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Historische Metallobjekte 5

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Historische Metallobjekte 5

In Pflege gealterte Metalloberflächen und Lackschichten verleihen dem Objekt Authentizität.

Besondere Regeln

Beim Schutz von Kunst- und Kulturgut in der Denkmalpflege gelten besondere Regeln: So spielt bei farbbeschichteten Metallobjekten nicht nur die objekteigene Farbhistorie eine Rolle, sondern auch die Materialart der Metalle sowie die Herstellungs- und Montagetechniken der Objekte. Auch die auszuwählenden passiven Schutzmaßnahmen für rekonstruierte Farbbeschichtungen sind immer im Zusammenhang mit der früheren und heutigen Objektcharakteristik und -funktion zu sehen, um die geschichtliche Authentizität nachhaltig zu bewahren.

Im Innenraum

Das Lieblingskind von Metallrestauratoren sind Ausstellungsstücke mit vollständig erhaltenem Farbdekor, wie sie bei Innenraumobjekten anzutreffen sind, die für eine weitere, z. B. museale Aufstellung nur gereinigt und leicht wachskonserviert werden. Es gibt nichts Schöneres als ein in sich gealterter klassischer Ölfarbenanstrich mit feinen Haarrissen, der die unterliegende Farbschicht erspüren lässt. Für früheste Werke wie Eisenkunstgussobjekte empfiehlt es sich, zur vorrangigen Pflege nur sparsam einfache transparente und temporär schützenden Konservierungen aufzubringen. Das sichert die weitere Erlebbarkeit des grau farbenen Eisens in Verbindung mit feinen Rostspuren.

Ebenso schön kann die Eigenästhetik funktionaler Gebrauchsspuren durch tägliche Handberührung wirken, die damit, wie am Beispiel einer Türklinke gezeigt wird, den formalen Ausdruck noch verstärkt. Durch die ständige Benutzung hat sich hier eine stabile Eisenpatina in die Eisenoberfläche eingerieben.

Eisenkorrosion kann aber auch die Ansichten schönster Kunstwerke verderben, insbesondere bei vergoldetem Eisenkunstguss. Hier erfolgt bei punktuell durchlässigen Farbschichten eine zeitig in Gang kommende schnelle Lochfraßkorrosion mit hohem Korrosionsabtrag durch die sehr potenzialreiche Lokalelementbildung Gold/Eisen.


Bei einer Innenraumaufstellung lassen sich auch solche in Schönheit gealterten Öllackierungen zeigen.

Im Außenraum

Bei historischen Farbbeschichtungen im Außenraum haben sich vielerorts mit der angesammelten Farbhistorie auch die Farbschichten summiert. In deren Folge sind oft Überschichtdicken von ca. 500 bis 900 Mikrometer Gesamtschichtdicke anzutreffen, die in ihrer Zusammensetzung (oft auch in Mischsystemen) und mit ihrer Alterung aus lacktechnischer Anwendungssicht als nicht mehr überstreichbar gelten. Zu dem Problem findet man als Vorgabe nur eine Aussage in der DIN EN ISO 12944-5 „Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme”, unter Punkt 5.4, die natürlich nur für Einzelsysteme bei Neuapplikation gilt; im Vergleich zu Rate gezogen aber interessant ist: Demnach darf die Höchstschichtdicke eines Beschichtungssystems das Dreifache der Sollschichtdicke nicht überschreiten! Das würde für ein Beschichtungssystem mit vier Anstrichen und einer Sollschichtdicke von 140 bis 160 Mikrometer bedeuten, dass stellenweise maximal 460 Mikrometer vertretbar sind. Es gab Beispiele, wo bei strengen Abnahmeverhandlungen im industriellen Korrosionsschutz zu dicke Anstrichstellen mit über 500 Mikrometer zurückgeschliffen werden mussten.


Schöne, eisenblanke Gebrauchsspuren an einer historischen Türklinke.

Bei einigen Beschichtungsstoffen oder -systemen gibt es eine vom Hersteller vorgegebene kritische Höchstschichtdicke, die dann in den technischen Datenblättern angegeben und zu beachten ist.

Wird mit einer Gitterschnittprüfung eine orientierende Haftfestigkeitsprüfung durchgeführt und fällt diese schon bei den ersten, extra breit gehaltenen Parallelschnitten negativ aus, bleibt wegen der zu erwartenden weiteren Instabilität solcher Anstrichpackungen über kurz oder lang nur die Abnahme des gesamten Altsystems (bis auf dokumentierte kleine Referenzstellen) und die anschließende Rekonstruktion in Material und Farbe. Ein Aufschub kann dabei nicht nur denkmalpflegerisch konservatorische Gründe haben, wie den erklärten Erhalt der zum Bestand gehörenden Farbschichten, sondern hat oft mit der Problematik der schwermetallhaltigen Pigmentanteile zu tun, bei deren Entfernung und Entsorgung sehr hohe Aufwendungen nötig sind. Neuerdings bietet sich dafür ein staubloses Abstrahlen von schwermetallhaltigen Altkonservierungen an. Dies ist ein wertvolles Arbeitsverfahren ohne die sonst umfangreichen Aufwendungen der hohen Auflagen für Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz erfüllen zu müssen.

 


Staubloses Abstrahlen der Altbeschichtung.

Das Verfahren realisiert mit dem eigentlichen Strahlvorgang eine gleichzeitige Absaugung des verunreinigten Strahlmittels um die Strahldüse herum. Innerhalb einer Restaurierungsfachplanung wird nach intensiver Vorbereitung (einschließlich Arbeitsproben) das Gerät jetzt erstmals zum Abstrahlen von zehn bewitterten und durchgerosteten Altanstrichen an einem denkmalgeschützten Objekt eingesetzt. Die hier praktizierte Vorgehensweise dürfte gerade für Restauratoren, Architekten und insbesondere auftragsvergebende Baubehörden interessant sein, schlummern doch überall im Land die aufgewachsenen und oft nur überkonservierten Altsysteme mit Bleimennigegrundierungen und bleiweißhaltigen Deckanstrichen.

Farbrekonstruktion

Die Umsetzung einer neuen Farbrekonstruktion auf Grundlage von Befunden und Farbhistorie ist Teamarbeit zwischen Restauratoren, Denkmalpflegern und Kunsthistorikern. Am Beispiel der denkmalgeschützten Großkabinenseilbahn am Predigtstuhl in Bad Reichenhall ist die farbgestalterische Veränderung der Seilbahngondel im Geschmack der Zeit gegenüber dem historischen Aussehen dargestellt. Diese älteste im Original erhaltene, ganzjährig verkehrende Großkabinenseilbahn der Welt wurde im Jahr 2006 unter Denkmalschutz gestellt.

Soll die Seilbahn heute mit ihren zweifarbig sportlich gestalteten Gondeln Bergwanderer und Skisportler schnell auf den Berg bringen, so galt sie bauzeitlich als moderne und elegante Ausflugs-Seilbahn, deren vornehmer Charakter an den neuartig zwölfeckigen „Salon-Pavillons” mit der monochrom gesättigten Rotgestaltung ablesbar war. Der restauratorische Farbbefund entspricht dem heutigen RAL-Farbton korallenrot, im Vergleich mit zeitbezogenen farbigen Abbildungen und Plakaten erscheint die Farbe der Gondeln etwas dunkelroter. Ein sattes und dennoch leuchtendes Naturrot inmitten der Bergwelt, das war eine ideale Intuition der damaligen Erbauer.


Diese Gondel wurde nach der historischen Farbgebung von 1928 gestaltet.

Fehlerquellen

Die Praxis zeigt oft , dass die Probleme im Detail liegen: Dazu das Beispiel von einer restaurierten gusseisernen Spindeltreppe von 1864, wo nach vier Jahren Freibewitterung an vereinzelten Stellen ein Öl-Kunstharzsystem mit Ölbleimennige als Grundierung abblätterte. Zuerst war die Schadstelleneingrenzung schnell gefunden, der Mangel trat nur an den Stellen der durchgeführten Reparaturarbeiten auf, die zum Schließen von Brüchen an den verschiedenen Gusseisenteilen durchgeführt worden waren. Dabei war ein anerkanntes und schonend arbeitendes Kaltschweißverfahren unter Verwendung von Sonderelektroden aus Nickel zur Anwendung gekommen. Mit diesem Verfahren wird ein artfremdes Zusatzmetall eingesetzt, welches zuerst ursächlich für eine Korrosion durch elektrochemische Lokalelementbildung an der Kontaktstelle zum Eisen verantwortlich sein sollte. Als tatsächliche Ursache stellte sich dann aber heraus, dass an sämtlichen, sehr glatt geschliffenen Schweißnähten eine lokal aufzutragende Haftgrundierung gefehlt hatte. Die „gute alte Bleimennige” hatte sonst ganzflächig ihre Schutzfunktion sehr gut erfüllt, versagte aber an den modern aufgearbeiteten Oberflächenstellen wegen ungenügend vorbereiteter Haftungsvermittlung.

Fotos: Wolfgang Conrad
Wolfgang Conrad
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