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Weiterbildung zum Energieberater

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Weiterbildung zum Energieberater

Die Weiterbildung zum Energieberater bringt Vorteile für die Auftrags-Akquise. Erfahrungsbericht einer Malermeisterin

Der Tatort: Handwerkskammer Stuttgart, Bildungsakademie. Weiterbildung zum geprüften Gebäudeenergieberater HWK. 13 von 16 angemeldeten angehenden Energieberatern sitzen erwartungsvoll an einem mit Tischen zusammen gestellten U und warten auf den Lehrer. Es fühlt sich ein wenig an wie Schule. Zufälligerweise sitzen wieder die meisten innerhalb der gleichen Gewerke nebeneinander. Insgesamt jedoch ein Mix aus Zimmermännern, Malern, Stuckateuren, Heizungsbauern, Ingenieuren und Architekten. Eine gute Gruppe auf den ersten Blick, von allem etwas dabei. Es geht los, der Kurs beginnt.
Nach einem sehr lustigen ersten Tag mit einem Lehrer aus der Kaminfegerbranche gehen alle beruhigt und zuversichtlich nach Hause. Man wusste vorher schließlich nicht, was einen erwartet. Vor allem für das viele Geld.

Ist Energieberater nur eine kurzweilige neumodische Erscheinung? Ein erfundener Titel? Darf das jeder? Fragen über Fragen. Alles geklärt. Die Weiterbildung ist sehr sinnvoll, hat uns zumindest unser Kaminfeger versprochen. Er ist ja selbst erfolgreicher Energieberater. Zum Glück.

Die Hälfte ist geschafft

Nach den ersten drei von sechs Wochen ziehe ich ein Fazit. Es ist wirklich schwierig. Die meisten meinen zwar, es wäre alles logisch und sie wüssten das schon. Ich denke jedoch nicht. Wie soll ein Zimmermann eine Heizung einbauen? Spaß beiseite, wirklich kein Zuckerschlecken. Der Stoff ist gewerksübergreifend. Wir lernen wichtige Dinge über Schornsteinbreiten, über verschiedene Heizkessel, Wärmepumpen, Unter-, Zwischen- und Aufsparrendämmung. Viel über unsere geliebte EnEV. Wenig über Fassaden.
Wir haben Fächer, welche sich Modernisierungsplanung, Wärme-, Feuchte- und Schallschutz nennen. Lernen den Unterschied zwischen HT und H’T. Und sind mittlerweile Experten in Sachen U-Werte. Wir können Hüllflächen berechnen und wissen Bescheid über den politisch geprägten Jahresprimärenergieedarf. Alles Insider, Energieerater-Slang! Wer’s verstehen will, muss sich anmelden.
Nach drei Wochen habe ich allerdings trotzdem noch nicht so ganz den Durchblick, wie ich das jetzt alles an meine zukünftige Kundschaft bringen soll. Vor allem, wie ich mir das alles merken soll! Und überhaupt, so viel Stoff, so viele Skripte. So viele neue Worte. Wichtige Worte. Schon zwei große Leitzordner sind voll. Nach gerade mal drei Wochen. Unsicherheit macht sich breit. Zudem kommt die Tatsache, dass wir das wohl bedeutsamste Instrument aller Energieberater immer noch nicht beherrschen: Das Computerprogramm. Es ist nämlich nicht so einfach wie manch unwissender Außenstehender meint. Aber es wird!

Die Tage sind gezählt

Die letzte Woche, wir sind Genies. Alle miteinander. Jeder ist ein Stückchen größer und wichtiger geworden. Vor allem intelligenter. Wenn man uns jetzt ein Haus bauen lassen würde, es wäre einfach perfekt. Unbezahlbar, aber perfekt! Vom Fundament bis zum Schornstein.
Wenn man uns lässt, streichen wir die weiße Wanne extra noch schwarz, damit wir keine Feuchtigkeit ins Haus bekommen. Wir heizen nur mit erneuerbarer Energie. Sind so gut wie unabhängig von großen Energieonzernen. Haben Lüftungsanlagen, jedoch die Abluft nie an der Fassade (Algen- und Pilzgefahr!). Unser Haus wurde per Blower-Door-Test auf Luftdichtigkeit geprüft und hat den niedrigsten Transmissionsverlust überhaupt.

Wir beherrschen das Computerprogramm, unsere digitale Bibel und sind dabei, unseren ersten eigenen Energiebericht für ein reales Haus zu schreiben. 50 bis 100 Seiten stark. Je nachdem wie fleißig wir sind. Zwei Wochen haben wir nun Zeit, diesen Bericht auszuarbeiten. Am Tag der Prüfung muss er abgegeben werden, ausgedruckt und gebunden. Anständig und ansprechend soll er aussehen, mit einem schönen Deckblatt.

Prüfung!

Zwei Wochen später. Prüfung! Es ist soweit. Der Bericht wurde am Tag vorher noch schnell gedruckt, wie bei fast allen! Manche haben erst gar keinen mitgebracht. Sie bekommen noch eine Woche Zeit dafür. Gemeinheit! Alle sind entspannt und freuen sich, die Weiterbildung nach diesem Prüfungstag endlich so gut wie beendet zu haben. Keiner hat darauf gelernt, wird zumindest lauthals behauptet. Wie immer! Ich habe gelernt, bis spät in die Nacht. Die Prüfung ist machbar, sie geht insgesamt rund vier Stunden lang. Geprüft wird alles! Danach verabschieden wir uns und sehen uns zur mündlichen Prüfung einen Monat später wieder. Hier erfahren wir, ob wir bestanden haben oder nicht!
Ich habe bestanden und bin mächtig stolz! Geprüfte Gebäudeenergieeraterin HWK, ein langer Titel auf der Visitenkarte. Er war nicht ganz leicht zu bekommen und teuer. Aber ich hab ihn! Ich glaube, bisher alle anderen aus dem Kurs auch. Wie bereits erwähnt, wir sind eine gute Gruppe!

Wie war die Weiterbildung?

Während ich gespannt auf die Ergebnisse der anderen warte, beginne ich einige meiner Klassenkameraden auszufragen. Was macht ihr denn jetzt mit dem Energieerater? Selbständigkeit? Bauberatung? Gar nichts? Wie fandet ihr den Lehrgang, werdet ihr ihn weiterempfehlen?

Joachim Schmidt, Zimmermann:

“Zum Lehrgang möchte ich sagen, dass er mir einiges gebracht hat und ich kann diese Weiterbildung jedem meiner Kollegen nur empfehlen. Eine super Ergänzung zum Handwerksmeister. Bewegt dazu diesen Lehrgang zu machen, hat mich die Tatsache, dass viele Kunden, neben unserer Arbeit an Bedachungen, eine Energieeratung wünschen. Da ich mich schon seit längerem mit energetischen Sanierungen auseinander setzen muss, war der Stoff, mit Ausnahme der Heizung, für mich eher leicht.”

Nun gut, für Zimmermänner ist das natürlich alles nichts Neues. Die können ja alles, ist ja bekannt! Aber in einem hat er vollkommen recht, der Energieerater ist eine super Ergänzung zum Handwerksmeister. Und Heizungstechnik ist wirklich schwer!

Frieder Müller, Zimmermann:

„Die Leistung der Energieberatung werde ich als Zusatz in meinem Betrieb verwenden und erhoffe mir dadurch auch Folgeaufträge. Ich würde die Weiterbildung noch mal machen und kann sie nur weiterempfehlen.
Die Lehrer und Referenten waren durchweg kompetent. Ich denke, die Chancen für Energieerater dürften grundsätzlich nicht schlecht sein, jedoch herrscht eine große Konkurrenz. Ich erhoffe mir den Aufbau eines neuen Kundenstammes durch eine kompetente Beratung.“

Carsten Schawe, Heizungsbranche:

„Mich haben der Wunsch nach Wissen und eine bessere Qualifikation für einen Arbeitsplatz dazu geführt, die Weiterbildung zu machen. Ich fand die Weiterbildung sehr sinnvoll, da ich einiges lernen konnte, was mir bei meiner täglichen Arbeit als Kundenberater hilft. Über die zukünftigen beruflichen Chancen denke ich, dass ein Endkunde meist nur zur Pflichterfüllung einen Energieerater möchte. Die eigentliche Beratungsleistung wird kaum hinterfragt und auch nicht wertgeschätzt. Da fällt es schwer, seinen Lebensunterhalt allein als Energieerater zu verdienen.“

Drei Stunden später – bisher haben alle bestanden. Welch ein Glück. Es wäre schade, die Prüfung nach dem ganzen Stress zu verhauen. Gespannt warte ich auf das Ergebnis meines einzigen Malerkollegen. Man muss ja schließlich zusammenhalten. Phillip Paul kommt glücklich herausspaziert und wird direkt gelöchert. “Alles super gelaufen”, sagt er. Der hat bestimmt eine Eins, meine ich.

Phillip Paul:

„Es hilft keinen, wenn der Staat mit immer schärferen Gesetzen, Verordnungen und aller Macht die CO2-Einsparziele erreichen will, jedoch die Akzeptanz der Hausbesitzer fehlt.
Doch genau hier liegt auch unsere Chance, denn hier ist der Energieerater nun gefragt. Er muss kompetent beraten können und muss sich genau auskennen. Er muss Bescheid wissen über neuste Verordnungen sowie bei der Vergabe von Fördermitteln unterstützend zur Seite stehen. Das kann nicht jeder, vor allem kann das kein Wochenendkurs-Energieberater. Ich würde die Weiterbildung wieder machen.“

Dem ist von meiner Seite aus nichts mehr hinzuzufügen.

Lisa Gleichauf
Foto:Lisa Gleichauf

Die frischgebackene Energieberaterin Lisa Gleichauf.

 

PRAXISPLUS

Informationen zum Energieerater:

www.energiefachberater.de

Bildungsakademie Handwerks- kammer Stuttgart

Hölderäcker Straße 37

70499 Stuttgart

Weiterbildung zum geprüften Gebäudeenergieerater HWK

 

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