Mit der Kraft elektrischer Entladungen ist das Fraunhofer-Institut für Bauphysik einer neuen Recyclingmethode auf der Spur.
Alter Beton ist ein Problem – nicht nur ein visuelles. Denn noch immer ist die Frage nach dem, was aus Abbruchbeton werden soll, nicht befriedigend beantwortet. Zwar werden die Bruchstücke heute fast immer zermahlen, aber das Ergebnis dieser mechanisch brachialen Aktion landet dann allenfalls im Straßenbau. Ein echtes Recycling findet also nicht statt, obwohl allein in Deutschland jährlich weit über 100 Millionen Tonnen dieses Schutts zusammenkommen.
Damit könnte es in absehbarer Zeit ein Ende haben – dann nämlich, wenn die Forscher vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) mit ihrer „elektrodynamischen Fragmentierungsanlage” weiterhin so erfolgreich sind. Mit dem Verfahren, das Hochspannung nutzt, lassen sich die Betonbestandteile so trennen, dass ihre Bestandteile, also die hochwertigen Gesteinsbeigaben, nicht zerstört werden. Und damit ist die Voraussetzung für wirkliches Recycling geschaffen. Freilich ist das Verfahren nicht ganz neu, russische Wissenschaftler entwickelten es bereits in den 1940er-Jahren und in Diamantminen wird es erfolgreich genutzt. Nun aber soll es aus der Nische für die breite Anwendung fit gemacht werden.
Der Trick ist die Hochspannung, die das Material durchschlägt. Die Betonteile liegen dafür unter Wasser, weil erst so die elektrischen Impulse durch den Festkörper gehen. Trifft der Impuls auf den Beton, dann sucht er sich den Weg des geringsten Widerstandes, der entlang der Korngrenzen verläuft. Die Vorentladungen schwächen das Gestein entlang der Phasengrenzen; erfolgt die Erdung, dann kommt es zur eigentlichen Entladung. Und dann entsteht eine Druckwelle, die die einzelnen Bestandteile des Materials trennt, ähnlich wie bei einer Detonation. Dabei entstehen aber weder Staub noch ungewollte Bruchstücke.
Derzeit prüft das IBP, wie sich die Komponenten des so getrennten Betons praktisch wiederverwenden lassen. Im übrigen sieht es so aus, als eigne sich das Verfahren auch für das Zerlegen von kohlefaserverstärkten Kunststoffen, denn auch für diese stark nachgefragten Verbundwerkstoffe existiert bislang noch kein Recyclingverfahren.
Armin Scharf Fotos: Fraunhofer-Institut IBP Quelle: Malerblatt 01/2013