivationsproblem

Wenn wir genau betrachten, was Leistung wirklich ausmacht und unser Beispiel heranziehen, dann wird schnell und ohne Vorbehalte eines klar: Mangelnde Leistung ist nicht notwendigerweise ein Motivationsproblem! In vielen Fällen ist mangelnde Leistung einfach nur eine Folge von Führungsfehlern. Wer falsch führt, der führt in die falsche Richtung. Und wenn die Richtung nicht stimmt, wird kein Ziel erreicht. Der Chef hat es in der Hand oder besser im Mund!

Thomas Scheld
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