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Richtig delegieren

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Richtig delegieren

Morgens um halb sieben komme ich in den Betrieb. Und abends bin ich der Letzte. Auch am Wochenende bin ich oft hier. Und trotzdem schaffe ich meine Arbeit nicht. Haben auch Sie schon mal so gedacht? Keine Sorge, Sie sind nicht der Einzige, dem es so geht. Ein überquellender Schreibtisch, Dauerstress von morgens bis abends und das ständige Gefühl, den Aufgaben und Terminen hinterherzulaufen. Das sind Erfahrungen, die viele Führungskräfte machen. Jeden Tag. Oft bleiben dabei die Dinge auf der Strecke, die einem selbst wirklich wichtig sind: Die Familie, die Freunde, das Privatleben. Viele Führungskräfte wissen, dass sie etwas verpassen, dass ihnen Zeit für das Wichtigste, das Leben, fehlt. Das tut weh, aber wie soll man die Situation verändern? Ganz einfach: Lassen Sie Ihre Mitarbeiter ran!

Umdenken

Wer zu viel auf seinem Schreibtisch – und hier ist der Schreibtisch nur ein Synonym für das Tagesgeschäft – hat, der sollte dringend darüber nachdenken, wie er etwas abgeben kann. Diese Erkenntnis ist grundlegend. Denn wer von seinen Aufgaben nichts abgibt, wer seine Aufgaben nicht auf seine Mitarbeiter verteilt, der darf sich nicht über seine eigene Überlastung beschweren. Natürlich ist das Abgeben von Aufgaben oder gar von Kompetenzen nicht einfach. Das setzt zunächst einmal ein Umdenken voraus. Der Gedanke „bevor ich etwas dreimal erkläre, mache ich es lieber schnell selbst“ muss der Erkenntnis „was ich anderen erklärt habe, das können diese mir auf Dauer abnehmen“ weichen. Von Fall zu Fall ist das ein mehr oder weniger schwieriger Prozess. Und es muss die Bereitschaft wachsen, einem Mitarbeiter Verantwortung und Kompetenzen zu übertragen. Ihn also ranzulassen an die Dinge, die man als Führungskraft bisher immer selbst gemacht hat. Dabei ist eine gewisse Ergebnistoleranz unerlässlich. Denn jeder Mensch hat seine eigene Vorgehensweise, seinen eigenen Stil. Wer jemandem etwas abgibt, der muss sich ein Stück weit auf diese Person einlassen. Ein Chef, der eine Aufgabe delegiert, kann nicht erwarten, dass der Mitarbeiter genau dieselbe Lösung liefert, wie er selbst. Wer delegiert, muss mit 95 Prozent der eigenen Lösung zufrieden sein. Das ist kein Problem, solange die 95 Prozent für den Kunden ausreichen. Und damit ist es eine Frage der Messlatte, die im Unternehmen angelegt wird. Es ist eine Frage der Definition. Auch das ist Chefsache.

Systematisch statt spontan

Beim Delegieren geht es nicht darum, eine ungeliebte Tätigkeit mal schnell an einen Mitarbeiter zu übertragen. Stellen Sie sich beispielsweise vor, bei einer Malerarbeit geht etwas schief und nun meldet sich der Kunde und möchte das gerne mit dem Chef, der den Auftrag ja entgegennahm, besprechen. Da macht es keinen Sinn, einfach mal schnell einen Mitarbeiter hinzuschicken. Der wird den Vorgang nicht kennen. Der wird in der Situation eher überfordert sein. Und der wird wissen, dass sein Chef zu der Reklamationsbesprechung keine Lust hatte und deshalb er zum Einsatz kommt. Also warum soll er Lust dazu haben? Warum soll er etwas machen, das sein Chef nicht machen will? Und wie soll er etwas machen, das er vielleicht gar nicht kann. Hat sich unser Chef darüber Gedanken gemacht?

Die spontane Übertragung von Tätigkeiten macht oft keinen Sinn. Es geht ja nicht darum, einfach nur eine Tätigkeit zu übertragen, es geht darum, ein Ergebnis zu bekommen. Wer einem anderen eine Aufgabe übergibt, der muss schon sicher sein, dass der andere die Aufgabe auch erledigen kann. Daraus folgt, dass die Übertragung von Aufgaben eine systematische Sache sein muss. Der Chef muss klare Prioritäten im Hinblick auf seine Ziele setzen und danach konsequent entscheiden, welche Dinge er selbst machen muss und welche er an Mitarbeiter delegieren kann.

Auswahl und Verantwortung

Bei der systematischen Übertragung einer Aufgabe rückt der Mitarbeiter, also der Empfänger der Aufgabe, in den Mittelpunkt. Eine Führungskraft, die eine Aufgabe delegieren will, muss zunächst einmal den richtigen Mitarbeiter für diese Sache auswählen. Der Mitarbeiter muss die Aufgabe grundsätzlich erledigen können. Er muss über die notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse verfügen. Deshalb sollte sich ein Chef zuallererst die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeiter bewusst machen. Denn er selbst trägt letztlich die Verantwortung für alle Arbeitsergebnisse im Unternehmen und zwar unabhängig davon, ob er die Aufgaben selbst ausführt oder ob er sie delegiert. Delegation ist auch Mitarbeiterauswahl.

Information

Jetzt rückt die Aufgabe in den Mittelpunkt. Wer eine Aufgabe erledigen soll, der muss darüber Bescheid wissen. Das bedeutet, dass der Mitarbeiter nicht nur gesagt bekommt, was er erledigen soll. Viel wichtiger ist, dass er die Zielsetzung hinter der Aufgabe kennt. Dabei sind die sogenannten W-Fragen hilfreich:

  • Was genau soll im Unternehmen erreicht werden?
  • Warum soll es überhaupt gemacht werden?
  • Wie soll die Aufgabe ausgeführt werden?
  • Bis wann soll die Aufgabe erledigt sein?


Dialog statt Anweisung

Genau darüber muss der Chef mit seinem Mitarbeiter sprechen. Wobei die Betonung hier auf „sprechen“, also auf dem Dialog zwischen beiden liegt. Es macht keinen Sinn, Aufgaben im Anweisungston zu übertragen und dabei Fragen und Bedenken des Mitarbeiters zu übergehen. Vielmehr müssen gerade diese aus Sicht des Mitarbeiters kritischen Punkte geklärt sein, damit er von Anbeginn an bestens für die Aufgabe gerüstet ist. Hierbei ist ein offenes Wort seitens des Mitarbeiters wichtig. Sieht er seinen Chef als Vertrauensperson und kann diesem gegenüber auch seine Bedenken ausdrücken? Wer eine Aufgabe übernehmen soll, der muss selbst davon überzeugt sein, dass er diese auch bewältigen kann. Er muss seine Bedenken äußern dürfen, denn nur so können diese ausgeräumt werden. Das schützt vor Überforderung und dem Scheitern des Mitarbeiters und damit der Aufgabe. Das ist im Sinne aller Beteiligten.

Ansprechpartner

Daraus ergibt sich, dass eine Führungskraft nach der Delegation weiter Ansprechpartner für die Sache bleibt. Bekommt der Mitarbeiter bei der Ausführung ein Problem, tauchen Fragen auf oder entstehen Unsicherheiten, dann kann er seinen Chef um Rat fragen. Dabei braucht er keine Angst zu haben, dass er als unfähig eingestuft wird, denn seine Fragen zeugen von vorhandenem Problembewusstsein. Das ist gewünscht, denn es schützt vor groben Fehlergebnissen. Wer fragt zeigt, dass er mitdenkt. Und genau diese selbstständige Bearbeitung von Aufgaben ist ja das Ziel der Delegation seitens des Vorgesetzten an den Mitarbeiter.

Kontrolle und Rückmeldung

Wer eine Aufgabe delegiert, bleibt für das Ergebnis selbstverständlich verantwortlich. Daraus ergibt sich, dass er auf die eigene Delegationsentscheidung unbedingt weiter ein Auge haben sollte: Habe ich den richtigen Mitarbeiter ausgewählt? Hat dieser die Aufgabe verstanden? Ist die Aufgabe auf einem guten Weg? Liegen wir im Zeitplan oder besteht schon die Gefahr einer Terminüberschreitung? Ist der Mitarbeiter damit auch nicht überfordert? Das sind Fragen, die er sich immer wieder stellen muss. Er führt die Aufgabe zwar nicht selbst aus, aber er hat die Ausführung weiterhin im Blick. Fällt ihm auf, dass es nicht in der gewünschten Weise vorangeht, dann muss er eingreifen und so alle Beteiligten vor größerem Schaden bewahren. Wer delegiert übernimmt Verantwortung für den Delegationsprozess. Dazu gehört die Delegationsverfolgung genauso wie die Ergebniskontrolle.

Delegation als Chance

Delegation ist nicht ganz einfach. Delegation fordert von demjenigen, der eine Aufgabe überträgt, eine Menge Disziplin und fordert auch die Bereitschaft sich auf denjenigen, der die Aufgabe empfängt, einzulassen. Delegation entbindet nicht von der Verantwortung für die Sache. Aber Delegation schafft Zeit. Und wer dieses Instrument richtig nutzt, der ist in der Lage, gemeinsam mit seinen Mitarbeitern mehr zu leisten, als er es persönlich je könnte und sich dabei gleichzeitig Freiräume für die wichtigen Dinge zu schaffen. Deshalb: Wer richtig delegiert hat mehr vom Leben.

Thomas Scheld
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